Depotspritze Inclisiran kurz vor Zulassung

Cholesterinsenkung bald halbjährlich statt täglich?

Stuttgart - 03.08.2020, 10:30 Uhr

Inclisiran, eine halbjährliche Depotspritze zur LDL-Cholesterinsenkung, steht kurz vor der Zulassung. (m / Foto: nobeastsofierce / stock.adobe.com)

Inclisiran, eine halbjährliche Depotspritze zur LDL-Cholesterinsenkung, steht kurz vor der Zulassung. (m / Foto: nobeastsofierce / stock.adobe.com)


Bei einigen Patienten reicht häufig eine Statin-Therapie nicht aus, um ihre Cholesterol-Werte hinreichend zu senken. Hier könnte bald der neue Wirkstoff Inclisiran als Therapiezusatz eingesetzt werden. In drei Phase-III-Studien konnte gezeigt werden, dass der Wirkstoff die LDL-Cholesterol-Werte schon bei halbjähriger Anwendung um bis zu 50 Prozent senken kann.

Hohe LDL(low-density lipoprotein)-Cholesterol-Level und damit verbundene Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache weltweit. Mehr als 30 Millionen Menschen leiden unter der angeborenen Fettstoffwechselstörung „heterozygote familiäre Hypercholesterinämie“ (HeFH). Die Krankheit ist durch erhöhte Cholesterol-Level und ein dadurch erhöhtes Risiko für frühzeitige Folgeerkrankungen (z. B. koronare Herzkrankheit) charakterisiert. Die Senkung der LDL-Cholesterol-Level ist somit der Angriffspunkt jeder Therapie. Eine First-Line-Therapie mit Statinen wird dabei häufig durch zusätzliche Arzneimittel wie Ezetimib (z. B. Ezetrol®) unterstützt. Wird mit diesen Wirkstoffen keine ausreichende Senkung der LDL-Cholesterol-Werte erreicht, können PCSK9-Inhibitoren wie Evolocumab (Repatha®) als Reservemittel eingesetzt werden.

Inclisiran – ein RNAi Therapeutikum

Inclisiran enthält eine siRNA (engl. small interfering RNA), die die Synthese von PCSK9 in der Leber inhibiert. Mittels den an die siRNA gekoppelten N-Acetylgalactosamin-Kohlenhydraten wird Inclisiran in die Leber aufgenommen. Dort bindet die siRNA an den RNA-induced silencing complex (RISC) im Zytoplasma der Leberzellen. Dieser Komplex spaltet spezifisch mRNA, die für die Transkription von PCSK9 notwendig ist.

Als Antikörper bindet er selektiv an die Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9 (PCSK9) und verhindert so, dass zirkulierendes PCSK9 an den LDL-Rezeptor auf der Leberzelloberfläche bindet. Dadurch wird der PCSK9-vermittelte Abbau des LDL-Rezeptors verhindert, mehr LDL wird in die Leber aufgenommen, und die LDL-Cholesterol-Spiegel im Serum sinken.

Inclisiran im Test

Anders als die bisherigen Substanzen blockiert Inclisiran den PCSK9-Rezeptor nicht direkt, sondern der Wirkstoff beruht auf dem Prinzip der RNA-Interferenz und stellt damit eines der ersten Arzneimittel dieser Klasse dar (siehe Kasten). Nach drei kürzlich veröffentlichen klinischen Phase-III-Studien steht Inclisiran nun kurz vor der Zulassung. In den drei randomisierten Doppelblindstudien ORION 9-11 wurde Inclisiran an erwachsenen Probanden getestet, die unter Erkrankungen mit LDL-Cholesterol-Werten über 100 mg/dl litten und bereits eine maximal tolerierbare Dosis einer lipidsenkenden Therapie (z. B. Statine) erhielten. In allen drei Studien wurden 284 mg Inclisiran subcutan in zwei Startdosen und anschließend alle sechs Monate verabreicht. Insgesamt liefen die Studien über einen Zeitraum von 540 Tagen.

LDL-Senkung um 50 Prozent

In der ORION-9-Studie wurde die lipidsenkende Wirkung von Inclisiran bei HeFH-Patienten untersucht. 482 erwachsene Probanden bekamen den Wirkstoff oder ein Placebo subkutan injiziert. Die LDL-Cholesterol-Level konnten um bis zu 50 Prozent im Gegensatz zum Placebo gesenkt werden.

In den Studien ORION-10 und -11 wurde die Wirkung von Inclisiran bei Patienten mit Atherosklerose (ORION-10) oder einer Äquivalenzerkrankung mit erhöhtem Risiko für Atherosklerose, z. B. Diabetes mellitus Typ-2, (ORION-11) untersucht. Inclisiran bewirkte auch hier eine LDL-Cholesterol-Senkung um 52 Prozent bzw. 50 Prozent im Gegensatz zu Placebo. Insgesamt wurden 3.179 Patienten in die Studien eingeschlossen. Die Probanden kamen aus den USA (ORION-10) bzw. Europa und ­Südafrika (ORION-11).

Während der Injektion kam es in den Verumgruppen häufiger zu milden und moderaten Reaktionen. Der Behandlungserfolg und das akzeptable Sicherheitsprofil sprechen für einen baldigen Einsatz von Inclisiran. Durch die halbjährige Anwendung wird dem Wirkstoff zudem eine gute Adhärenz zugesprochen. Zum Vergleich: Die übrigen PCSK9-Hemmer müssen alle zwei bis vier Wochen injiziert werden.

Inclisiran wurde von dem US-Biotech-Unternehmen „The Medicine Company“ entwickelt, welches im November 2019 von Novartis für 9,7 Milliarden US-Dollar übernommen wurde. Die ­Zulassung des Wirkstoffes wird derzeit von den zuständigen Behörden in den USA und Europa geprüft.



Leonie Naßwetter, Apothekerin
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Inclisiran

von Günter Schneider am 07.08.2020 um 11:23 Uhr

Frage zu der Collesterin senkenden Arznei wann kommt die auf den Markt konnte die bis Jetzt Vertragen und die andere bekamm ich nicht auf Grund eines Gerichts Verfahren.

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