ABDA-Stellungnahme zum VOASG

Viele Vorschläge für eine bessere Apothekenreform

Berlin - 10.09.2020, 16:45 Uhr

Einen Tag bevor das VOASG im Bundestag besprochen wird, hat die ABDA eine aktualisierte Stellungnahme vorgelegt. (Foto: imago images / Christian Spicker)

Einen Tag bevor das VOASG im Bundestag besprochen wird, hat die ABDA eine aktualisierte Stellungnahme vorgelegt. (Foto: imago images / Christian Spicker)


Um wieder zu einheitlichen Arzneimittelpreisen zu kommen, ist das Rx-Versandhandelsverbot „die beste Lösung“. Das schreibt die ABDA in einer aktuellen Stellungnahme zum Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz. Doch für dieses Verbot gibt es derzeit im Bundestag keine Mehrheit. Und so hält die ABDA den vorliegenden VOASG-Entwurf für eine „tragfähige Grundlage für eine nachhaltig und spürbar gestärkte Arzneimittelversorgung“. Allerdings fordert sie erneut und nachdrücklich, § 78 Abs. 1 Satz 4 Arzneimittelgesetz beizubehalten. Darüber hinaus hat sie einen bunten Strauß an Anregungen, was der Gesetzgeber noch für die Apotheken tun könnte.

Am morgigen Freitag steht die erste Lesung des Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetzes (VOASG) im Deutschen Bundestag an. Einen Tag zuvor hat die ABDA eine 30-seitige Stellungnahme zum Gesetzentwurf vorgelegt.  Darin begrüßt sie zunächst das Ziel des VOASG, die flächendeckende Arzneimittelversorgung der Bevölkerung durch Vor-Ort-Apotheken zu stärken.

Der Gesetzentwurf sei insgesamt eine tragfähige Grundlage für eine nachhaltig und spürbar gestärkte Arzneimittelversorgung, heißt es in der Vorbemerkung der Stellungnahme. „Sehr positiv“ sei insbesondere, dass eine Rechtsgrundlage für honorierte pharmazeutische Dienstleistungen geschaffen werden soll. Dadurch werde die Bevölkerung zukünftig noch besser von der pharmazeutischen Kompetenz der Apotheker profitieren. Allerdings: Ein paar präzisierende Ergänzungen zur Finanzierung und zu den Geldflüssen für die Dienstleistungen hält die ABDA für erforderlich. Zudem könne bei dieser Gelegenheit die Fortführung des Botendienstzuschusses im Gesetz verankert werden.

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Im VOASG-Entwurf wird aufgeräumt

Ebenfalls positiv sei das Bestreben, die Lücken im Preisbildungssystem, die durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im Jahr 2016 entstanden sind, teilweise wieder zu schließen. „Die im Entwurf vorgesehene Wiederherstellung des einheitlichen Apothekenabgabepreises im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung auch beim Bezug von Arzneimitteln aus dem Ausland ist dazu ein wichtiger und richtiger Schritt“. Doch wie schon zuvor bleibt die ABDA dabei: Auch Privatversicherte und Selbstzahler dürfen nicht außen vor bleiben. Daher sei es notwendig, die viel diskutierte arzneimittelrechtliche Preisbindung für EU-Versender (§ 78 Abs. 1 Satz 4 AMG) beizubehalten. Im VOASG-Entwurf ist eine Streichung des Passus vorgesehen – schließlich ist er Stein des Anstoßes in einem laufenden Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Deutschland.

Rx-Versandverbot: Auf einer Linie mit dem Bundesrat

Weiter nimmt die ABDA Bezug auf ein klares Bundesratsvotum: Im vergangenen Jahr hatten die Länder in ihrer Stellungnahme zum Kabinettsentwurf das Rx-Versandverbot eingefordert. Doch die Bundesregierung hat in ihrer Gegenäußerung klargestellt, dass sie diesen Weg nicht mitgeht. Dazu schreibt die ABDA: 


Wir halten bekanntermaßen diese strukturell wirkende Maßnahme für die beste Lösung und teilen die Bewertung des Bundesrates hinsichtlich ihrer verfassungs- und unionsrechtlichen Zulässigkeit. Allerdings verschließen wir uns nicht der politischen Lage, in der es gegenwärtig im Bundestag offenbar keine Mehrheit zur Realisierung dieser Lösung gibt. Deshalb unterstützen wir den vorliegenden Gesetzentwurf mit der zusätzlichen Maßgabe, dass § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG beibehalten wird.“

ABDA-Stellungnahme zum VOASG vom 10. September 2020


Was die im VOASG-Entwurf vorgesehene Regelung zu automatisierten Ausgabestationen betrifft, so lehnt die ABDA diese weiterhin rundweg ab. Dafür sieht sie angesichts der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Abgrenzung zwischen Versandhandel und Präsenzversorgung Anlass für den Gesetzgeber, klarere Regeln aufzustellen.

Weitere Klarstellungen und Ergänzungen

Sodann geht die ABDA ins Detail. Bei der in § 129 SGB V neu vorgesehenen Preisbindung geht sie auch auf Kritik in der rechtswissenschaftlichen Literatur ein. Diese vermisst hier eine ausdrückliche Kollisionsnorm für den Fall späterer gerichtlicher Auseinandersetzungen. Eine Klarstellung müsste die Regelung zweifelsfrei auf Apotheken im EU-Ausland übertragen – dafür hält die ABDA auch einen Formulierungsvorschlag parat.

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Sehr ausführlich erklärt die ABDA sodann, warum § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG zu erhalten ist. Sie verweist dabei unter anderem auf die Gesetzesbegründung mit der besagter Satz („Die Arzneimittelpreisverordnung […] gilt auch für Arzneimittel, die gemäß § 73 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1a in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden.) seinerzeit in das Arzneimittelgesetz eingefügt wurde. Diese Klarstellung, dass sich auch EU-Versender an die Rx-Preisbindung halten müssen, entspreche auch der Einschätzung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes. Und das Bundesverfassungsgericht hege keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Norm. 

Was die pharmazeutischen Dienstleistungen betrifft, schlägt die ABDA unter anderem vor, das Finanzierungsvolumen deutlich zu erhöhen. Derzeit ist vorgesehen, dass pro Rx-Packung ein zusätzlicher Zuschlag von 20 Cent erhoben wird, um die Dienstleistungen zu bezahlen – die ABDA plädiert für 43 Cent pro Packung.

Weitere Wünsche

Nicht zuletzt hat die ABDA eine Reihe von Vorschlägen, wie die Apothekenreform noch ergänzt werden könnte. Da wäre ein ausdrückliches Verbot der Arzneimittelabgabe durch Dritte in § 17 ApBetrO – im Blick hat sie dabei Geschäftsmodelle, wie man sie etwa noch von „Vorteil24“ kennt.

Zudem erläutert sie näher, wie die schon in der Vorbemerkung genannte bessere Abgrenzung zwischen Botendienst und Versandhandel gelingen kann. Denn dass nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jede Apotheke mit Versanderlaubnis Rezeptsammel- und Bestellboxen unterhalten kann, miss fällt der ABDA mächtig. Konkret schlägt sie eine genauere Definition des „Versandhandels“ in § 11a Apothekengesetz vor. Beim Botendienst pocht sie erneut darauf klarzustellen, dass für diesen „eigenes“ Personal einzusetzen ist – denn dass sich hier Dritte einschalten, wie es etwa die Noweda plant, läuft der Standesorganisation ebenfalls zuwider. Überdies wirbt sie für die Beibehaltung eines Botendienstzuschlags in Höhe von 5 Euro zuzüglich Umsatzsteuer für alle erstattungsfähigen Arzneimittel.

Außerdem regt die ABDA erneut an, weitere apotheken- und arzneimittelrechtliche Vorschriften ausdrücklich auf ausländische Arzneimittelversender zu erstrecken. Und es soll noch ein ausdrücklicheres Verbot der Weiterleitung von Verschreibungen durch Ärzte an bestimmte Apotheken geben.

Hier kommen Sie zur gesamten Stellungnahme der ABDA.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Rx-Festpreise und eine Wette ....

von Wolfgang Müller am 10.09.2020 um 19:03 Uhr

Das ist doch ein gutes Papier. Jedenfalls, was den Rx-Festpreis-Teil betrifft. Ehrlich: Bravo, das ist doch das, was angesichts der schwierigen Historie ABDA/Spahn/VOASG momentan bestmöglich geht.

Der andere, der "Dienstleistungs-Teil", bleibt leider eine Wette: Dass nun eben 43 Cent pro Packung ausreichen sollen, um nach dem Closed-Shop-Prinzip alle denkbaren zukünftig auszuhandelnden Dienstleistungen auskömmlich zu finanzieren .... bei sowas Grundlegendem sollte man aber nicht gamblen. Vor Allem, wenn man den Gegenstand "Dienstleistungen" zunächst so ernsthaft und engagiert beschreibt, wie in diesem Papier.

Nötig wäre es auf jeden Fall, Dienstleistungen VORHER gemeinsam mit den relevanten anderen Instanzen (GKVen, Ärzten) nun endlich einmal konkret zu definieren, dann Honorare zu kalkulieren und ähnlich der Rezeptur-Taxe (aber im Gegensatz dazu: eben auskömmlich) festzulegen.

Nur: Wenn man darauf nicht vorbereitet ist, oder sogar wie bei "Impfen" heimlich denkt: "Auskömmlich geht doch sowieso gar nicht!", dann geht das mit der "Dienstleistungs-Taxe" eben nicht.

Dann gehört es aber erst recht nicht in einer Gambling-Variante in DAS Gesetz zur Zukunftssicherung der Apotheken. Denn so ist das vor Allem ein DECKEL auf ewig und drei Tage. Und der sichere Einstieg in erneuten GKV-Sondervertrags-Verhandlungs-Irrsinn unter enormem „Bringe“-Druck; falls das noch nicht so klar geworden sein sollte.

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