Neue Studienergebnisse

NRW will Medikamentenversuche an Heimkindern weiter aufarbeiten

Berlin - 23.03.2020, 17:45 Uhr

Die nordrhein-westfälische Landesregierung setzt sich für eine Weiterführung der Aufklärung von Medikamentenversuchen an Heimkindern in NRW in den 50er-, 60er- und 70er-Jahren in Einrichtungen der Jugend- und Behindertenhilfe ein. (t/Foto: imago images / Schneider)

Die nordrhein-westfälische Landesregierung setzt sich für eine Weiterführung der Aufklärung von Medikamentenversuchen an Heimkindern in NRW in den 50er-, 60er- und 70er-Jahren in Einrichtungen der Jugend- und Behindertenhilfe ein. (t/Foto: imago images / Schneider)


Aufarbeitung durch Bundesregierung – und die Kritik daran

Die Bundesregierung richtete 2009 den „Runden Tisch Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren“ ein. Zusätzlich wurde ein Bericht zur „Aufarbeitung der Heimerziehung in der DDR“ angefertigt. Als Ergebnis wurden die Heimkinderfonds Ost und West eingerichtet. 2017 wurde zusätzlich von der Bundesregierung, den Bundesländern sowie der katholischen und der evangelischen Kirche die Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ gegründet.

Es sollten Entschädigungen an die Betroffenen gezahlt werden. Dennoch gibt es einiges an Kritik von Seiten der Betroffenenverbände. So sei es vielen Betroffenen aus unterschiedlichsten Gründen innerhalb der Fristen nicht möglich gewesen, Anträge an die Fonds zu richten. Dies konnte nur bis 2014 erfolgen. Statt einmaliger Entschädigungszahlungen werden Opferrenten von den Verbänden gefordert. Dies würde gleichzeitig auch eine Anerkennung der Verantwortung des Staates bedeuten, der in der Pflicht gewesen sei, eine entsprechende Sorgfaltspflicht gegenüber seinen Schutzbefohlenen auszuüben.

Dokumentarische Aufarbeitung

Das Thema Arzneimittelversuche an Kindern und Jugendlichen in Heimen und Psychiatrien im Nachkriegsdeutschland ist auch Gegenstand der aktuellen NDR-Dokumentation von Daniela Schmidt-Langels. Unter dem Titel „Versuchskaninchen Heimkind“ beschreibt der Film die damals häufig praktizierte systematische Ruhigstellung von Heimkindern mit Medikamenten und deren Teilnahme an medizinischen Versuchsreihen. Außerdem wird über schmerzhafte, zudem schon damals umstrittene Diagnoseverfahren berichtet.

In Schmidt-Langels Film kommen sowohl Betroffene als auch Experten zu Wort. Es wird nach Ursachen und auch nach Auswirkungen gefragt. Wie konnte dies geschehen? Wer machte sich schuldig? Was bedeuteten diese Misshandlungen für die Betroffenen? Welche Entschädigungen beziehungsweise Wiedergutmachungen erhoffen sie sich? Und wie sieht für sie die Realität aus? Der Film wirft ein Schlaglicht auf das dunkle Kapitel der in der Öffentlichkeit bislang noch wenig bekannten Geschehnisse in deutschen Heimen. 



Inken Rutz, Apothekerin, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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