Anmerkung zu einem DLF-Beitrag

Chancen und Risiken einer differenzierten Apothekenhonorierung

Süsel - 06.08.2020, 07:00 Uhr

Apotheker Dr. Thomas Müller-Bohn warnt vor ungleichen Preise und Fehlanreizen bei einer gesonderten Vergütung von Versendern.  (x / Foto: arahan / Stock.adobe.com)

Apotheker Dr. Thomas Müller-Bohn warnt vor ungleichen Preise und Fehlanreizen bei einer gesonderten Vergütung von Versendern.  (x / Foto: arahan / Stock.adobe.com)


Ein Beitrag im Deutschlandfunk hat die Diskussion über Varianten für die Apothekenhonorierung angeheizt. Ein zentraler Aspekt dabei ist ein differenziertes Honorar für Vor-Ort-Apotheken und Versender. Diese Idee ist nicht neu, aber dabei drohen massive Folgeprobleme und mehr Schaden als Nutzen. Doch auch ein Konzept, das diese Probleme umgeht, hat DAZ-Redakteur Dr. Thomas Müller-Bohn schon vor zwei Jahren vorgestellt.

Ausgelöst durch einen Beitrag im Deutschlandfunk über „Apotheken in der Krise“ wird wieder einmal über mögliche Veränderungen der Apothekenhonorierung als Reaktion auf den Versandhandel diskutiert. Clemens Recker vom Institut für Wirtschaftspolitik an der Universität zu Köln hatte in dem Beitrag angeregt, die Vergütung für Versender zu senken. Denn diese hätten Größenvorteile.

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Bei einer kostenorientierten Honorierung erscheint das plausibel. Wenn die Versender beträchtliche Boni gewähren, signalisieren sie selbst, dass in ihrer Kalkulation noch „Luft“ ist. Das muss die Solidargemeinschaft nicht finanzieren. Hinzu kommt die geringere Leistung. Apotheken, die sich nicht an der flächendeckenden Akutversorgung beteiligen, könnten mit gutem Recht geringer honoriert werden.

Vorsicht: Ungleiche Preise und Fehlanreize

Allerdings hat dieser Ansatz wie jede differenzierte Honorierung zwei gewaltige Nachteile, die in der Diskussion bisher zu kurz gekommen sind: Erstens würde die von den Apothekern kritisierte Ungleichheit der Preise, die seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes von 2016 für ausländische Versender zulässig ist, damit zur Regel erhoben. Das wäre in höchstem Maße kontraproduktiv. Zweitens schaffen unterschiedliche Honorare Anreize auf der Nachfrageseite. Selbstzahler würden erst recht zu den Versendern getrieben und Krankenkassen gerieten in die Versuchung, ihre Versicherten zu den Versendern zu steuern, Makelverbot hin oder her. Im Ergebnis würde eine solche Honorierung den Vor-Ort-Apotheken durch den Anreizeffekt wohl mehr schaden als nutzen.

Lösungsansatz: Umweg über Fonds

Dennoch hat die Preisdifferenzierung einen beträchtlichen Charme und wäre weitere Überlegungen wert, wenn sich die beschriebenen Probleme umgehen ließen. Wie das möglich ist, hat der Verfasser dieser Anmerkung bereits vor etwa zwei Jahren mit einem Konzept für einen „fondsfinanzierten versorgungsformabhängigen Festzuschlag“ beschrieben. Diese Idee wurde im Beitrag „Zukunftsweisende Apothekenhonorierung – ein Vorschlag“ in der DAZ 2018, Nr. 17, S. 56-62 als „Honorarkomponente 7“ beschrieben. Die Darstellung ist auch im Buch „Neue Wege zur Apothekenhonorierung“ (Herausgeber Thomas Müller-Bohn, Deutscher Apotheker Verlag 2018) zu finden.

Neue Wege zur Apothekenhonorierung

Kritik und Alternativen zum Honorargutachten

2018 Deutscher Apotheker Verlag

Hier geht es zum genauen Inhalt des Buches und zum Shop.

Bei diesem Konzept zahlen die Krankenkassen den Festzuschlag nicht direkt an die Apotheken, sondern in einen Fonds. Dieser Fonds gibt das Geld an die Apotheken weiter, an Versender jedoch einen geringeren Betrag. Der Mechanismus ähnelt dem des Nacht- und Notdienstfonds. Dabei bleiben die einheitlichen Preise erhalten. Für die Krankenkassen hängt der Preis also nicht davon ab, von wem der Patient sein Arzneimittel erhält. Damit entfallen die Fehlanreize zur Steuerung der Patienten.

Vorteilhafte Anreizwirkung

Bei diesem Konzept sparen die Krankenkassen jedoch nicht. Bei etwa einem Prozent Marktanteil der Versender wäre die Ersparnis ohnehin gering. Stattdessen kann der Kostenvorteil der Versender für eine bessere Honorierung der Vor-Ort-Apotheken genutzt werden. Allerdings wäre auch dieser Effekt sehr gering. Der große Vorteil läge dagegen im verminderten Anreiz für die Versender. Wenn sich der Versand nicht lohnt, wird das bestehende Versorgungssystem der Vor-Ort-Apotheken geschützt - und das war doch die Aufgabenstellung.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Apothekenhonorierung?

von Heiko Barz am 06.08.2020 um 12:50 Uhr

Natürlich haben die beiden Kollegen Peter und Schreiner, wie wohl auch die meisten der Kollegen,recht. Der „Goldstandard“ ist und bleibt nun mal das von Spahn so unbeliebte RXVV!!
Wir wissen ja warum.
Das, was aber bei dieser Betrachtung und Bewertung des Apothekenhonorars fehlt, ist die Differenzierung unseres „Beratungshonorars“ im Spiegel der Inflation. Wo gibt es einen Berufsstand, der das 16 Jahre und wahrscheinlich auch noch viel länger mit sich machen läßt.
Die Vielfalt der lemigartigen Verbände, die sich stets uneins sind, spielen den KKassenverhandlern sehr leicht in die Hände.Und wenn es mit deren Argumenten zu eng wird, dann holen sie schnell das gabrielsche H2M Gutachten aus der Schublade und schon: still ruht der See.
Der ABDA liegen selbst genaue Bewertungen dieses Gutachten vor, die zu ganz anderen Ergebnissen führen. Der Autor dieses oben angedruckten Artikels hat sich dabei selbst beachtlich hervorgetan. Leider konnte Friedemann Sch. Mit diesen berufsspezifischen Zahlen wohl nichts anfangen, oder konnte und wollte er nicht? Das hat schon für die Deutschen Apotheker sowas wie „Dolchstoßlegenden“ Niveau.

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..

von Torben Schreiner am 06.08.2020 um 10:15 Uhr

Das RxVV wäre einfach auch die fairste Lösung. Aber hierzulande wird wiederholts Foulspiel von den Schiedsrichern belohnt, statts dass die rote Karte gezückt wird.

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.

von Anita Peter am 06.08.2020 um 7:46 Uhr

Auch nach dem x-ten Vorschlag von allen Seiten -> Die beste Lösung ist das RXVV.

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