Für die Befreiung

TK: Zuzahlungsquittungen müssen personalisiert sein

Stuttgart - 14.01.2020, 07:00 Uhr

Wie geeignet ist der Kassenbon als Zuzahlungsquittung? Eine Kundenkarten-Dokumentation hält die Apothekerkammer Berlin für eindeutig vorzugswürdig. (Foto: imago images / Steinach)

Wie geeignet ist der Kassenbon als Zuzahlungsquittung? Eine Kundenkarten-Dokumentation hält die Apothekerkammer Berlin für eindeutig vorzugswürdig. (Foto: imago images / Steinach)


Müssen Belege über in der Apotheke geleistete Zuzahlungen, die Patienten bei ihrer Kasse einreichen, um sich von Zuzahlung befreien zu lassen, mit dem Namen des Versicherten versehen sein oder nicht? Die Apothekerkammer Berlin sieht dazu keine Veranlassung, wie sie kürzlich per Rundschreiben mitteilte. Bei Deutschlands mitgliederstärkster Krankenkasse, der Techniker, sieht man das aber ganz anders.

Die Apothekerkammer Berlin hatte kürzlich in ihrem Rundschreiben Apotheken dazu geraten, keine personalisierten Bons zu erstellen, weil diese datenschutzkonform entsorgt werden müssten, falls der Patient den Bon nicht mitnehme. Die Kammer machte in diesem Zusammenhang auch noch auf ein weiteres Problem aufmerksam, nämlich: „Verliert der Kunde einen personalisierten Kassenbon in der Apotheke oder lässt er den Bon bewusst oder versehentlich in der Apotheke liegen, verbleiben diese sensiblen Daten im Hoheitsbereich der Apotheke als datenschutzrechtlich verantwortliche Stelle. Liegt in der Offizin ein solcher personalisierter Bon und wird dies moniert – beispielsweise durch eine Beschwerde bei der zuständigen Landesdatenschutzbeauftragten –, trifft den Apothekeninhaber oder die Apothekeninhaberin die Beweislast, dass ihn oder sie daran kein Verschulden trifft.“ Die datenschutzrechtliche Verantwortung der Apotheke ende in dem Moment, in dem der Patient mit dem Bon die Apotheke verlassen habe, schrieb die Kammer weiter. Dann sei es seine Verantwortung, was er damit mache – also ob er ihn aufhebt, vernichtet oder wegwirft.

Was aber, wenn Patienten einen personalisierten Bon möchten, weil ihre Kasse das angeblich so will? Soweit Kunden, die keine Kundenkarte in der Apotheke haben, einen personalisierten Bon wünschen, solle dem nicht nachgekommen werden, schrieb die Kammer. Ihrer Ansicht nach gibt es keine Vorschrift, die den Ausdruck eines personalisierten Bons erfordert. Wenn Patienten behaupten, dass Kassen einen solchen Bon verlangen, sollte die Apotheke nach der Rechtsgrundlage fragen. Der Kammer sei eine solche nicht bekannt.

Maßgebliche Norm für die „Zuzahlungsbefreiung“ ist § 62 SGB V

Nach dieser Rechtsgrundlage hat DAZ.online bei der Techniker Krankenkasse (TK) nachgefragt. Und dort ist man ganz anderer Meinung als bei der Apothekerkammer Berlin. Nach Ansicht der TK müssen die Zuzahlungsbelege personalisiert sein. Eine Sprecherin erklärt dazu auf Nachfrage von DAZ.online: „Die maßgebliche Norm für die ‚Zuzahlungsbefreiung‘ ist § 62 SGB V. Im Absatz 1 Satz 1 heißt es: ‚Versicherte haben während jedes Kalenderjahres nur Zuzahlungen bis zur Belastungsgrenze zu leisten; …‘ und im Absatz 2 Satz 1: ‚Bei der Ermittlung der Belastungsgrenze nach Absatz 1 werden die Zuzahlungen und die Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Versicherten, seines Ehegatten oder Lebenspartners, der minderjährigen Kinder… jeweils zusammengerechnet‘.“

Wer muss den Beweis erbringen? 

Daraus ergebe sich, so die Sprecherin weiter, dass eine Kasse wissen müsse, für wen eine Zuzahlung angefallen sei. Der Grund für die Personalisierung liege darin, den Missbrauch von Leistungen zu verhindern. Der Zuzahlungsbeleg sei eine zahlungsbegründende Unterlage, das heißt, auf dieser Grundlage werde Geld der Solidargemeinschaft ausgegeben. Wenn auf dem Beleg dann nicht stünde, für wen die zuzahlungspflichtige Leistung erbracht wurde und wer die entsprechende Zuzahlung tatsächlich geleistet habe, könnte ein Versicherter jedweden Zuzahlungsbeleg einreichen (z. B. vom Nachbarn) und den Ausgleich von Beträgen erlangen, die er jedoch nicht geleistet habe. Der Gesetzgeber habe es dann auch den Leistungserbringern (z. B. Apotheken) auferlegt, den Versicherten die geleistete Zuzahlung kostenfrei zu quittieren (vgl. § 61 Satz 4 SGB V). Weiter verweist die Sprecherin auf § 21 SGB X, als „formalrechtliche Norm“. Diese berechtige den Leistungsträger (also z. B. die TK), sich der Beweismittel zu bedienen, die er für die Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält, erklärt sie.

Fraglich ist allerdings, ob der Patient in der Pflicht ist, diese „Beweismittel“ beizubringen. Schließlich ermittelt die Behörde gemäß § 20 Abs. 1 SGB X den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Es gibt Juristen, die auf diesen Amtsermittlungsgrundsatz verweisen – und zugleich darauf, dass die Kassen ja selbst die Daten über die vom Versicherten und seinen berücksichtigungsfähigen (im gemeinsamen Haushalt lebenden) Angehörigen erbrachten Zuzahlungen haben.

Auf der anderen Seite hat der Patient ja ein eigenes Interesse, dass die Befreiung von der Zuzahlung schnell vonstatten geht und auf den Amtsermittlungsgrundsatz zu beharren, dürfte die Sache nicht beschleunigen. Vielmehr könnte der personalisierte Bon einfach der Weg des geringeren Widerstands sein.

Lösung: Kundenkarte

Wie löst man dann aber das Datenschutz-Dilemma? Laut Kammer Berlin mit einer Kundenkarte. Dazu heißt es nämlich in dem Rundschreiben: „Wenn ein Kunde einen Nachweis über seine Käufe und die geleistete Zuzahlung möchte, sollte dies im Wege einer Kundenkarte erfolgen. Die Kundenkartenvereinbarungen enthalten soweit ersichtlich die erforderlichen datenschutzrechtlichen Regelungen auf Basis der Einwilligung. Auf Wunsch des Kunden kann ihm eine Dokumentation seiner eingelösten Verordnungen und getätigten Käufe zur Verfügung gestellt werden.“ Auf dieser Aufstellung finden sich dann natürlich auch die persönlichen Daten des Patienten und die Kasse dürfte glücklich sein. 



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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Lieber keine personalisierten Kassenbons

8 Kommentare

Kassenbelege

von Ruth Oberacker-Rahier am 14.01.2020 um 17:48 Uhr

Kassenbelege und Vorschriften ohne Ende!!!
Stoppt endlich den Wahnsinn !!! Da kann man nur noch sagen: Irrehaus Deutschland!!!!

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Es gibt also keine Vorschrift, in der das steht...

von A_few_words am 14.01.2020 um 16:48 Uhr

Danke für diesen Artikel.

Ich hatte selbst schon die Situation, dass ich für eine verwandte Person eine Zuzahlungsbefreiung beantragt habe. Damals wollte die Krankenkasse von mir auch, dass auf sämtlichen Apothekenquittungen der Name steht.

Ich hatte damals keine Lust, jetzt fünf Apotheken abzuklappern, um mir den Namen drauf schreiben zu lassen und hatte nachgefragt, wo konkret diese Namenspflicht stehen würde - im SGB oder in welcher Quelle konkret. Das konnte mir die Krankenkassenangestellte nicht nennen: Es würde da eine interne Dienstanweisung geben.
Ich habe mich weiter quergestellt und die Krankenkassenangestellte davon überzeugt, dass eine interne Dienstanweisung für mich nicht gelten würde. Und schon wurden die Belege anstandslos akzeptiert.

Dieser Artikel bestätigt mich in meinem Vorgehen: Es gibt schlichtweg keine Vorschrift, in welcher steht, dass ein Name auf die Quittung muss. Die Krankenkassen interpretieren das anscheinend echt nur rein.

Die Kammer Berlin hat somit Recht mit ihrer Aussage.

Ob es im Sinne der Kundenfreundlichkeit ist, keinen Namen auf die Quittung zu drucken, steht auf einem anderen Blatt.

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Viel heiße Luft...

von Dr. Harald Paulsen am 14.01.2020 um 16:04 Uhr

...beinhaltet der Kommentar der Berliner Kammer.
Herr Gehrke trifft den Punkt: Bons müssen wir eh drucken, und mit Kundenkarte ist da automatisch der Name drauf. Hallo nach Berlin: Hat da jemand dran gedacht? Außerdem wünsche ich allen viel Spaß bei der Diskussion "Nein, wir drucken Ihren Namen nicht auf den Bon, das müssen und wollen wir nicht!" Sorgt garantiert für viele zufriedene Stammkunden. Realitätsfremde Ideen von Kammerschreibtischen. Na danke auch!

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Digitale Lösung???

von Michael Neumayr am 14.01.2020 um 15:08 Uhr

Leute es gibt doch schon digitale lösungen. Wir schicken unseren Kunden die Belege digital auf unsere App, die wir unseren Kunde anbeiten. Kein Papierkram mehr und der Kunde kann die Belege digital weiterleiten. Spart uns auch enorm Papier!
Grüße aus dem Harz

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AW: Digitale Lösung

von Karl Friedrich Müller am 14.01.2020 um 15:39 Uhr

das ist doch nicht das Problem, sondern dass wir überhaupt tätig werden müssen, wo die Daten sowieso bei den Krankenkassen sind.
DIE müssen digitale Lösungen für SICH finden, nicht bei anderen fordern.
Es geht doch eigentlich wie immer nur darum, Kosten auf andere abzuwälzen, also auf uns.

Techniker KK leider eine Risikokasse

von ratatosk am 14.01.2020 um 15:05 Uhr

Die TKK wie fast alle Kassen, handhaben dies staatlich sanktioniert ! groß unseriös ! Man hofft ja nur, daß ein/e Senior/in mal ein paar Zettelchen vergisst ! man hat aber alle Daten ! Einfach nur schäbig ! - wo bleibt hier der Experte Lauterbach, tut doch sonst so sozial ? oder sieht er dort zu hebende Pfründe ?

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Im Kreis gedreht

von Kay Gehrke am 14.01.2020 um 9:27 Uhr

1. Die Kranken Kassen wissen doch ganz genau, wer welche Zuzahlung geleistet hat. Brauchen ja nur in die eigene Abrechnung sehen. So gesehen ist das "beibringen" nur eine Pflicht in der Hoffnung, dass Patienten das nicht machen oder unvollständig.
2. Die "Lösung mit der Kundenkarte" bringt uns genau zu dem Problem, was die Kammer ja eigentlich nicht wollte. Drucke ich einen Bon (was ich ja so oder so muß) für einen Patienten mit Kundenkarte, stehen seinen ganzen persönlichen Daten automatisch mit drauf und wehe der Bon liegt dann irgendwo rum...

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Digitalisierung

von Karl Friedrich Müller am 14.01.2020 um 8:27 Uhr

wird von uns gefordert.
Das ist auch für die Kassen zu fordern. KK haben alle Daten vorliegen, könnten selbst darauf zugreifen.
Ein Ausdruck seitens der Apotheken ist unnötig und teuer (für uns)
Das wäre eine weitere kostenlose Dienstleistung für KK, die zu streichen wäre. Wenn weiter gefordert, dann gegen eine saftige Gebühr.

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