Neue Kooperation

Kippt zur Rose das OTC-Versandverbot in der Schweiz?

Remagen - 25.05.2020, 16:00 Uhr

Die Schweizer Versandapotheke Zur Rose stemmt sich weiter gegen das OTC-Versandverbot in der Schweiz und hat nun eine neue Kooperation begonnen. (s / Foto: dpa)

Die Schweizer Versandapotheke Zur Rose stemmt sich weiter gegen das OTC-Versandverbot in der Schweiz und hat nun eine neue Kooperation begonnen. (s / Foto: dpa)


Wird das OTC-Versandhandelsverbot in der Schweiz doch noch ausgehebelt – mit dem Coronavirus als „Räuberleiter“? Zur Rose versucht schon länger, die Regelung zu umgehen, bislang ohne Erfolg. Nun haben die Krankenversicherung KPT, der Telemedizin-Dienstleister medi24 und Zur Rose ein neues Paket geschnürt, das rechtssicher sein soll.

In der Schweiz dürfen nur Arzneimittel im Wege des Versandhandels geliefert werden, die von einem Arzt verschrieben wurden. Das gilt sowohl für Rx- als auch für OTC-Präparate. Sprich: ausgerechnet der Versandhandel mit den risikoärmeren nicht-rezeptpflichtigen Medikamenten ist verboten. Gerade in Zeiten von Corona stoße dieses Verbot vielerorts auf Unverständnis, berichtet das Schweizer Nachrichtenportal „nau.ch“.

Europa, deine Apotheken – Schweiz

Über den buntesten Apothekenmarkt Europas

„Konsumenten sollen frei wählen dürfen, ob sie Medikamente stationär oder online beziehen dürfen“, wird der Gesundheitsexperte Felix Schneuwly vom online-Vergleichsportal Comparis zitiert. Ein solches Gesetz, wie es in der Schweiz bestehe, schütze die Verbraucher keineswegs. Im Gegenteil: Es führe dazu, dass nicht rezeptpflichtige Medikamente online aus dem Ausland beschafft werden, meint Schneuwly.

Drei Partner

Nun lanciert die Krankenversicherung KPT laut „nau.ch“ vorübergehend einen neuen Online-OTC-Medikamentenservice. Er soll bis Ende Juni 2020 befristet sein. Hintergrund ist die Coronakrise. Gerade in Zeiten von Corona falle der Gang in die Apotheke schwer. Zu groß sei die Angst vor einer möglichen Ansteckung, so die Begründung. Für das Modell arbeitet die KPT mit zwei Partnern zusammen. Einer ist der Telemedizin-Provider medi24, der andere die Versandapotheke Zur Rose. Medi24, laut eigenen Angaben „Schweizer Pionier in Telemedizin“, ist ein Kompetenzzentrum mit Status einer Schweizer Arztpraxis. Es beschäftigt ein interdisziplinäres Team von über 120 Fachpersonen, darunter Ärzte und Pflegefachpersonal, die rund um die Uhr telemedizinische Sofort-Beratung oder auch Online-Beratung anbieten.

Wie der neue Online-Service funktioniert

Im ersten Schritt nimmt der Kunde über ein Formular, das medi24 auf seiner Webseite zur Verfügung stellt, mit dem Telemedizinanbieter Kontakt auf. „Nach dem Ausfüllen des kurzen Onlineformulars klärt das telemedizinische Beratungszentrum Medi24 die Bedürfnisse der Kunden ab und verschreibt (falls indiziert) das passende Medikament“, erklärt Mediensprecher Beni Meier. Daraufhin liefere die Versandapotheke Zur Rose das Produkt bequem und sicher bis vor die Haustür.

Antrag auf Ausnahmegenehmigung abgelehnt

Der Versandhändler hatte erst kürzlich einen ähnlichen Vorstoß gewagt und wollte mit Blick auf die Coronakrise eine befristete Ausnahmegenehmigung für den Versand rezeptfreier Notfall-, Erkältungs- und Grippearzneimittel erwirken. Als Begründung hatte Zur Rose unter anderem die Entlastung stationärer Apotheken und deren exponierten Personals angeführt. Zudem stellten Versandapotheken für Menschen, die in Quarantäne sind, und alle Gefährdeten eine unkomplizierte, rasche und sichere Versorgung sicher. Die Ausnahme sollte gelten, solange die Schweizer COVID-19-Verordnung in Kraft ist. Offenbar hatte Zur Rose mit dem Antrag aber eine Bauchlandung erlitten, wie „nau.ch“ jetzt wissen lässt.

 

Der DocMorris-Mutterkonzern hatte im Übrigen schon vor fünf Jahren versucht, das schweizerische OTC-Versandverbot auszuhebeln. Die damalige Idee: Die Kunden sollten im Internet einen Fragebogen ausfüllen, um das gewünschte Arzneimittel zu erhalten. Das Bundesgericht hatte diesen Trick jedoch verboten und geltend gemacht, dass das Heilmittelgesetz beim Versand von rezeptfreien Medikamenten eine vorgängige ärztliche Verschreibung verlange. Diese Verschreibung setze voraus, dass der Arzt den Patienten und seinen Gesundheitszustand auch kenne. Ein Gesundheitsfragebogen und die bloße Möglichkeit zur Kontaktaufnahme reichten hierfür nicht aus. 

Das Verfahren ist allerdings bis heute nicht komplett beendet: Erst kürzlich wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft gegen Zur Rose-Chef Walter Oberhänsli Anklage erhoben hat. Unter anderem geht es um ein ehemaliges OTC-Versorgungsmodell von Zur Rose.

Modell mit Zukunftspotenzial?

Nun wird aber doch noch mal aufgesattelt: Dank des Zwischenschritts über die Telemedizin sei der neue OTC-Lieferdienst Dienst gesetzeskonform, versichert medi24-Pressesprecher Meier. Man glaube auch an das Zukunftspotenzial des Konzepts. Nach Auslaufen des Online-Medikamentenservices Ende Juni 2020 werde die KPT gemeinsam mit ihren Partnern prüfen, ob er weiterbestehen soll.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.