Medikationsfehler durch Arbeitsdruck in US-Ketten

Apotheker: „Ich bin eine Gefahr für die Öffentlichkeit, indem ich für CVS arbeite"

Remagen - 07.02.2020, 10:15 Uhr

Mit fast 10.000 Apotheken im ganzen Land ist CVS die größte Kette des Landes. (Foto: imago images / Levine-Roberts)

Mit fast 10.000 Apotheken im ganzen Land ist CVS die größte Kette des Landes. (Foto: imago images / Levine-Roberts)


In US-amerikanischen Kettenapotheken scheinen teilweise unhaltbare Arbeitsbedingungen zu herrschen. Apotheker berichten über enormen Zeitdruck und Repressalien. Die Folge sind Fehler bei der Arzneimittelabgabe und eine Gefährdung der Patientensicherheit. 

In Briefen an die staatlichen pharmazeutischen Überwachungsinstitutionen (State Pharmacy Boards) und in Interviews mit der New York Times beschreiben Apotheker, die in den größten US-Apothekenketten, wie CVS, Rite Aid und Walgreens arbeiten, unterbesetzte und chaotische Arbeitsplätze.Es sei schwierig geworden, die Arbeit sicher auszuführen. Die Öffentlichkeit werde damit dem Risiko von Medikationsfehlern ausgesetzt, so der Vorwurf an die übermächtigen Arbeitgeber. Unter ständiger Hetze müssten sie Rezepte beliefern, Grippeimpfungen verabreichen, den drive-through betreuen, Telefonate annehmen, Patienten beraten und Ärzte und Versicherungen anrufen, all das, um die Leistungskennzahlen der Ketten-Unternehmen zu erfüllen.

Ständiges Multitasking

„Ich bin eine Gefahr für die Öffentlichkeit, indem ich für CVS arbeite", schrieb ein Apotheker im April in einem anonymen Brief an das Texas State Board of Pharmacy. „Gott sei Dank sind mir bei der Abgabe keine lebensbedrohlichen Fehler unterlaufen“, teilt ein Apotheker aus South Carolina mit, „aber ich hatte eine Reihe kleinerer Falschabgaben.“ Diese führt er hauptsächlich darauf zurück, dass er für so viele Aufgaben auf einmal verantwortlich sein musste. Bei dem ständigen Multitasking seien Nachprüfungen kaum möglich. Einer schreibt, er habe in seiner acht bis zehn Stunden-Schicht, ohne Pause, manchmal nicht einmal die Zeit, um auf die Toilette zu gehen.

Alles wird genau kontrolliert und an Kennzahlen gemessen

In den USA werden nach Angaben der New York Times etwa 70 Prozent der Rezepte von Kettenapotheken, Supermärkten oder Einzelhändlern wie Walmart ausgegeben. Dabei beruft sich die Zeitung auf einen Bericht des Drug Channels Institute aus dem Jahr 2019. Mit fast 10.000 Apotheken im ganzen Land ist CVS die größte Kette des Landes und laut New York Times eine der aggressivsten bei der Durchsetzung der Leistungskennzahlen. Sowohl CVS als auch Walgreens verknüpften Boni mit der Erreichung dieser Kennzahlen. Fast alles werde verfolgt und unter die Lupe genommen: Telefonate mit Patienten, die Zeit, die es brauche, um ein Rezept zu beliefern, die Anzahl der verabreichten Impfungen, die Anzahl der Kunden, die sich für 90-Tage-Lieferungen von Medikamenten anmelden, um nur einige zu nennen. Es werde erwartet, dass die Mitarbeiter der Apotheke jeden Tag Dutzende von Patienten anrufen, basierend auf einer computergenerierten Liste. Sie würden dann nachher bewertet nach der Anzahl der Patienten, die sie erreichen, und der Anzahl, die ihren Anfragen wegen Rezeptbelieferungen zustimmen.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

Wachstum Wachstum Wachstum

von Rainer W. am 11.02.2020 um 10:27 Uhr

Ich kann die Kritik gar nicht verstehen. Es sollen eben die Marktanteile erweitert werden, der Umsatz gesteigert, die Kosten reduziert.

Das sind doch genau die Punkte die man sich bei den regelmäßigen Veröffentlichungen der ZurRose-Gruppe und von DocMorris anhören kann.

Und anscheinend möchte ja auch der Gesundheitsminister dass dieses Potential besser genutzt wird. Datenschutz sei schließlich was für Gesunde und nur durch Bedarfsermittlung kann man den Bedarf optimal abdecken und die Verkaufszahlen steigern.

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Bekannt

von Reinhard Rodiger am 07.02.2020 um 22:20 Uhr

Das ist alles seit Jahren bekannt und wird systematisch ignoriert.Es ist nochmal die Bestätigung, was aus der nicht zu Ende gedachten Beschleunigung zum e-Rezept folgt.Es ist die Inkarnation politischer Verantwortungslosigkeit.

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Besser kann man die Zukunft für Apotheker nicht beschreiben ...

von Christian Timme am 07.02.2020 um 11:01 Uhr

Wenn Jens Spahn jetzt auch noch lesen könnte...

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Gefahr?

von Roland Mückschel am 07.02.2020 um 10:52 Uhr

Das macht nichts.
Digital first!

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