4-Chloranilin in Paracetamol

Verunreinigung: EDQM sieht keinen Handlungsbedarf

Stuttgart - 17.08.2020, 07:00 Uhr

Paracetamol besitzt zwar chemisch eine einfache Struktur, aber keine Synthese verläuft ohne Nebenprodukte. Diese sind bei Paracetamol sehr ähnliche aromatische Verbindungen, die nur mit viel Aufwand vom eigentlichen Wirkstoff abzutrennen sind. (Foto: imago images / PPE)

Paracetamol besitzt zwar chemisch eine einfache Struktur, aber keine Synthese verläuft ohne Nebenprodukte. Diese sind bei Paracetamol sehr ähnliche aromatische Verbindungen, die nur mit viel Aufwand vom eigentlichen Wirkstoff abzutrennen sind. (Foto: imago images / PPE)


Verunreinigungen sind bei chemischen Reaktionen die Regel

Da die Sicherheit von Paracetamol nicht beeinträchtigt sei und die berichteten Ergebnisse nicht zeigten, dass 4-Chloranilin über dem international vereinbarten akzeptablen Grenzwert liegt, werden nun keine Maßnahmen bezüglich des betreffenden CEP ergriffen. Das hat das EDQM nun bekannt gegeben. Dabei spricht das EDQM vom CEP eines „spezifischen Herstellers“. Doch was ist mit den CEPs anderer Wirkstoffhersteller? Immerhin schreibt das EDQM selbst zur Erklärung, dass PCA eine bekannte Verunreinigung ist, die unter bestimmten Bedingungen im Herstellungsprozess entstehen kann. Das EDQM schreibt auch, dass PCA durch eine geeignete Kontrollstrategie entfernt oder begrenzt werden sollte. Außerdem heißt es in der DAZ 33/2020, dass PCA auch nachträglich – also nicht nur während der Synthese – gebildet werden kann. Und das nicht notwendigerweise nur im Wirkstoff, sondern auch im Fertigarzneimittel während der Lagerung. „Somit sind Wirkstoffhersteller wie auch Fertigarzneimittelhersteller gleichermaßen gefragt“, folgern die Autoren des DAZ-Artikels.

DAZ.online hat beim EDQM nachgehakt: Werden also – auch auf anderen Ebenen und von anderen Behörden – nun wirklich keine weiteren Untersuchungen oder Maßnahmen mehr ergriffen? Das EDQM antwortete:


Das EDQM überwacht die Situation. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt haben wir jedoch keine Verstöße gegen international vereinbarte akzeptable Werte für 4-Chloranilin festgestellt (vgl. ICH M7). Daher glauben wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht, dass weitere Maßnahmen notwendig sind.“

EDQM, Council of Europe


Angesprochen darauf, dass es auch Paracetamol frei von PCA geben soll, erklärt das EDQM zunächst allgemein, dass chemische Reaktionen in der Regel zur Bildung von Verunreinigungen führen, fügt aber an: „Dennoch steht es den Herstellern von paracetamolhaltigen Arzneimitteln selbstverständlich frei, einen Wirkstoff zu wählen, der aufgrund der Art seiner Synthese frei von PCA ist.“

Was sagen die Hersteller zu PCA in Paracetamol? DAZ.online fragte bei Sanofi nach, schließlich scheint dort der Paracetamol-Wirkstofflieferant von PCA-Verunreinigungen nicht betroffen zu sein. Wie lässt sich erklären, dass manche Wirkstoffhersteller die Verunreinigung in Kauf nehmen, obwohl sie vermeidbar ist – auch wenn Grenzwerte nicht überschritten werden? Vielleicht gibt es ja vernünftige Gründe? Andere Synthesewege, könnten etwa andere Verunreinigungen mit sich bringen? Immerhin gibt es eine Fülle von verfahrenstechnischen Patenten, die sich mit aufwendigen Reinigungsmethoden des Paracetamols beschäftigen.

Sanofi konnte oder wollte sich zu Fragen wie diesen nicht äußern. Das BfArM teilte DAZ.online am Freitag schließlich noch mit, dass die Hinweise der niederländischen Zulassungsbehörde vom 09.07.2020 auf europäischer Ebene zum Anlass genommen wurden, eine weitere Abstimmung und Überprüfung umgehend zu initiieren, die noch nicht abgeschlossen sei. Allerdings sollen sich auch keine Hinweise auf ein kritisches Potential ergeben haben.
In diesen Prozess sei das BfArM aktiv eingebunden, sowohl im CMDh als auch auf Ebene der EMA.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.