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Apothekerverband Schleswig-Holstein
Froese: So könnte das E-Rezept die Arbeitsabläufe in der Apotheke ändern
Die Apotheker können die Politik mit patientenorientierten Konzepten überzeugen – und das E-Rezept lässt die Vor-Ort-Apotheken digital näher an die Patienten rücken und macht den Versand damit überflüssig. Diese Erwartungen verknüpft Dr. Peter Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, mit dem E-Rezept. Allerdings sieht er auf dem Weg dahin noch viel Arbeit. Die Apothekenteams sollten sich um die Sicherheit der Technik und die Organisation ihrer Betriebsabläufe kümmern.
Bei einer Informationsveranstaltung des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein zum E-Rezept am vergangenen Donnerstag in Bad Segeberg erläuterte Froese, warum die Politik nach einem europäischen Weg für die Digitalisierung sucht und warum er darin eine Chance für die Apotheker sieht. In den USA bedeute Digitalisierung „brutalste Plattformökonomie“. Personenbezogene Daten würden nicht nur für wirtschaftliche Zwecke zusammengeführt, sondern auch um Meinungen zu beeinflussen. Dies geschehe grenzübergreifend und davor könnten Gesetze nicht schützen. In China werde die digitale Technik als Chance verstanden, ein Gesellschaftsmodell mit umfassender Überwachung durchzusetzen. Viele Menschen würden das dort nicht als bedrohlich empfinden. Darum müsse Europa einen eigenen Weg finden. Dies könne eine „humane Digitalisierung“ sein, folgerte Froese.
Der Mensch solle im Mittelpunkt stehen. Dann sei zu fragen, welche nützlichen Anwendungen die Digitalisierung bieten könne. Dazu gehöre auch eine kritische Einstellung zur Künstlichen Intelligenz. Meist werde unterstellt, dass die Auswertung großer Datenmengen nützlich sei. Doch dies seien nur Annahmen, für die es bisher keine Evidenz gebe, erklärte Froese. In Europa gebe die Datenschutz-Grundverordnung als Rahmenwerk den Bürgern Rechte und damit eine gewisse Macht. Dieses Thema führe zu einem Bewusstsein für Patientenrechte. Daraus leitete Froese ab: Wenn die Apotheker diesen Punkt adressieren, treffen sie den Nerv der Politik und werden wahrgenommen.
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Für das E-Rezept bedeute das: Die Patienten müssen nach eigenen Kriterien entscheiden können, wo sie Rezepte einlösen. Dies hätten die Apotheker erfolgreich vermittelt. Insbesondere in Schleswig-Holstein hätten sie dabei auch Partner mit den gleichen Einstellungen gefunden. Darum würden Apotheker, Ärzte, Zahnärzte, Krankenkassen und viele Unternehmen gemeinsam unter der Schirmherrschaft des Landes weiter am Telepakt Schleswig-Holstein arbeiten. Dies ist das Modellprojekt für das E-Rezept in Schleswig-Holstein, das parallel zu GERDA und anderen Projekten entwickelt wird. Außerdem kündigte Froese an, dass der Apothekerverband Schleswig-Holstein gemeinsam mit Partnern das Projekt „QT-Life“ erarbeitet. Dabei sollen Apotheken ihre Patienten mit EKG-Sensoren ausstatten, um QT-Zeit-Verlängerungen als Arzneimittelneben- oder -wechselwirkung detektieren zu können. Dafür sei eine Förderung durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses beantragt worden.
Erste E-Rezepte Anfang 2021
Zur Umsetzung des E-Rezeptes betonte Froese die Unklarheiten durch schnelle Änderungen der Pläne. Doch einige Termine stünden fest. Bis Ende März müssten der GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apothekerverband die vertraglichen Rahmenbedingungen einschließlich der Abrechnung vereinbart haben. Bis dahin müsse auch das „Info-Modell“ des E-Rezeptes feststehen, das beschreibt, welche Daten wie und wo stehen sollen. Für die Apotheker sei dabei ein wesentliches Ziel, dass möglichst fehlerfreie Rezepte in die Apotheken kommen. Bis Ende September müssten die Apotheken mit Konnektoren ausgestattet sein und die Heilberufeausweise müssten sich einmal mit der Telematikinfrastruktur verbunden haben, um gültig zu sein. Am 1. Januar 2021 sollen die ersten E-Rezepte fließen. Im Laufe des ersten Betriebsjahres würden die meisten Betrachter etwa ein Drittel der Rezepte als E-Rezepte erwarten.
Bewährte Technik für Modellprojekte
Thorsten Rolff, Vertriebsleiter des Norddeutschen Apothekenrechenzentrums, ergänzte, dass die Rechenzentren und Softwarehäuser schon heute digitale Rezepte verarbeiten und abrechnen könnten. Die Apotheken nutzen dabei das N-Ident-Verfahren als gesicherten Zugang wie für SecurPharm. Die Abrechnung erfolgt über die FiveRX-Schnittstelle. Dieses Verfahren wird für GERDA und andere Modellprojekte der Apotheker genutzt und soll auch beim Telepakt Schleswig-Holstein eingesetzt werden. Froese ergänzte, dass in Schleswig-Holstein mit den Projektpartnern auch komplexe Nutzungsfälle wie Korrekturen des E-Rezeptes oder die Heimversorgung bearbeitet werden sollen.
Digitale Erfolgskonzepte für Apotheken
Unabhängig von den Modellprojekten müssten sich jetzt alle Apotheken auf das E-Rezept vorbereiten, riet Froese eindringlich. Es müsse geklärt werden, wer an welchem Arbeitsplatz E-Rezepte bearbeitet, wie die Apotheke auf E-Rezepte reagiert und wie sie digital mit den Kunden kommuniziert. Das werde ein wesentliches Thema für den Wettbewerb zwischen den Apotheken vor Ort, prognostizierte Froese. Wenn dieser Wettbewerb funktioniere, habe sich der Versand erledigt, erwartet Froese. Denn dann würden die Vor-Ort-Apotheken digital mit den Kunden kommunizieren. Ebenso positiv bewertete Froese die jüngsten Änderungen der Apothekenbetriebsordnung, den Botendienst als Regelversorgung und die Befugnis zu telepharmazeutischen Diensten. Mit dieser Kombination hätten die Apotheken die nötigen Instrumente bekommen, um die Patienten auch mobil anzusprechen. Froese gab sich überzeugt: „Das ist wirksamer als jeder Versand.“
Sicherheit und praktische Arbeit neu organisieren
Zur Vorbereitung auf das E-Rezept riet Froese außerdem, die Apotheken müssten zuverlässig digital erreichbar sein. Er empfahl eine zusätzliche Telefonleitung für den Zugang zum Internet und zu E-Mails, um das existenziell nötige System für die Rezeptbearbeitung vor Störungen und Missbrauch zu schützen. Apotheken bräuchten Konzepte für Sicherheit, denn auf jeden Fall würden auch Apotheken digital angegriffen.
Der Umgang mit E-Mails, Kundendaten und digital übermittelten Kundenwünschen müsse geregelt werden. Froese riet, alle Apotheken sollten Prozesse für das Verhalten bei digitalen Angriffen festlegen und versuchen, ein Backup zurückzuspielen. Außerdem sollten sich Apotheker bewusst machen, dass ihr Heilberufeausweis ihre elektronische Identität darstellen wird. Entsprechendes gilt für die Institutionenkarte der Apotheke. Diese Karten müssten daher äußerst sorgfältig behandelt werden.
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Zum praktischen Umgang mit E-Rezepten in anderen europäischen Ländern berichtete Froese, es gebe eine beachtliche Gemeinsamkeit: Es werde stets mit kleinen Plastikkörben und Wäscheklammern gearbeitet. Für die Bearbeitung in der Apotheke werde das E-Rezept ausgedruckt. Die angebliche Papiereinsparung sei daher eine Illusion. Der Ausdruck werde mit einer Wäscheklammer an dem Korb befestigt, in dem die Arzneimittel zur Abholung bereit liegen.
1 Kommentar
Anstelle der Wäscheklammer könnte man auch einen USB-Stick nehmen ...
von Christian Timme am 24.02.2020 um 10:02 Uhr
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