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Großbritannien
Coronakrise: Apotheken bekommen 300 Millionen Pfund vorab
Großbritannien greift seinen Apothekern in der Coronakrise vorübergehend finanziell unter die Arme, um Liquiditätsengpässe abzufangen. Wie hierzulande haben die Apotheker auch dort mächtig mit den Auswirkungen der Pandemie zu kämpfen, und sie haben sich dazu einiges einfallen lassen.
Die Apotheken in Großbritannien bekommen in den nächsten zwei Monaten insgesamt 300 Millionen Britische Pfund an Vorabfinanzierungen. Damit soll der erhebliche Liquiditätsdruck abgefedert werden, dem der Sektor derzeit wegen der COVID-19-Pandemie ausgesetzt ist. Sie werden als „Aufschläge“ auf die Januar- und Februar-Zahlungen der Vertragsapotheken gezahlt, die Anfang April und Mai fällig werden. Dabei sollen am 1. April 2020 (oder kurz danach) 200 Millionen und Ende April/Anfang Mai 100 Millionen Pfund ausgelöst werden. Für eine Durchschnittsapotheke entspricht dies laut Berechnungen der Business Services Authority des NHS (NHSBSA) einem Plus von 26 Prozent auf ihre April-Zahlung bzw. 13 Prozent im Mai. Die Zahlungen müssen allerdings zu einem späteren Zeitpunkt abgeglichen werden. Das heißt, es gibt kein zusätzliches Geld.
Apotheker wollen auch langfristig mehr Geld
Die Verhandler der Apotheker, das Pharmaceutical Services Negotiating Committee (PSNC), haben von der Regierung und vom NHS schon seit Wochen dringend Unterstützung für die Liquidität der öffentlichen Apotheken eingefordert. Die erhöhte finanzielle Belastung während der Pandemie ergibt sich laut PSNC aus hohen Verschreibungszahlen, Personalkosten, einmaligen Kosten und steigenden Arzneimittelrechnungen.
„In den Verhandlungen im vergangenen Monat haben wir der Regierung klar gemacht, dass sich die öffentliche Apotheke an einem kritischen Punkt befindet, da Apothekenteams und Unternehmen unter extremem Druck stehen und viele Apotheken jetzt finanziell nicht tragfähig sind“, erklärt PSNC-Geschäftsführer Simon Dukes.
Angesichts der beispiellosen Herausforderungen strebt das PSNC darüber hinaus eine langfristige Aufstockung der gesamten Apothekenfinanzierung an. Im Moment liegt die vereinbarte Gesamtsumme für den Apothekensektor bei knapp 2,6 Milliarden Britischen Pfund pro Jahr.
Wie die britischen Apotheker mit der Krise umgehen
Wo die Apotheker in Großbritannien in Zeiten der Coronakrise sonst noch der Schuh drückt und was sie dagegen unternehmen, ist im COVID-19-Update des „Pharmaceutical Journal“ nachzulesen (Stand: 31. März 2020). DAZ.online hat einen Blick hineingeworfen.
- Nach der aktualisierten Standard Operating Procedure (SOP) für Offizinapotheken vom 22. März 2020 dürfen Apotheken „nach Ermessen des verantwortlichen Apothekers“ zeitweilig zumachen, wenn sie „erheblichem Druck“ ausgesetzt sind.
- Große Apothekenketten haben daraufhin angekündigt, ihre Öffnungszeiten zu verkürzen, um den Mitarbeitern mehr Zeit für die Vorbereitung der Rezepte zu geben und ihnen gewisse Ruhepausen einzuräumen. Die Apotheken von Rowlands und Lloyds in England, Schottland und Wales öffnen nun eine Stunde später um 10:00 Uhr. Einige machen auch früher zu und beide für eine Stunde zur Mittagszeit.
- In einem gemeinsamen Schreiben empfehlen verschiedene Apothekerorganisationen Apotheken, in denen die Zwei-Meter-Abstandregel wegen beengter Räumlichkeiten nicht eingehalten werden kann, die Apothekentüren für die Patienten zu schließen und diese nur noch kontrolliert einzulassen.
- Die Unterhändler der Apotheker haben Public Health England (PHE) aufgefordert, ihre Empfehlungen zur persönlichen Schutzausrüstung (PSA) dringend zu „überprüfen“. Diese trügen dem Risiko, dem die Apotheker ausgesetzt seien, nicht genügend Rechnung, so die Kritik.
- Nach der SOP von NHS England (Stand: 22. März 2020) soll die Schutzkleidung nur notwendig sein, wenn der Kontakt mit dem Kunden innerhalb eines Abstands von zwei Metern stattfindet. Für „Social Distancing“ seien viele Apotheken jedoch zu klein und die Pakete mit Schutzausrüstung, die die Apotheken bekommen haben, nicht ausreichend. Deshalb würden während der COVID-19-Pandemie weitere Lieferungen von Handschuhen, Masken und Schürzen benötigt.
- Der NHS hat einen Service eingerichtet, über den freiwillige Helfer für die Apotheken Medikamente an Patienten nach Haus liefern können. Sie werden dafür extra geschult. Das Ganze läuft über die „Good Sam App“. 750.000 Freiwillige haben sich dort schon gemeldet.
- Der General Pharmaceutical Council (GPhC) hat bereits mehr als 3300 Apotheker und 2900 Pharmazeutisch-technische Assistenten registriert, die in den letzten drei Jahren nicht mehr im Beruf gestanden haben und während der COVID-19-Pandemie aushelfen wollen. Das Center for Postgraduate Pharmacy Education (CPPE) bietet einen Online-Kurs für die Wiedereinesteiger an.
- Die Royal Pharmaceutical Society (RPS) hat an die Polizei geschrieben und um einen besseren Schutz des Apothekenpersonals während des COVID-19-Ausbruchs gebeten. In letzter Zeit war vermehrt über aggressives Auftreten von Kunden geklagt worden.
Anerkennung aus dem Königshaus
Und wer meint, dass die Apotheker für ihr Krisenmanagement in Corona-Zeiten nicht genügend Anerkennung erhalten, dem empfehlen wir, in diesen Tweet reinzuschauen: Am Donnerstagabend klatschten die Royals höchstselbst für die Gesundheitsberufe inklusive der Apotheker.
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