Umfrageergebnis

Coronakrise führt zu deutlich mehr Apotheken-Botendiensten

Stuttgart - 02.06.2020, 09:00 Uhr

Einer aktuellen Erhebung zufolge haben viele Apotheken die Zahl ihrer Botendienst-Auslieferungen massiv erhöht. (x / Foto: imago images / Peters)

Einer aktuellen Erhebung zufolge haben viele Apotheken die Zahl ihrer Botendienst-Auslieferungen massiv erhöht. (x / Foto: imago images / Peters)


Schon zu Beginn des Lockdowns wurde prophezeit, dass mit einem Online-Boom zu rechnen ist. Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEVH) konnte mit einer Verbraucherbefragung belegen, dass die Umsätze im Online-Handel seit März steigen – und zwar bei Produkten des täglichen Bedarfs sowie Arzneimitteln. Wie leistungsfähig die Apotheken ungeachtet dessen ihren „Same-Day-Delivery“ per Botendienst umsetzen, hat Dr. Hagen Sexauer vom Marktforschungsunternehmen bench-breaking.com untersucht. Demnach hat fast jeder zehnte Betrieb die Auslieferungen um mindestens 50 bis 100 Prozent gesteigert.

Mit der Änderung der Apothekenbetriebsordnung im vergangenen Jahr hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Servicedienstleistung der Apotheken – zumindest auf dem Papier – in die Gegenwart transformiert. Seitdem kann der Botendienst nicht mehr nur im „Einzelfall“, sondern als Regelleistung auf Kundenwunsch erfolgen. Die neue Definition war in den meisten Apotheken sicher schon immer gang und gäbe. Man könnte meinen, dass die Coronavirus-Pandemie der wie gerufene Stresstest für die neuen Regeln ist. Denn seit der Lockdown-Phase ist die Nachfrage in der Bevölkerung nach Lieferservices deutlich gestiegen.

Das macht sich auch beim Apotheken-Botendienst bemerkbar. Dr. Hagen Sexauer vom Marktforschungsunternehmen bench-breaking.com hat per Umfrage die Situation in mehr als 200 Vor-Ort-Apotheken analysiert. Demnach liefern fast zwei Drittel aller Apotheken (61 Prozent) täglich zwischen 5 und 15 Arzneimittel an ihre Kunden aus – 12 Prozent sogar deutlich mehr als 40 Bestellungen pro Tag. Die Pandemie hat dazu geführt, dass fast jeder zehnte Betrieb die Auslieferungen um mindestens 50 bis 100 Prozent steigerte. 85 Prozent der Befragten gaben an, sie könnten sich vorstellen, sich künftig an eine Bestellplattform anzuschließen, um ihre Umsätze im Wettbewerb gegen Versandapotheken zu sichern.

Apotheker sind gegenüber Plattform-Lösungen offen

Genug Kapazitäten sind offensichtlich in den Betrieben dafür vorhanden: Selbst bei einer sofortigen Verdoppelung des Bestellvolumens könnten 81 Prozent der Apotheken diese deutlich erhöhte Nachfrage sofort bedienen. Dabei sind die Apotheker den bereits im Markt befindlichen und angekündigten Plattform-Lösungen sehr offen. 57 Prozent der Apotheken würden einer – künftig zu startenden – Plattform der Initiative „Pro AvO“ beitreten („Zukunftspakt Apotheke“: 50 Prozent), aber nur jede zehnte (9 Prozent) einer von DocMorris. Die Mehrheit (80 Prozent) könnte sich vorstellen, bei mehreren Plattformen gleichzeitig Mitglied zu sein, und 83 Prozent würden sich wünschen, den eigenen Botendienst weiterhin dafür einsetzen zu dürfen.

Lang anhaltender Online-Boom wird erwartet

Der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEVH) hatte kürzlich die Ergebnisse einer Verbraucherbefragung veröffentlicht, die zeigen, dass die Online-Umsätze im März 2020 im Vergleich zum Vorjahr signifikant angestiegen sind – und zwar bei Produkten des täglichen Bedarfs wie Drogeriewaren (plus 30 Prozent), Lebensmittel (plus 55 Prozent) sowie Arzneimittel (plus 88 Prozent). Gerade die Sortimente also, die in der Lockdown-Phase auch im stationären Handel (und den Apotheken) erhältlich gewesen wären. 

Ganz anders sah das Ergebnis im März aus für die Versender von Unterhaltungselektronik (minus 20 Prozent), Bekleidung (minus 35 Prozent) sowie bei der Buchung von Reisen, Veranstaltungen und Flügen (minus 75 Prozent). Ein Trend, der nach wie vor anhält, und die Prophezeiung von Branchenkennern bestätigt, die schon zu Beginn der Lockdown-Phase spekuliert hatten, dass – unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung im Land und weltweit – mit einem lang anhaltenden Online-Boom zu rechnen ist.

Mehr zum Thema

Interview mit Andreas Riemann, Commerzbank-Analyst

Amazon im Apothekenmarkt? Unwahrscheinlich!

Auch Commerzbank geht von Wachstum aus

Auch im Bankensektor sieht man, dass der Online-Handel gestärkt aus der Coronakrise hervorgehen könnte. Im Interview mit DAZ.online hatte Commerzbank-Analyst Andreas Riemann kürzlich allerdings erklärt, dass die derzeitigen Wachstumszahlen der Shop Apotheke nur schwer aufrecht zu erhalten seien. Die Shop Apotheke hatte im ersten Quartal ein Umsatzplus von mehr als 30 Prozent hingelegt. Im Rx-Segment wuchs der Umsatz um 23 Prozent.



Dr. Armin Edalat, Apotheker, Chefredakteur DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.