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Nur Cannabidol-NEM im Angebot
„Pharmaunternehmen“ muss nicht zwingend Arzneimittel verkaufen
Die Adrexpharma GmbH präsentiert sich im Internet als ein auf „hochwertige Betäubungsmittel und medizinische Cannabisprodukte“ spezialisiertes „pharmazeutisches Unternehmen“. Im Angebot hat Adrexpharma bislang aber nur als Nahrungsergänzungsmittel klassifizierte CBD-Produkte. Nachdem sich Apotheker beschwert haben, hat die Wettbewerbszentrale das Unternehmen wegen des aus ihrer Sicht irreführenden Firmennamens abgemahnt. Das Landgericht Koblenz ist jedoch anderer Meinung.
Seit März 2017 darf Cannabis unter bestimmten Voraussetzungen medizinisch eingesetzt werden. An diesem neuen Geschäftsfeld wollen viele teilhaben – auch in seinen Randbereichen. Besonders gefragt sind derzeit Cannabidiol (CBD)-haltige Präparate, deren rechtlicher Status nach wie vor nicht abschließend geklärt ist. Ob Tropfen, Kapseln oder Kaugummis – es tummeln sich viele CBD-Produkte auf dem Markt, die nicht als Arzneimittel zugelassen sind. Sie dürfen dann allerdings keine medizinische Zweckbestimmung haben. Ob das Produkt im Einzelfall verkehrsfähig ist, müssen die zuständigen Landesbehörden befinden. Und diese tun sich nicht leicht mit der Aufgabe.
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Derweil tauchen auch weitere Rechtsfragen auf, wie ein aktuelles Verfahren der Wettbewerbszentrale zeigt. Es geht um die Koblenzer Adrexpharma GmbH. Sie ist seit März 2018 im Handelsregister eingetragen. Gegenstand des Unternehmens ist demnach der internationale Vertrieb von Arzneimitteln, Medizinprodukten, Kosmetika und Nahrungsergänzungsmitteln, insbesondere von Cannabis-Präparaten oder ähnliche damit in Zusammenhang stehende Produkte als pharmazeutisches Unternehmen.
Auf seiner Webseite weist das Unternehmen darauf hin, dass die Werbung für Betäubungsmittel als pharmazeutische Mittel nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) nicht gestattet sei und deshalb der Öffentlichkeit keine näheren Produktbeschreibungen zur Verfügung gestellt werden dürften. Apotheker und Ärzte fänden jedoch detaillierte Informationen zum Produktangebot im passwortgeschützten Bereich – Zugangsdaten könnten sie per E-Mail anfordern.
Nur Lebensmittel bei einem pharmazeutischen Unternehmen?
Das taten auch einige Apotheker. Sie erhielten allerdings 2018 die Antwort, dass keine Zugangsdaten nötig seien, weil das Unternehmen derzeit lediglich CBD-Öle und Kapseln als Nahrungsergänzungsmittel (NEM) anbiete. Ab November 2018 solle es aber BtM-Produkte geben, hieß es. Eine nächste Apotheker-Anfrage Anfang 2019 zeigte jedoch, dass das Angebot sich noch nicht erweitert hatte.
Die Beschwerden aus Apothekerkreisen sorgten dafür, dass die Wettbewerbszentrale auf Adrexpharma aufmerksam wurde. Sie mahnte das Unternehmen ab, weil sie der Auffassung ist, die Bezeichnung „Adrexpharma“ sei irreführend – schließlich vertreibe das Unternehme ausschließlich Lebensmittel in Form von NEM. Adrexpharma unterzeichnete jedoch keine Unterlassungserklärung.
Gericht: Absicht zum Cannabis-Handel ausreichend
So machte die Wettbewerbszentrale beim Landgericht Koblenz einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch geltend. Ihr Argument: Bei den Verbrauchern würde durch den Firmennamen die unzutreffende Vorstellung geweckt, die vertriebenen Produkte würden sich hinsichtlich der durchgeführten Kontrollen sowie der therapeutischen Wirkung von Lebensmittel unterscheiden. Das Unternehmen sollte es daher unterlassen, sich als Adrexpharma und/oder als pharmazeutisches Unternehmen zu bezeichnen, sofern es lediglich NEM anbiete und vertreibe.
Adrexpharma hielt dem entgegen, dass sie Inhaberin einer Erlaubnis zum Großhandel mit Arzneimitteln (§ 52a AMG) sei. Überdies sei ihr Ende November 2018 eine Erlaubnis für die gewerbs- oder berufsmäßige Einfuhr von Cannabisblüten als Arzneimittel aus Drittstaaten erteilt worden (§ 72 Abs. 1 AMG). Die zunächst für das 4. Quartal 2018 geplante Lieferung habe sich jedoch aufgrund von Lieferengpässen seitens des Lieferanten verzögert. Im Juli 2019 habe ihr zudem das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Erlaubnis nach § 3 BtMG zum Umgang mit Betäubungsmitteln erteilt.
Das Gericht wies die Klage ab. Die Firma der Beklagten und die Bezeichnung als pharmazeutisches Unternehmen seien nicht irreführend im Sinne Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb.
„Pharma“: Für Verbraucher mehr als Arzneimittel im engen Sinne
Das Wort „pharma“ in einer Unternehmensbezeichnung wecke bei Verbrauchern zwar den Eindruck, dass das Sortiment dieser Firma zumindest auch aus pharmazeutischen Produkten bestehe. Sie würden aber nicht nur Arzneimittel im Sinne der gesetzlichen Definition in § 2 AMG verstehen, sondern den Begriff vielmehr generell als Synonym für den Begriff „Medikamente“ benutzen, also Stoffe oder Stoffgemische, die Krankheiten oder Schmerzen verhüten, lindern oder eliminieren sollen. Auch medizinischer Cannabis oder ähnliche damit in Zusammenhang stehenden Produkte würden daher als pharmazeutische Produkte verstanden.
Nachdem das Unternehmen im Verfahren einige Unterlagen vorgelegt hatte, zeigte sich das Gericht überzeugt, dass Adrexpharma „zumindest beabsichtigt, Handel mit medizinischem Cannabis und Dronabinol zu betreiben“. Die Richter konnten nachvollziehen, dass vor dem tatsächlichen (Groß-)Handel umfangreiche Genehmigungsprozesse zu durchlaufen sind. „Kein wirtschaftlich handelndes Unternehmen [würde] die aufwendigen und langwierigen Genehmigungsprozesse auf sich nehmen […], wenn nicht die Absicht dahinter stünde, nach erfolgreichem Durchlaufen dieser Prozesse Handel mit medizinischem Cannabis oder ähnlichen Produkten zu treiben“, heißt es im Urteil. Sei es somit letztlich nur eine Frage der Zeit, bis das beklagte Unternehmen die notwendigen Voraussetzungen für ein Handeltreiben mit medizinischem Cannabis oder ähnlichen Produkten geschaffen hat, könne die von ihm gewählten Firmierung nicht irreführend sein, so das Gericht. Zudem zeigten Rechnungen vom September 2019, dass Adrexpharma nunmehr auch Handel mit medizinischen Cannabisblüten betreibe.
Die Wettbewerbszentrale prüft nun, ob sie den Fall weiter verfolgen will.
Urteil des Landgerichts Koblenz vom 10. Dezember 2019, Az.: 3 HK O 7/19
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