Medizinisches Personal

Neue STIKO-Impfempfehlung für Masern, Mumps, Röteln, Varizellen

Stuttgart - 15.01.2020, 09:00 Uhr

Ein einheitliches Impfschema bei Masern, Mumps, Röteln, Varizellen soll die Impfung von medizinischem Personal vereinfachen und so die Impfquote erhöhen. Die STIKO hat ihre neuen Impfempfehlungen für medizinisches Personal veröffentlicht. ( r / Foto: Goffkein / stock.adobe.com)

Ein einheitliches Impfschema bei Masern, Mumps, Röteln, Varizellen soll die Impfung von medizinischem Personal vereinfachen und so die Impfquote erhöhen. Die STIKO hat ihre neuen Impfempfehlungen für medizinisches Personal veröffentlicht. ( r / Foto: Goffkein / stock.adobe.com)


Die Ständige Impfkommission (STIKO) harmonisiert ihre Empfehlungen zum Schutz vor Masern, Mumps, Röteln und Varizellen für medizinisches Personal. „Ziel ist, dass für jede Impfstoffkomponente (M–M–R) mindestens eine zweimalige Impfung dokumentiert ist“, heißt es. Auch für die Varizellen-Impfung von seronegativen Personen wünscht sich die STIKO eine zweimalige Impfung. Doch es gibt eine Ausnahme.

Seit 1995 empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) beruflich indizierte Impfungen gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizellen. Sie begründet diesen Rat damit, dass Menschen, die im Gesundheitswesen oder in Gemeinschaftseinrichtungen tätig sind, ein erhöhtes Risiko hätten, sich bei Patienten oder bei von ihnen betreuten Personen mit Infektionskrankheiten anzustecken und andererseits Infektionen auf Patienten oder Betreute zu übertragen. Allerdings waren die Empfehlungen zu den Impfschemata bezüglich der einzelnen Erreger bislang uneinheitlich. Das harmonisiert die STIKO nun und aktualisiert ihre Empfehlungen.

Seither: zweimal Varizellen, einmal MMR

So galt seither für die berufliche indizierte Impfung (seit 2009) gegen Varizellen eine zweimalige Impfung, während ein Masern-Mumps-Röteln-Schutz nur einmal vorgesehen war.

Zudem war auch bei der beruflich indizierten Masernimpfung die umrissene Indikationsgruppe recht allgemein gehalten, die Impfempfehlung für Röteln hingegen war deutlich enger gefasst und traf nur Berufstätige in Einrichtungen der Pädiatrie, der Geburtshilfe und der Schwangerenbetreuung.

Warum soll sich medizinisches Personal impfen?

Warum ist es aus Sich der STIKO wichtig, dass sich vor allem medizinisch oder pflegerisch Tätige impfen lassen? Sie begründet dies mit dem medizinischen Fortschritt: „Aufgrund medizinischer Fortschritte in Diagnostik und Therapie nimmt die Zahl der Patienten mit schweren Grundkrankheiten und unter immunsuppressiver Therapie in der stationären und ambulanten Betreuung stetig zu. Es ist daher besonders wichtig, dass das klinische Personal, das in engem Kontakt zu vulnerablen PatientInnen tätig ist, optimal geimpft ist und die für diesen Bereich geltenden STIKO-Empfehlungen dafür den richtigen Rahmen geben.“ Immunsupprimierte Personen seien „prinzipiell durch jede Infektion bedroht“ und könnten sich in allen Abteilungen des Krankenhauses aufhalten. Deswegen „sollte grundsätzlich das gesamte medizinisches Personal gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizellen geimpft sein, damit eine Übertragung durch medizinisches Personal sicher verhindert werden kann“, so die STIKO.

Wer soll gegen Masern, Mumps, Röteln und Varizellen geimpft werden?

Mit der im Epidemiologischen Bulletin 2/2020 des Robert Koch-Institutes veröffentlichten neuen Impfempfehlung vereinheitlicht die STIKO nun die Impfschemata für Masern, Mumps, Röteln und Varizellen für die beruflichen Indikationsgruppen – einschließlich der Anzahl zu verabreichenden Impfdosen und des Alters. Zusätzlich finden nun auch Personen, die in Einrichtun­gen zur gemeinschaftlichen Unterbringung von Asylbewerbern, Ausreisepflichtigen, Flücht­lingen und Spätaussiedlern tätig sind, Berücksichtigung, und die STIKO spricht sich für einen MMRV-Schutz aus.

Mehr zum Thema

USA: Neuer Impfstoff benötigt?

Mumps trotz Impfung – was steckt dahinter?

Geimpfte Kinder sind auch vor Gürtelrose geschützt

Varizellen-Impfung zweifach nützlich

Die MMR-Impfung ist demnach für nach 1970 geborene Personen (einschließlich Auszubildende, Praktikanten, Studierende und ehrenamtlich Tätige), eine Varizellen-Impfung unabhängig vom Geburtsjahr bei seronegativen Personen in folgenden beruflichen Tätigkeitsbereichen indiziert:

  • Medizinische Einrichtungen inklusive Einrichtungen sonstiger humanmedizinischer Heilberufe
  • Tätigkeiten mit Kontakt zu potenziell infektiösem Material
  • Einrichtungen der Pflege
  • Gemeinschaftseinrichtungen
  • Einrichtungen zur gemeinschaftlichen Unterbringung von Asylbewerbern, Ausreisepflichtigen, Flüchtlingen und Spätaussiedlern

Zusätzlich empfehlen die Impfexperten bei der STIKO die MMR-Impfung für alle, die an Fach-, Berufs- und Hochschulen tätig sind.

MMR-Impfung erst ab Jahrgang 1970 - warum?

Beim Schutz vor Masern, Mumps, Röteln wendet sich die STIKO explizit an nach 1970 geborene Personen. Warum? Nach Erfahrung der Impfexperten zeigen Seroprävalenzdaten dass vor 1970 Geborene in aller Regel eine Immunität gegen Masern, Mumps und Röteln durch eine Wildvirusinfektion erworben haben und folglich mit hoher Wahrscheinlichkeit geschützt sind (Seroprävalenzdaten im Zeitraum 2008–2011:Immunität gegen Masern von 95,5 Prozent bis 99,3 Prozent bei vor 1970 geborenen Erwachsenen). Aus diesem Grund empfiehlt die STIKO die Impfung von nach 1970 Geborenen. Jedoch könne „eine individuelle risikobezogene Prüfung der Immunität gegenüber Masern bei Personen, die vor 1970 geboren wurden, insbesondere von Personen der Jahrgänge 1965–1969“, sinnvoll sein.

Wie häufig soll gegen MMRV geimpft werden?

Einheitlich und somit einfach wird künftig auch das Impfschema. Ziel ist jeweils eine zweimalige Impfdosis. Die STIKO erklärt: „Ziel ist, dass für jede Impfstoffkomponente (M–M–R) mindestens eine zweimalige Impfung dokumentiert ist“, auch für die Varizellen-Impfung von seronegativen Personen wünscht sich die STIKO eine zweimalige Impfung. Eine Ausnahme gibt es: die Röteln-Impfung bei Männern. Hier bewertet die Ständige Impfkommission für einen ausreichenden Impfschutz gegen Röteln eine einmalige Impfstoffdosis als ausreichend. Somit ist bei Männern für die Masern- und Mumps-Impfstoffkomponente eine zweimalige Impfung und für die Röteln-Komponente eine einmalige Impfung erforderlich. 

Kombinationsimpfstoffe verwenden

Die Impfung gegen MMR sollte mit einem MMR-Kombinationsimpfstoff durchgeführt werden (Nach Angaben der STIKO werden monovalente Masernimpfstoffe bereits seit Ende 2017 nicht mehr in Deutschland vertrieben). 

Personen ohne frühere Lebendimpfung gegen MMR oder mit unklarem Impfstatus sollten zweimal im Abstand von mindestens vier Wochen geimpft werden; Personen, die bisher nur einmal gegen Masern, Mumps oder Röteln geimpft worden sind, sollten eine zusätzliche MMR-Impfung im Abstand von mindestens vier Wochen zur vorangegangen Impfung erhalten. 

Die Anzahl der notwendigen Impfstoffdosen richtet sich nach der Komponente mit den bisher am wenigsten dokumentierten Impfungen. Die STIKO betont explizit: „Es existieren keine Sicherheitsbedenken gegen weitere MMR-Impfung(en) bei bestehender Immunität gegen eine der Komponenten.“

Einfacheres Schema für eine bessere Impfquote

Für eine Vereinheitlichung der beruflich indizierten Masern-, Mumps- und Röteln-Impfempfehlung sprechen nach Ansicht der STIKO mehrere Gründe. Kurz gefasst jedoch, will man durch einfache und einheitliche Impfschemata für alle vier Infektionskrankheiten Hürden abbauen und Impfquoten erhöhen.

  • Es sind bereits seit mehreren Jahren gegen die einzelnen Krankheiten keine Einzel- oder Zweifach-Kombinationsimpfstoffe in Deutschland mehr verfügbar, bei Impflücken muss unabhängig von der Indikation ohnehin der MMR-Kombinationsimpfstoff verwendet werden.
  • Die Tatsache von Erreger-spezifischen Impfempfehlungen führt aufgrund des Mangels monovalenter Impfstoffe regelmäßig zu Rückfragen hinsichtlich der praktischen Umsetzung. Diese Verunsicherung kann durch eine vereinheitlichte Empfehlung beseitigt werden.
  • Weiterhin sind bisher beim Wechsel von MitarbeiterInnen zwischen medizinischen Abteilungen mit verschiedenen Impferfordernissen Kontrollen des Impfstatus und ggf. eine Komplettierung notwendig, bevor die Beschäftigten in dem neuen Bereich mit einem anderen Risikoprofil ihre Tätigkeit aufnehmen können.
  • Ein sicherer Impfschutz beim Personal trägt auch dazu bei, den PatientInnenschutz in Krankenhäusern und anderen medizinischen Einrichtungen zu verbessern und nosokomiale Infektionen zu verhüten.


Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

STIKO vereinheitlicht Empfehlungen bei beruflicher Indikation

Zweimal gegen MMR und Varizellen impfen

STIKO veröffentlicht aktualisierte Empfehlungen

Der neue Impfkalender ist da

Wissenswertes rund um Erreger und Impfschutz

Im Blick: die Masernimpfung

Impfempfehlungen für Risikogruppen

Individueller Schutz

USA: Neuer Impfstoff benötigt?

Mumps trotz Impfung – was steckt dahinter?

Herstellungsprobleme bei Varizellen-Vakzinen

GSK-Impfstoff wird knapp

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.