Erstes Arzneimittel gegen COVID-19

USA horten Remdesivir – was sagt die Bundesregierung?

Stuttgart - 02.07.2020, 07:00 Uhr

Die USA sichern sich eine halbe Million Behandlungen mit Remdesivir. Was bleibt für andere Länder? (s / Foto: imago images / Christian Ohde)

Die USA sichern sich eine halbe Million Behandlungen mit Remdesivir. Was bleibt für andere Länder? (s / Foto: imago images / Christian Ohde)


Die Vereinigten Staaten decken sich mit Remdesivir ein. Medienberichten zufolge sollen die USA einen Großteil der bis September geplanten Dosen gesichert haben. Die Bundesregierung gibt sich jedoch optimistisch, dass Gilead seine Lieferzusagen für Deutschland einhält. Bislang ist Remdesivir (Veklury) in der EU nicht zugelassen, das CHMP empfahl letzte Woche die bedingte Zulassung des ersten Arzneimittels gegen COVID-19.

America first, das dachten sich die Vereinigten Staaten Medienberichten zufolge auch beim ersten Arzneimittel gegen Corona: Die US-Regierung hat sich laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) einen Großteil der bis September anvisierten Produktionsmenge an Remdesivir gesichert. Es gebe eine entsprechende Vereinbarung mit Gilead, dem Hersteller von Remdesivir, die laut US-Gesundheitsministerium den Erwerb von Remdesivir-Dosen für mehr als 500.000 Behandlungen vorsieht. Das entspreche 100 Prozent der geplanten Produktionsmenge für Juli sowie jeweils 90 Prozent für August und September.

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Ob durch die Vereinbarung mit den USA die Versorgung in Europa gefährdet sei, wollte sich ein Gilead-Sprecher auf Anfrage der dpa am Mittwoch nicht äußern. Zitiert wird jedoch die Aussage eines Pharma-Experte von der britischen Universität Liverpool, Andrew Hill, der dem „Guardian“ zufolge sagte: „Sie (die USA) haben Zugriff auf einen Großteil des Medikaments, also bleibt nichts für Europa.“

Wie die dpa schreibt, vereinbarte Gilead nach eigenen Angaben mit der US-Regierung, dass nicht zugeteilte Teile der Produktion „für andere Verwendungszwecke, auch für Länder außerhalb der Vereinigten Staaten, bereitgestellt werden können“. Dazu werde man die Bedarfsmeldungen der Krankenhäuser engmaschig beobachten und alle zwei Wochen evaluieren, hieß es weiter.

Bundesregierung rechnet nicht mit Engpass bei Corona-Mittel Remdesivir

Die Bundesregierung gibt sich optimistisch. Sie rechnet trotz des „Groß-Einkaufs der USA nicht mit einem Engpass beim Corona-Mittel Remdesivir“. Man habe sich das Medikament frühzeitig für die Therapie von Corona-Patienten gesichert, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums am gestrigen Mittwoch. Derzeit gebe es genügend Reserven. Mit der erwarteten Zulassung des Mittels für den europäischen Markt sei zudem die Verpflichtung für den Hersteller verbunden, „in angemessenem Umfang zu liefern“. Man gehe davon aus, dass die Firma dieser Verpflichtung nachkommen werde.

CHMP empfiehlt bedingte Zulassung

Noch ist Remdesivir in der EU nicht zugelassen. Jedoch wird der Entscheid der Europäischen Kommission hierzu täglich erwartet, nachdem der Humanarzneimittelausschus (CHMP) der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA in der vergangenen Woche die „bedingte Zulassung“ des ersten Corona-Arzneimittels empfahl. Handelsname soll Veklury sein. Nach Rat der EMA soll das erste Corona-Arzneimittel bei Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren eingesetzt werden, wenn diese an einer SARS-CoV-2-bedingten Lungenentzündung mit zusätzlichem Sauerstoffbedarf leiden. 

Die Prüfung von Remdesivir erfolgte ungewöhnlich rasch. Erst am 5. Juni hatte Gilead den Zulassungsantrag zu Remdesivir eingereicht. Dass es nun so schnell ging, liegt an der Vorarbeit des CHMP. Der Humanarzneimittelausschuss hatte bereits am 30. April ein Rolling Review gestartet. Das Rolling-Review-Verfahren ist ein Regulierungsinstrument, das die EMA nutzen kann, um Daten zu einem vielversprechenden Arzneimittel bei Notfällen im Bereich der öffentlichen Gesundheit, wie beispielsweise einer Pandemie, zu bewerten, sobald sie verfügbar sind. Somit beschäftigte sich der CHMP mit der Bewertung von Daten zu Qualität und Herstellung, nicht-klinischen Daten, vorläufigen klinischen Daten und unterstützenden Sicherheitsdaten aus „Compassionate Use“-Programmen.

Zulassung trotz weniger Daten

Remdesivir wird „nur“ für eine bedingte Zulassung empfohlen. Diese Art der Zulassung ermöglicht es der EMA, ein Arzneimittel trotz weniger Daten als üblicherweise für eine Zulassung erforderlich, verfügbar zu machen. Bedingung ist, dass der Nutzen einer sofortigen Verfügbarkeit des Arzneimittels das Risiko überwiegt, dass noch nicht alle Daten verfügbar sind. Man will mit diesem Regulierungsinstrument rasch auf einen ungedeckten medizinischen Bedarf, auch in Notfallsituationen, zum Beispiel Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit wie die aktuelle Pandemie, reagieren.

2.000 Euro pro Behandlung

Gerade erst hatte Gilead den Preis von Remdesivir für den US-Markt festgesetzt. Eine fünftägige Behandlung mit Remdesivir werde bei Bestellung durch die US-Regierung 2.340 Dollar (etwa 2.000 Euro) pro Patient kosten. Dieser Nettobetrag sei auch für Deutschland geplant, hatte der Sprecher von Gilead in Deutschland, Martin Flörkemeier, am Dienstag gesagt.



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