Entsorgung von Alt-Arzneien

Alte Arzneimittel sind jetzt auch in Bochum ein Fall für die Tonne

10.01.2020, 12:45 Uhr

Wohin mit dem Arzneimittelmüll? In Bochum gab es einen Entsorger, der sich darum kümmerte. Doch der Service wurde nun eingestellt. (Foto: TR Design / stock.adobe.com)

Wohin mit dem Arzneimittelmüll? In Bochum gab es einen Entsorger, der sich darum kümmerte. Doch der Service wurde nun eingestellt. (Foto: TR Design / stock.adobe.com)


Seit Anfang des Jahres werden in Bochum vom örtlichen Entsorger USB keine speziellen Altmedikamente-Säcke mehr an Apotheken ausgegeben. Der Abhol-Service ist eingestellt worden – stattdessen soll alles in die Restmülltonne. Nicht alle finden das in Ordnung.

Was macht man eigentlich mit alten oder abgelaufenen Arzneimitteln? „Zur Schadstoffsammelstelle oder zum Apotheker bringen“, würden da wohl die meisten sagen. „In die Restmülltonne“, antworten dagegen immer mehr kommunale Entsorger in Deutschland.

Wie jüngst etwa die USB Bochum – das steht für „Umweltservice Bochum“. Die GmbH ist in der nordrhein-westfälischen 360.000 Einwohner-Stadt im Ruhrgebiet für die Abfallentsorgung und Stadtreinigung zuständig. Bis Ende vergangenen Jahres gab die USB an Apotheker spezielle Säcke zum Sammeln von Altarzneimitteln ab, die in vier bis sechswöchigem Turnus abgeholt wurden. Diesen Service hat man nun eingestellt – die Säcke werden nicht mehr ausgegeben, Restbestände an Säcken noch abgeholt.

„Die Apotheker können bei ihnen abgegebene Altarzneimittel problemlos in ihren eigenen Restmülltonnen entsorgen“, sagt USB-Sprecher Jörn Denhard. Alle Abfälle aus der Stadt würden mittlerweile in die Müllverbrennung gegeben, da sei eine gesonderte Abholung der alten Medikamente nicht mehr notwendig. Den bisherigen Service hätten auch nur noch wenige der rund 70 Apotheken in Bochum wahrgenommen.

„Alte Arzneimittel werden so trivialisiert“

„Ich finde das nicht gut. Ich sammele in meiner Apotheke weiter die abgegebenen Medikamente separat und bringe die dann zur Entsorgung“, sagt Ralph Hohmann. Der Apotheker und Inhaber der Kronen-Apotheke ist auch Vorsitzender der Bezirksgruppe Bochum des Apothekerverbands Westfalen-Lippe.

„Ich habe das entsprechende Schreiben der USB kopiert und an allen Apotheker-Kollegen verteilt. Aber überzeugt bin ich nicht von dem Vorgehen. So werden alte Arzneimittel trivialisiert“, sagt er. Abgesehen davon nehme man den Apothekern auf eine gewisse Weise so einen Teil ihrer Kompetenzen weg.

Es sei wichtig, dass die Menschen alte Arzneimittel als etwas Besonderes betrachteten, dass nicht einfach in die Umwelt gelangen dürfe. Beim Apotheker habe man sich sicher sein können, dass er als Experte alte Medikamente richtig entsorge, meint Hohmann. „Wenn die Medikamente in die Verbrennung wandern, ist das ja sicher. Aber es besteht nun die Gefahr, dass wieder viele Menschen alte Arzneimittel dann vielleicht über die Toilette oder den Ausguss entsorgen“, sagt er.

Apotheker sollen abgegebene Medikamente in ihre Restmülltonne werfen

So können die Wirkstoffe ins Grundwasser gelangen und etwa im Fall von Antibiotika zu vermehrter Resistenzbildung beitragen. Denn in Kläranlagen werden Medikamentenrückstände nicht standardmäßig eliminiert. Dazu gibt es erst einige erste Anlagen, die beispielsweise mit Ozonierung Wirkstoffrückstände aus dem Abwasser entfernen. Ein Bericht des ZDF-Magazin Frontal 21 berichtete Ende 2018 über die damit verbundenen Probleme.

„Allerdings geben die Menschen heute bei weitem nicht mehr so viele Medikamente ab wie etwa in den 80er- oder 90er-Jahren. Es wird zum einen nicht mehr soviel verschrieben und zum anderen gibt es wohl ein anderes Bewusstsein. Eigentlich kommen alte Arzneimittel nur noch besonders dann zurück, wenn jemand verstorben ist“, berichtet Hohmann.



Volker Budinger, Diplom-Biologe, freier Journalist
redaktion@daz.online


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