Bundesgerichtshof zur Werbung von EU-Versendern

AKNR: Unmissverständlicher Auftrag an den Gesetzgeber!

Berlin - 20.02.2020, 13:30 Uhr

Die Apothekerkammer Nordrhein sieht nun mehr denn je den Gesetzgeber gefordert. (c / Foto: AKNR)

Die Apothekerkammer Nordrhein sieht nun mehr denn je den Gesetzgeber gefordert. (c / Foto: AKNR)


Unermüdlich kämpft die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) gegen die großen EU-Versender, die mit für hiesige Apotheken unzulässigen Methoden um die Rezepte deutscher Patienten buhlen. Der Bundesgerichtshof entschied am heutigen Donnerstag in zwei auch politisch bedeutsamen Verfahren, die die Kammer ins Rollen gebracht hatte. Danach ist für die AKNR eines klar: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wird mit seinen Vorstellungen zur Wiederherstellung der Gleichpreisigkeit sein Ziel nicht erreichen.

Die Apothekerkammer Nordrhein geht seit Jahren in zahlreichen Gerichtsverfahren gegen DocMorris und andere EU-Versender vor. Auch in den beiden Verfahren, die heute beim Bundesgerichtshof (BGH) zur Entscheidung terminiert waren, hat sie dabei Rechtsanwalt Dr. Morton Douglas an ihrer Seite.

Noch liegen die Urteilsgründe aus Karlsruhe nicht vor, ebenso wenig die Gründe für die beschlossene Aussetzung des DocMorris-Verfahrens. Bevor es hier zu einer Entscheidung kommt, will der Bundesgerichtshof eine Klärung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) herbeiführen. Dabei geht es diesmal nicht ums Arzneimittelpreisrecht, sondern um das im Heilmittelwerbegesetz geregelte Zugabeverbot. Doch schon jetzt senden die Entscheidungen für Douglas und die AKNR ein wichtiges Signal an die Politik aus.

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In einer ersten Stellungnahme in Abstimmung mit der Kammer erklärte Douglas: „Die Apothekerkammer Nordrhein sieht in den beiden heute vom BGH verkündeten Entscheidungen einen unmissverständlichen Auftrag an den Gesetzgeber, das durch die Zulassung des Versandhandels für preisgebundene Arzneimittel geschaffene Problem der immer weiter fortschreitenden Aushöhlung der in Deutschland geltenden Standards bei der Versorgung mit Arzneimitteln nunmehr entschieden anzugehen. Zwar liegen die Gründe der beiden Entscheidungen noch nicht vor, sodass eine abschließende Bewertung zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich ist, doch kann bereits jetzt festgehalten werden, dass aufgrund dieser Entscheidungen der im Moment vom Bundesgesundheitsministerium präferierte Weg sein Ziel nicht erreichen wird“.

Im DocMorris-Fall legt der BGH dem EuGH kurz gefasst die Frage vor, ob es mit europäischem Recht in Einklang steht, wenn das in § 7 Abs. 1 Satz 1 Heilmittelwerbegesetz normierte Zugabeverbot dahin ausgelegt wird, dass es einer Versandapotheke verboten ist, gekoppelt an die Einlösung einer Verschreibung Gewinne auszuloben. Hierbei, so Douglas, sei zu berücksichtigen, dass die Entscheidung – sollte der EuGH insoweit die Anwendung der deutschen Vorschrift für europarechtswidrig halten – insgesamt gelte und nicht nur für ausländische Versandhändler. „Denn der in diesem Zusammenhang angefügte Nachsatz, wonach die Frage unter der Prämisse gestellt wird, es sei nicht zu befürchten, dass einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub geleistet wird, gilt insoweit ja uneingeschränkt vom Sitz der jeweiligen Apotheke. Die Entscheidung dürfte daher für alle Apotheken gleichermaßen gelten, sodass sich aus Sicht des Gesetzgebers bereits jetzt die Frage stellt, ob derartige Veränderungen auf dem Apothekenmarkt gewollt sind.“

Douglas: Allein ein Rx-Versandverbot kann die drohenden Verwerfungen aufhalten

Was den Fall Europa Apotheek/Shop Apotheke betrifft, weist Douglas darauf hin, dass die Revision hinsichtlich der Frage zurückgewiesen wurde, ob Versandapotheken verpflichtet sind, in für Privatpatienten ausgestellten Quittungen wirtschaftliche Vorteile, die keine Barrabatte sind, auszuweisen. Es soll also nicht wettbewerbswidrig sein, wenn etwa im Zusammenhang mit dem Erwerb preisgebundener Arzneimittel wirtschaftliche Vorteile wie Einkaufsgutscheine gewährt werden und dies gegenüber dem Kostenträger verheimlicht wird. „Diese Entscheidung hat unmittelbar Auswirkungen auf die im Moment durch das BMG vorgesehene Verankerung des Arzneimittelpreisrechts im SGB V“, mahnt er. 

Und weiter: „Selbst wenn eine solche Regelung kommen sollte und selbst wenn diese Regelung nicht durch die europäischen Institutionen kassiert wird, könnte gegenüber den Privatpatienten entgegen den Ausführungen des BMG fast uneingeschränkt geldwerte Vergünstigungen – mit Ausnahme von Barrabatten – gewährt werden. Dieses Recht würde dann, sollte die Preisbindung in das SGB V überführt werden, wohl, vorbehaltlich der Entscheidung des EuGH auf die heutige Vorlagefrage, allen Apotheken offenstehen“.  

Angesichts dieser Konsequenzen fordert die Apothekerkammer Nordrhein das BMG noch einmal auf, den nunmehr eingeschlagenen Weg zu überdenken. Aus ihrer Sicht ist demnach allein ein Rx-Versandverbot eine Lösung, um die nunmehr drohenden Verwerfungen auf dem Apothekenmarkt nachhaltig zu lösen.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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