- DAZ.online
- News
- Debatte & Meinung
- Mein liebes Tagebuch
13. März 2020
Die Lieferengpass-Kampagne der Noweda will Druck auf die Politik machen. Mit Hilfe der Reichweite der Zeitschriften ihres Kooperationspartners Burda will der apothekereigene Pharmagroßhändler die Öffentlichkeit über die aktuelle Problematik der Lieferengpässe aufklären. Ein aktualisierter Flyer liegt den Magazinen „Focus“, „Freizeit Revue“, „SUPERillu“ und „Lisa“ bei, mit einer Auflagenzahl von 2,35 Millionen Exemplaren. Mein liebes Tagebuch, klingt gut. Und jetzt nicht nachlassen. Der Druck auf die Politik kann nicht hoch genug sein.
Darf der niederländische Versender „Europa Apotheek“, jetzt „Shop Apotheke“, gegenüber Privatpatienten mit einem „Sofort-Bonus“ von bis zu 30 Euro pro Rezept werben, ein Bonus, der dem Kunden auf dessen Kundenkonto gutgeschrieben und bei einer späteren Bestellung mit dem Kaufpreis nicht rezeptpflichtiger Produkte verrechnet wird? Ja, der Versender darf, sagt der Bundesgerichtshof in einem aktuellen Urteil, zu dem nun auch die Urteilsgründe vorliegen. Außerdem: Es ist sogar rechtens, wenn der Bonus nicht auf der Quittung für die private Krankenversicherung vermerkt ist. Und der Privatversicherte muss seine Versicherung auch nicht darüber informieren, dass er für die Rezepteinlösung einen Gutschein erhalten hat. Na, mein liebes Tagebuch, was will uns das sagen? Dieses Urteil unterläuft die Spahnschen Bemühungen um Gleichpreisigkeit. Es wird keine umfassende Gleichpreisigkeit mit dem Apotheken-Stärkungsgesetz geben. Die Privatversicherten werden mit diesem Urteil eindeutig von der Gleichpreisigkeit ausgespart. Wir können uns schon heute vorstellen, was das schon bald bedeuten wird.
Politik ist wirklich nicht einfach, mein liebes Tagebuch. Früher hatte man den ABDA-Präsidenten gescholten, dass er sich zu lasch für ein höheres Apothekenhonorar einsetzt. Jetzt meldet er sich öffentlich zu Wort und verlangt eine zusätzlich Vergütung für uns Apothekers wegen der Mehrarbeit in der Corona-Krise und den zunehmenden Lieferengpässen – und wird auch dafür kritisiert: Das komme nicht gut an, heißt es, das wirke fast erpresserisch, in der akuten Lage mehr Geld zu verlangen. Ja, mein liebes Tagebuch, Politik ist wirklich nicht einfach. Manchmal braucht man eben auch viel Fingerspitzengefühl, wann der richtige Zeitpunkt für die Forderung nach mehr Geld gekommen ist. Eine Situation größter Not, eine Krise, in der Solidarität von allen verlangt wird, gehört sicher nicht in die Kategorie richtiger Zeitpunkt.
Der Bundesrat hat das Gesetz für einen fairen Kassenwettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung gebilligt. Auch wenn es aus dem Gesetzesnamen nicht hervorgeht: Es enthält auch einen Abschnitt, der für uns Apothekers wichtig ist: ein erstes Maßnahmen-Paket gegen Lieferengpässe. Was u. a. kommt: Wir Apothekers werden bei nicht lieferbaren Rabattarzneimitteln künftig sofort ein vergleichbares Arzneimittel abgeben dürfen, die Krankenkasse muss es bezahlen, auch wenn’s teurer ist als der Festbetrag. Und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte muss z. B. eine aktuelle Liste versorgungsrelevanter und versorgungskritischer Wirkstoffe erstellen und auf seiner Internetseite veröffentlichen. Diese Behörde erhält zudem weitere Befugnisse gegenüber Pharmaindustrie und Großhandel zur Lagerhaltung versorgungskritischer Arzneimittel. Mein liebes Tagebuch, alles in allen ein kleiner Anfang, den Lieferengpässen Herr zu werden. Aber es reicht nicht – meint auch der Bundesrat, weitere Maßnahmen müssen folgen. Wir wüssten da schon was, mein liebes Tagebuch: Die Krankenkassen müssten verpflichtet werden, Rabattverträge an mehrere Hersteller zu vergeben.
16 Kommentare
zu Herrn Mückschel
von Dr.Diefenbach am 16.03.2020 um 10:15 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Bitte keinen Tunnelblick entwickeln
von DrCK am 15.03.2020 um 17:25 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Solidarität und Retax
von Barbara Buschow am 15.03.2020 um 14:18 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Solidarität und Retax
von Conny am 15.03.2020 um 17:24 Uhr
AW: Solidarität und Retax ... wenn Spahn jetzt nicht lesen kann ... Pech gehabt ...
von Christian Timme am 15.03.2020 um 19:02 Uhr
zu Herrn Ströh
von Dr.Diefenbach am 15.03.2020 um 12:37 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: zu Herrn Ströh
von Roland Mückschel am 16.03.2020 um 9:56 Uhr
Overwiening: Alter Wein in neuen Schläuchen?
von Gunnar Müller, Detmold am 15.03.2020 um 12:26 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Zum Rechnen und Staunen ...
von Reinhard Herzog am 15.03.2020 um 11:15 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Erstaunlich
von Reinhard Rodiger am 15.03.2020 um 9:45 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
.
von Anita Peter am 15.03.2020 um 8:52 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Genial ... Politik zieht Sommerpause vor ...
von Christian Timme am 15.03.2020 um 8:44 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Dieses Tagebuch
von Karl Friedrich Müller am 15.03.2020 um 8:38 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Dieses Tagebuch ... leider Saft- und Kraftlos ...
von Christian Timme am 15.03.2020 um 10:08 Uhr
AW: Dieses Tagebuch
von Roland Mückschel am 15.03.2020 um 15:52 Uhr
Corona Vergütung zusätzlich?
von Ulrich Ströh am 15.03.2020 um 8:36 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.