Studie bestätigt Teratogenität

Kein Modafinil in der Schwangerschaft

Stuttgart - 31.01.2020, 10:14 Uhr

Eine dänische bevölkerungsbasierte Studie fand bei Modafinil-exponierten Frauen in der Schwangerschaft ein dreifach erhöhtes Risiko für Fehlbildungen, was den teratogenen Verdacht des Rote-Hand-Briefs von 2019 erhärtet. ( r / Foto: vectorfusionart / stock.adobe.com)

Eine dänische bevölkerungsbasierte Studie fand bei Modafinil-exponierten Frauen in der Schwangerschaft ein dreifach erhöhtes Risiko für Fehlbildungen, was den teratogenen Verdacht des Rote-Hand-Briefs von 2019 erhärtet. ( r / Foto: vectorfusionart / stock.adobe.com)


Im Mai 2019 informierte ein Rote-Hand-Brief über den Verdacht, dass Modafinil  bei Schwangeren zu Fehlbildungen beim ungeborenen Kind führen kann. Das Psychoanaleptikum Modafinil ist zugelassen zur Behandlung exzessiver Schläfrigkeit aufgrund von Narkolepsie. Nun bestätigt eine bevölkerungsbasierte Studie aus Dänemark (JAMA) den teratogenen Verdacht: Modafinil verdreifachte das Risiko von Fehlbildungen.

Erst im Mai des vergangenen Jahres informierte ein Rote-Hand-Brief über das mögliche Risiko schwerer angeborenen Fehlbildungen bei Anwendung von Modafinil in der Schwangerschaft. „Basierend auf einer begrenzten Anzahl von Meldungen besteht der Verdacht, dass die Anwendung von Modafinil während der Schwangerschaft zu schweren angeborenen Fehlbildungen führen kann“, erklärten die Zulassungsinhaber modafinilhaltiger Arzneimitteln abgestimmt mit dem BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte).

Spezifische Fehlbildungsmuster seien nicht beobachtet worden. In einer Interimsanalyse von nach Zulassung erfassten Arzneimittelsicherheitsdaten zeigten 15 Prozent der Kinder, die in der Schwangerschaft Modafinil ausgesetzt waren, Fehlbildungen, verglichen mit 3 Prozent in der Vergleichspopulation.

Modafinil auch off-label bei MS und ADHS

Nun betätigt eine im amerikanischen Ärzteblatt JAMA veröffentlichte bevölkerungsbasierte Studie – First-Trimester Pregnancy Exposure to Modafinil and Risk of Congenital Malformations – diesen Verdacht. Die Wissenschaftler werteten anhand des dänischen Gesundheitsregisters alle Schwangerschaften im Zeitraum von 2004 bis 2017 aus. 49 Frauen nahmen während des ersten Trimenons Modafinil, 963 Frauen Methylphenidat und 828.644 waren nicht exponiert. Methylphenidat diente dabei als aktiver Komparator, als Arzneimittel bei ADHS werde es in der Schwangerschaft empfohlen, da es nicht mit kindlichen Fehlbildungen in Zusammenhang stehe, so die Wissenschaftler. Denn: Modafinil ist zwar lediglich zugelassen zur Behandlung Erwachsener mit exzessiver Schläfrigkeit aufgrund von Narkolepsie – mit oder ohne Kataplexie. Off-label findet Modafinil jedoch auch Anwendung bei MS-bedingter Fatigue und ADHS.

Modafinil verdreifacht Risiko für Fehlbildungen

Sechs der Modafinil-exponierten Kinder (12 Prozent) wurden mit schweren Fehlbildungen geboren. Bei der Vergleichsgruppe von Kindern, deren Mütter Methylphenidat eingenommen hatten, kam es bei 963 Schwangerschaften zu 43 Fehlbildungen (4,5 Prozent). Unter den übrigen nichtexponierten Kindern betrug die Häufigkeit 3,9 Prozent. Die Odds Ratio von Modafinil verglichen mit Nicht-Exponierten lag bei 2,7, das heißt, die Chance, dass Kinder in utero unter Modafinil-Exposition eine Fehlbildung entwickeln, ist fast dreimal so hoch wie bei Nicht-Exponierten.

Sicher verhüten, aber nicht nur mit Pille

Die Wissenschaftler erklären, dass die bevölkerungsbasierte Studie auch Schwächen habe. So habe man Unterschiede der psychiatrischen Basismedikation der Patientinnen bereinigt, aber eine Adjustierung der psychiatrische Diagnosen sei nicht möglich gewesen. Wie auch Modafinil wird Methylphenidat sowohl für ADHS als auch für Narkolepsie eingesetzt. Zudem zog man die bloße Einlösung der Verordnung Indikator für die Einnahme heran. Ob die Medikation tatsächlich von den Patientinnen eingenommen wurde, weiß man also nicht. Als weiteren Punkt führen die Wissenschaftler an, dass die geringe Anzahl exponierter Frauen und Ereignisse die Seltenheit der Exposition widerspiegele und somit die Präzision der Punktschätzungen verringere. Auch seien keine spezifischen Missbildungen erkennbar gewesen.

Modafinil induziert CYP3A4

Bereits in der Roten Hand vom Mai 2019 rieten Hersteller und BfArM dazu, Modafinil während der Schwangerschaft nicht anzuwenden. Zusätzlich gibt es bei der Verhütung einiges zu beachten:

  • Es muss sichergestellt sein, dass alle Patientinnen im gebärfähigen Alter, die mit Modafinil behandelt werden, wissen und verstanden haben, dass ein mögliches Risiko für Fehlbildungen bei Anwendung von Modafinil während der Schwangerschaft besteht.
  • Während der Anwendung von Modafinil muss eine wirksame Methode der Schwangerschaftsverhütung benutzt werden.
  • Modafinil kann die Wirksamkeit oraler Kontrazeptiva beeinträchtigen. Deshalb sind alternative oder zusätzliche sichere Verhütungsmethoden erforderlich.

Modafinil wirkt als Enzyminduktor von CYP3A4/5, wodurch die Wirksamkeit hormoneller Verhütungsmethoden durch Modafinil beeinträchtigt sein kann. Die Fachinformation modafinilhaltiger Präparate empfiehlt alternative oder begleitende empfängnisverhütende Methoden für die Dauer der Therapie und über einen Zeitraum von zwei weiteren Monaten nach dem Absetzen von Modafinil hinaus.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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