Gilead beantragt EMA-Zulassung

Remdesivir bald in Europa?

Stuttgart - 09.06.2020, 13:30 Uhr

Nach Zulassungen in den USA und in Japan hat Gilead auch in Europa die Zulassung für Remdesivir bei COVID-19 beantragt. (m / Foto: felipecaparros / stock.adobe.com)

Nach Zulassungen in den USA und in Japan hat Gilead auch in Europa die Zulassung für Remdesivir bei COVID-19 beantragt. (m / Foto: felipecaparros / stock.adobe.com)


Remdesivir: Wirkt es oder nicht?

In der Tat ist die Datenlage zu Remdesivir nicht eindeutig. Basis für die EUA (Emergency Use Authorization) in den USA und das im Mai abgeschlossene Rolling-Review-Verfahren der EMA war eine Zwischenauswertung der NIAID-ACTT-Studie aus den Vereinigten Staaten. Remdesivir verkürzte dort die Krankheitsdauer und lieferte Hinweise auf eine Mortalitätssenkung. Hingegen: In einer doppelblinden, placebokontrollierten, multizentrischen Studie aus China mit 237 schwerkranken COVID-19-Patienten verbesserte intravenös verabreichtes Remdesivir im Vergleich zu Placebo weder die Zeit bis zur klinischen Besserung noch die Mortalität oder die Zeit bis zum Abklingen der Infektion signifikant.

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In die fortlaufende Überprüfung von Remdesivir flossen auch Daten des Remdesivir-Härtefallprogramms (Compassionate Use) ein. Denn auch wenn Remdesivir in Europa derzeit nicht zugelassen ist, besteht auch aktuell schon die Möglichkeit, dass COVID-19-Patienten das ursprünglich gegen Ebola entwickelte Präparat im Rahmen von Studien oder Härtefallprogrammen erhalten. Mitte Mai wurde das Compassionate-Use-Programm ausgeweitet, seitdem steht Remdesivir noch mehr Coronapatienten zur Verfügung.

Wie wirkt Remdesivir?

Remdesivir zählt zu den Virostatika. Der Arzneistoff hemmt die Vermehrung bestimmter Viren – unter anderem Ebola- und Coronaviren –, indem Remdesivir das für die Vermehrung erforderliche Enzym, die virale RNA-Polymerase, blockiert. In SARS-CoV-2 liegt die Erbinformation – anders als beim Menschen – in Form von Ribonukleinsäure (RNA) vor. Bei der RNA handelt es sich um eine lange Zucker-Phosphat-Kette, an die einzelne Nukleinbasen – nämlich Adenin, Cytosin, Guanin und Uracil – angeknüpft sind (siehe Abb.). Als Zuckerbaustein nutzt die RNA Ribose, daher auch der Name Ribonukleinsäure.

Will sich ein Virus vermehren, muss es zunächst seine Erbinformation für die Nachfolgegeneration verdoppeln, dabei hilft die viruseigene RNA-Polymerase. Sie nutzt die vorhandene RNA als Vorlage und knüpft eine neue Kette, wieder bestehend aus Zucker-Phosphat und daran angehängt Adenin, Cytosin, Guanin oder Uracil. Remdesivir ähnelt der Nukleinbase Adenin und wird so als „falscher“ Baustein in die neue RNA des „Virus-Nachkommens“ eingebaut. Die Folge: Die RNA- und folglich die Virus-Vermehrung ist gestört.

Verknüpfung der Nukleinbasen (C, G, A und U) über ein Zucker- (grau) und Phosphatrückgrat (türkis) zur RNA | Bild: Sponk 

Auch der Sicherheitsausschuss (PRAC) der EMA und der Ausschuss für Kinderarzneimittel (PDCO) beschäftigen sich mit Remdesivir. Der PRAC werde die Sicherheitsdaten für Remedesivir weiterhin zügig auswerten, um potenzielle Sicherheitsbedenken in Bezug auf das Medikament umgehend zu erkennen und zu beseitigen, heißt es seitens der EMA. Der PDCO gab bereits seine Stellungnahme zum pädiatrischen Prüfkonzept (PIP) von Gilead ab. Dort wird beschrieben, wie das Arzneimittel für die Anwendung bei Kindern entwickelt und untersucht werden sollte.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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