TI im Stresstest

Ärzte und Gematik streiten um Konnektoren

Dresden - 13.07.2020, 11:30 Uhr

Ärger in den Arztpraxen: Durch einen Fehler in der TI konnten viele Konnektoren sich nicht mehr einwählen. Die hier abgebildete Kocobox war als einzige nicht davon betroffen. (s / Foto: DAZ / Schelbert)

Ärger in den Arztpraxen: Durch einen Fehler in der TI konnten viele Konnektoren sich nicht mehr einwählen. Die hier abgebildete Kocobox war als einzige nicht davon betroffen. (s / Foto: DAZ / Schelbert)


Ärzte fordern Schadenersatz

Eigentlich sind die Praxen gesetzlich dazu verpflichtet, die Daten des Patienten auf seiner Gesundheitskarte jedes Mal auf Aktualität zu überprüfen, wenn der Versicherte in der Praxis erscheint. Die Regelung ist sanktionsbewehrt. Nur durch ein Update und mithilfe eines Technikers ließ sich das Problem beheben. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) forderte daraufhin einen Notfallplan für einen TI-Ausfall. Zudem dürften den Ärzten durch die Panne keinerlei Kosten entstehen.

Gematik müsste Schaden aus GKV-Geldern bezahlen

Das „Handelsblatt“ titelte dazu in der vergangenen Woche: „Streit über möglichen Millionenschaden spitzt sich zu“. Inzwischen seien die ausgeknockten Konnektoren aktualisiert worden und die Störungen zumindest in Teilen behoben. Im Hintergrund beginne nun jedoch der Streit, wer für den Schaden aufkommen muss. Grund dafür sei „die komplexe Vertragsstruktur zwischen der Gematik, der mehrheitlich in Bundesbesitz befindlichen Gesellschaft, die für den Aufbau der TI verantwortlich ist; der Bertelsmann-Tochter Arvato, Betreiber der zentralen TI; den Ärzten und IT-Dienstleistern. Dokumente, die dem Handelsblatt vorliegen, zeigen nun, dass langwierige Rechtsstreitigkeiten drohen. Ärzte und IT-Dienstleister befürchten, auf dem Schaden sitzen zu bleiben“, so die Zeitung. Weiter heißt es in dem Bericht: „Müsste die Gematik für den Schaden aufkommen, wäre das pikant, denn sie ist durch Gelder der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert.“

Auf Nachfrage von DAZ.online verwies die Pressestelle der Gematik auf ihr Fragen-Antwort-Papier zu „zentralen Fragen“. Darin heißt es: „Zur Behebung der aktuellen Störung können die betroffenen Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten auf die bestehenden Vertragsbeziehungen zu den IT-Servicepartnern zurückgreifen. Sie wurden mit der Installation und dem Betrieb der für den Anschluss an die Telematikinfrastruktur erforderlichen Komponenten und Dienste beauftragt. Die IT-Servicepartner erhalten hierfür von den Leistungserbringern eine monatliche Vergütung. Diese in den bestehenden Finanzierungsvereinbarungen zwischen der Kassenärztlichen beziehungsweise Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KBV/KZBV) und dem GKV-Spitzenverband geregelte Betriebskostenpauschale beinhaltet auch den ,Betrieb des Konnektors, inklusive Wartung, Support, Updates und Konfiguration‘ und somit die Verpflichtung des IT-Servicepartners gegenüber den Leistungserbringern zur Behebung der Störung.“

Kann die Gematik die Ärzte überhaupt entlasten?

Allerdings war es gerade ein IT-Dienstleister, der kürzlich dieses Vorgehen infrage stellte. Nach Auffassung des Deutschen Gesundheitsnetzes (DGN) könne die Gematik „weder juristisch noch vertraglich die Arztpraxen von möglichen Kosten der Dienstleister vor Ort freistellen – außer sie erteilt einen rechtlich bindenden Auftrag“. Die Gematik sei verantwortlicher Betreiber der zentralen Dienste und habe keinerlei vertragliche Bindung zu den IT-Dienstleistern vor Ort.

Wenn es um die TI geht, ist die Stimmung unter den niedergelassenen Ärzten folglich derzeit nicht die beste. Wie der in Hamburg erscheinende Ärztenachrichtendienst berichtet, gibt es von Vertragsärzten aus Baden-Württemberg inzwischen sogar Rücktrittsforderungen in Richtung der KBV. Den Informationen zufolge haben der Hausärzteverband und der Medi-Verbund den Rücktritt des KBV-Vorstands gefordert, die Vertreterversammlung der KV habe „mit überwältigender Mehrheit“ zugestimmt. Der Vorwurf: die KBV-Spitze ignoriere beim Thema TI die Interessen der Vertragsärzte.



Anja Köhler, Freie Journalistin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


1 Kommentar

Parallelen zu Securpharm?

von A. Fischer am 13.07.2020 um 15:15 Uhr

Wenn die TI-Infrastruktur so zuverlässig ist, wie der Securpharm Server, dann wünsche ich allen Kolleg*innen eine Gute Nacht!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.