Rote-Hand-Brief

Cytotec: Zahlreiche neue Berichte über schwere Nebenwirkungen

Stuttgart - 20.03.2020, 10:15 Uhr

Cytotec: Ein umstrittenes Fertigarzneimittel in der Geburtshilfe, obwohl die Datenlage für den Wirkstoff Misoprostol als gut gilt. (c / Foto: picture alliance / MAXPPP)

Cytotec: Ein umstrittenes Fertigarzneimittel in der Geburtshilfe, obwohl die Datenlage für den Wirkstoff Misoprostol als gut gilt. (c / Foto: picture alliance / MAXPPP)


Empfehlungen zum Umgang mit Misoprostol zur Geburtseinleitung 

Die entsprechenden Nebenwirkungsberichte zeigen laut BfArM, dass die gemäß Zulassung mit einer Mahlzeit und ausreichend Flüssigkeit einzunehmende Cytotec®Tablette auch über andere Anwendungsarten (sublingual, rektal etc.) im Off-Label-Use verabreicht wurde. Weiterhin gehe aus den neuen Fallberichten hervor, dass den Patientinnen häufig Teildosen der sechseckigen Cytotec® 200 µg-Tablette verabreicht wurden, obwohl diese nicht für eine Teilung konzipiert ist. „Zudem lagen die Dosierungen nominal trotz unbekannter systemischer Exposition teilweise deutlich über denen, die seitens der WHO empfohlen werden bzw. die für in anderen EU-Mitgliedsländern zugelassene Arzneimittel zur oralen oder vaginalen Verabreichung gelten.“ 

Im Februar hatte auf Anfrage von DAZ.online die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG) schriftlich mitgeteilt: „Zur Zeit wird die Cytotec®-Tablette geteilt. Zukünftig hoffen wir auf die Einführung von Angusta® auch in Deutschland.“ Den Rote-Hand-Brief hält sie nun für „konsequent und richtig“, das geht aus einer Stellungnahme vom 18. März hervor. 

Bereits am 17. März hatte die AGG (Arbeitsgemeinschaft für Geburtshilfe und Pränatalmedizin in der DGGG e.V.) Empfehlungen zum Umgang mit Misoprostol zur Geburtseinleitung herausgegeben. Darin werden folgende Punkte genannt, die es bei der Verwendung von Misoprostol zur Geburtseinleitung am Termin bis zur Publikation der S2k-Leitlinie Geburtseinleitung (AWMF-Registernummer 015-088) zu beachten gelte: 

  • (Schriftliche) Aufklärung über den „Off-Label-Use“ zur Geburtseinleitung
  • Keine Misoprostol-Gabe nach vorherigem Kaiserschnitt und/oder anderer Uterus-OP mit Eröffnung des Cavum uteri
  • CTG-Kontrolle vor Gabe des Misoprostols
  • Keine Misoprostol-Gabe bei vorhandener Wehentätigkeit
  • Einzelgaben von 25-50 mcg
  • Erstgabe 25 mcg
  • Dosierungsintervalle oral > 2 Stunden (25 mcg) und > 4 Stunden (50 mcg)

Trotz der wohl guten Studienlage zu Misoprostol zeigt sich daran, dass offenbar weiterhin gewisse Unsicherheiten in der praktischen Anwendung bestehen. Denn sinnvoll wäre sicherlich auch, eine maximale Höchstdosis über 24 h anzugeben. Würde man nämlich mit 50 µg bei „Stunde null“ beginnen, wäre es ja – bei Gabe alle 4 h – möglich, über 24 h bis zu 650 µg zu verabreichen. Das zugelassene Präparat Angusta® in Frankreich darf ausschließlich oral in einer Dosierung von 25 µg alle 2 Stunden oder 50 µg alle 4 Stunden (max. 200 µg in 24 Stunden), nur in der Klinik und nur, wenn andere Einleitungsmethoden nicht zur Verfügung stehen, verwendet werden.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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