Todesfall in Bielefelder Klinik

Falsches Medikament verabreicht – was tun bei Opioidvergiftung?

Berlin - 27.08.2020, 16:45 Uhr

Bei Methadon handelt es sich um ein Racemat. Analgetisch wirksam ist nur das (R)-(-)-Enantiomer (Levomethadon). (Abb.: DAZ)

Bei Methadon handelt es sich um ein Racemat. Analgetisch wirksam ist nur das (R)-(-)-Enantiomer (Levomethadon). (Abb.: DAZ)


Levomethadon zur Schmerztherapie

Methadon ist ein künstlich hergestellter Vertreter dieser Wirkstoffgruppe, der zudem bei der Substitutionstherapie Drogenabhängiger zum Einsatz kommt. Es handelt sich dabei um ein Racemat. Wirksam ist das (R)-(-)-Enantiomer, auch Levomethadon genannt. Die (S)-(+)-Form besitzt laut Mutschler so gut wie keine analgetische Wirksamkeit, ist aber für bestimmte unerwünschte Effekte wie eine mögliche Verlängerung der QT-Zeit verantwortlich. Für die Schmerztherapie ist in Deutschland nur Levomethadon zugelassen. Es ist etwa viermal so stark und auch länger wirksam als Morphin, Abstinenzerscheinungen entwickeln sich dagegen langsamer und weniger stark. Levomethadon besitzt eine orale Bioverfügbarkeit von etwa 80 Prozent, sodass neben der Infusionslösung auch Tropfen in Deutschland im Handel sind. Die Halbwertszeit ist individuell sehr variabel und beträgt zwischen 20 und 60 Stunden, in Einzelfällen sogar bis zu 100 Stunden.

Bei einer akuten Opioidvergiftung kommt es zu einem tiefen Koma mit oberflächlicher bis fast fehlender Atmung. Die Pupillen verengen sich maximal. Zudem können ein Abfall der Körpertemperatur und eine durch den Sauerstoffmangel verursachte Zyanose auftreten. Der Tod erfolgt meist durch Atemlähmung.

Naloxon verabreichen – aber richtig!

Bei der Behandlung von Patienten mit einer Opioid-Intoxikation steht die Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen – vor allem der Atmung – im Vordergrund. Neben künstlicher Beatmung ist die Gabe des Opioid-Antagonisten Naloxon indiziert. Als reiner Antagonist hebt das Mittel die Wirkung von Opioiden auf, da es mit hoher Affinität an Opioidrezeptoren bindet, dort aber keinen Effekt auslöst.

Die Dosierung beträgt initial 0,4 bis 2 mg intravenös, intramuskulär oder subkutan. Falls erforderlich, kann die Gabe alle zwei bis drei Minuten wiederholt werden. In der Fachinformation zu Naloxon-Ratiopharm 0,4 mg/ml Injektionslösung (Stand September 2018) heißt es dazu: „Der Patient wird drei Minuten lang beobachtet. Bessert sich die Atemfunktion nicht unmittelbar nach der ersten i.v.-Gabe, wird eine weitere Dosis von 0,4 mg verabreicht. Wenn nötig, erfolgen weitere Dosen jeweils alle zwei bis drei Minuten. Wenn nach der Gabe von 10 mg Naloxonhydrochlorid keinerlei Wirkung beobachtet wird, sollte die Diagnose einer opioidbedingten Vergiftung infrage gestellt werden."

Wirkdauer beachten

Darüber hinaus weist der Hersteller darauf hin, dass die Wirkdauer von Naloxon kürzer ist als die bestimmter Opioide. „Dadurch ist ein Wiederauftreten der Atemdepression möglich“, schreibt Ratiopharm. Dieser Umstand könne eine erneute Verabreichung des Antidots erforderlich machen. „Eine sorgfältige Überwachung der Patienten ist daher unerlässlich.“ Vorsicht ist auch bei Opioidabhängigen geboten: Bei ihnen kann die Anwendung zu einem lebensbedrohlichen Entzugssyndrom führen. Dosis und Dosierintervall sind gegebenenfalls anzupassen.



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