Mangelhafte Bioäquivalenzstudien aus Indien

Zulassungen für Celecoxib axcount 100 mg und 200 mg Hartkapseln ruhen

Remagen - 19.06.2020, 09:00 Uhr

Das BfArM hat das Ruhen von Zulassungen für zwei Celecoxib-Generika angeordnet. (Foto: BfArM)

Das BfArM hat das Ruhen von Zulassungen für zwei Celecoxib-Generika angeordnet. (Foto: BfArM)


Als „Spätfolge“ eines EU-Risikobewertungsverfahrens, das schon ein bisschen zurückliegt, hat es jetzt noch mal zwei Celecoxib-Generika „erwischt“. Damals waren die Zulassungen zahlreicher Nachahmerpräparate wegen vermutlich mangelhafter Bioäquivalenzstudien ausgesetzt worden. Die Studien waren bei dem indischen Auftragsforschungsunternehmen Semler durchgeführt worden.

Zur Abwehr von Arzneimittelrisiken hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) per Bescheid vom 15. Juni 2020 mit sofortiger Wirkung das Ruhen der Zulassung für die Arzneimittel Celecoxib axcount 100 mg Hartkapseln, Zulassungsnummer 94154.00.00 und Celecoxib axcount 200 mg Hartkapseln, Zulassungsnummer 94155.00.00 angeordnet.

Die Axcount Generika GmbH mit Sitz in Friedrichsdorf im Taunus vertreibt generische Arzneimittel und ist seit dem 1. April 2013 eine Tochtergesellschaft der Bristol Laboratories Ltd., England.

Ausweislich des BfArM-Bescheides waren die zwei Arzneimittel erst mit Bescheiden vom 10. Juni 2020 zugelassen worden. Die Anordnung ist vorläufig befristet bis zum 15. Juni 2022. Die Arzneimittel dürfen damit nicht in den Verkehr gebracht und nicht in den Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes verbracht werden. Das gilt auch, wenn das Unternehmen dagegen klagt, denn die Anfechtungsklage hat keine aufschiebende Wirkung.

Umsetzung eines EU-Durchführungsbeschlusses

Das BfArM begründet die Maßnahme mit der Umsetzung eines Durchführungsbeschlusses der Kommission vom 22. September 2016  (C(2016)6235). Der Grund liegt also schon eine Weile zurück, wirkt aber offenbar immer noch nach. Mit dem Beschluss war ein EU-Risikobewertungsverfahren beendet worden, in dem es um mutmaßlich mangelhafte Bioäquivalenzstudien ging. Diese waren an zwei Standorten von Semler Research Center (SRC) Private Ltd. in Indien durchgeführt worden waren. Das indische Auftragsforschungsunternehmen war international ins Zwielicht geraten, nachdem sowohl die US-FDA als auch die WHO dort GLP- und GCP-Verstöße bei der Durchführung klinischer Studien aufgedeckt hatten.

Mangelhafte Bioäquivalenzstudien

Die Europäische Arzneimittel-Agentur hatte auf die alarmierenden Ergebnisse zeitnah reagiert und auf Ersuchen der Arzneimittel-Agenturen aus Dänemark, Deutschland, den Niederlanden, Spanien sowie Großbritannien einen Review auf der Basis eines sogenannten Artikel-31-Referrals gestartet. Da die Feststellungen der FDA- und WHO-Inspektoren gravierende Bedenken in Bezug auf die Eignung des Qualitätsmanagementsystems in den Standorten JP Nagar und Sakar Nagar von Semler aufkommen ließen, wurden die Daten aller Bioäquivalenzstudien, die dort durchgeführt und für generische Zulassungen eingereicht worden waren, als unzuverlässig betrachtet. Damit war die Bioäquivalenz für diese Produkte nicht erwiesen. Im Rahmen der Untersuchung, welche Arzneimittel in der EU konkret von den Manipulationen betroffen waren, wurden für die Kombination Abacavir/Lamivudin alternative Studien vorgelegt. Die betreffenden Arzneimittel waren hierdurch in dem Verfahren aus dem Schneider. 

Als Konsequenz weist der Durchführungsbeschluss der Europäischen Kommission vom 22. September 2016 neben den wissenschaftlichen Schlussfolgerungen (Anhang II) in zwei gesonderten Anhängen diejenigen Arzneimittel aus, deren nationale Zulassungen die Mitgliedstaaten aufrecht erhalten sollten (Anhang IA, Generika mit Abacavir/Lamivudin) sowie diejenigen, für die die Zulassungen ausgesetzt werden sollten (Anhang IB, zahlreiche Generika zu rund 15 Wirkstoffen, darunter auch Celecoxib). 

Die Anordnung des Ruhens der Zulassungen ist nicht in Stein gemeißelt. Sobald ein Unternehmen valide Bioäquivalenzstudien vorlegen kann, die den europäischen Anforderungen genügen, kann die Aussetzung der Zulassungen wieder aufgehoben werden.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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