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Junge Liberale NRW
Keine Alternativmedizin von approbierten Heilberuflern
Am kommenden Donnerstag ist der Tag der Patientensicherheit. Das nehmen die Jungen Liberalen Nordrhein-Westfalen zum Anlass, auf ihren Beschluss „Approbation für Heilberufe, nicht für Quacksalber“ hinzuweisen. Darin fordern sie unter anderem, dass approbierte Heilberufler keine Behandlungen anbieten dürfen, deren Wirksamkeit nicht nachgewiesen ist, und dass die staatliche Zulassung für Heilpraktiker abgeschafft wird.
Als in Frankreich vor gut einem Jahr beschlossen wurde, dass homöopathische Präparate ab dem Jahr 2021 nicht mehr von der nationalen Krankenversicherung erstattet werden sollen, nahm auch in Deutschland die Diskussion über alternative Heilmethoden an Fahrt auf. In der Großen Koalition wurden (und werden) dazu durchaus kontroverse Ansichten vertreten, doch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn machte unmissverständlich deutlich, dass er die Kostenübernahme für homöopathische Arzneimittel durch die Krankenkassen nicht antasten will. Angesichts von Arzneimittelausgaben von rund 40 Milliarden Euro im Jahr und etwa 20 Millionen Euro für Homöopathie habe er sich entschlossen, es sei „so okay“.
Richtig schwer tun sich die Grünen beim Thema alternative Heilmethoden. Nachdem im September 2019 der Antrag „Echter Patient*innenschutz: Bevorteilung der Homöopathie beenden!“ für die Bundesdelegiertenkonferenz im November 2019 zunächst zu einem wahren Glaubenskrieg geführt hatte, sorgte der Parteivorsitzende Robert Habeck eilends dafür, dass das Thema kleingehalten wird. Ein erst kürzlich gefundener Kompromiss soll nun darin bestehen, dass die gesetzlichen Krankenkassen über einen Sondertarif homöopathische Medikamente erstatten. Damit gebe es, so Habeck in der ARD, ein „Solidarsystem innerhalb der Homöopathie-Medikamenten-Liebhaber“, aber die Allgemeinheit zahle nicht dafür.
Informationsassymetrie erfordert staatliche Qualitätskontrolle
Ganz anders positioniert sich die Nachwuchsorganisation der FDP, die Jungen Liberalen. Bereits vor gut einem Jahr fasste der erweiterte Landes-Vorstand der Jungen Liberalen Nordrhein-Westfalen einen Beschluss mit dem Titel „Approbation für Heilberufe, nicht für Quacksalber“. Anlässlich des Tages der Patientensicherheit am kommenden Donnerstag will der Landesverband diesen Beschluss nun breiter in die Öffentlichkeit tragen. Wörtlich heißt es darin: „In der Abwägung zwischen freier Berufsausübung und Schutz von Patienten und deren Gesundheit überwiegt die Notwendigkeit, nur Personen in einem Heilberuf praktizieren zu lassen, die auch zur Heilung von Patienten beitragen. Umso erschrockener nehmen wir den zunehmenden Trend von ‚alternativ-medizinischen Behandlungen‘ (z. B. homöopathische oder anthroposophische Verfahren) unter dem staatlichen ‚Qualitätsversprechen‘ der Approbation zur Kenntnis.“ Aufgrund der starken Informationsasymmetrie könnten Patienten nicht zwischen wirksamer und unwirksamer Behandlung unterscheiden und seien deshalb auf die staatliche Qualitätskontrolle angewiesen.
Vor diesem Hintergrund erheben die Jungen Liberalen verschiedene Forderungen. So solle die Approbation für einen Heilberuf daran gekoppelt werden, dass der Inhaber „keine wissenschaftlich nicht validierten, unwirksamen oder in ihrer Wirksamkeit nicht nachgewiesenen Behandlungen durchführt oder anbietet“. Das gelte insbesondere, wenn dies nur einen Teil seines Behandlungsspektrums umfasse, da die Vermischung von fundierten medizinischen Behandlungen und unwirksamen Alternativmethoden zu einer großen Patientenverunsicherung führe.
„Wissenschaftlich eindeutig, dass keine positive Wirkung vorliegt“
Generell sollen nach den Vorstellungen der Jungen Liberalen „Leistungen, für die es keinen evidenten, nach wissenschaftlichen Kriterien belegten Wirkungsnachweis gibt“, von approbierten Heilberuflern nicht angeboten oder durchgeführt werden. „Darüber hinaus müssen diese Leistungen aus dem Katalog der gesetzlichen Krankenversicherungen gestrichen werden“, heißt es weiter. Der stellvertretende Landesvorsitzende der Jungen Liberalen Nordrhein-Westfalen Tim Schütz erläutert dazu: „Wenn ich sehe, welche durchaus sinnvollen Maßnahmen zum Teil nicht von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden, ist es schon fast zynisch, wenn die Allgemeinheit Behandlungen finanziert, die nicht wirksam sind.“
Zudem soll die staatliche Zulassung für den Beruf des Heilpraktikers als Heilberuf abgeschafft und die Umsatzsteuerbefreiung für Heilpraktiker aufgehoben werden.
Hinweis auf Unwirksamkeit auf der Packung oder im Beipackzettel
Für die Apotheker von Bedeutung dürfte insbesondere der letzte Punkt des Beschlusses sein. Darin gefordert wird eine „Informationspflicht über die Unwirksamkeit nicht evident wirksamer Behandlungen für jeden, der diese anbietet oder verkauft“. Auf Nachfrage von DAZ.online, wie das konkret bei homöopathischen Arzneimitteln aussehen könnte, erklärt Tim Schütz, dass auf dem Beipackzettel oder der Verpackung auf eine fehlende Wirksamkeit hingewiesen werden müsse. Als Begründung erläutert Schütz: „Nur mit maximaler Transparenz kann der Mythos einer sinnvollen Alternative zur modernen Medizin entzaubert werden.“
Ganz verbieten wollen allerdings die Jungen Liberalen alternative Heilverfahren nicht. „Jeder Mensch soll auch weiterhin die Möglichkeit haben, homöopathische Mittel oder anthroposophische Verfahren in Anspruch zu nehmen. Jedoch muss von staatlicher Seite deutlich gemacht werden, dass wissenschaftlich eindeutig klar ist, dass keine positive Wirkung vorliegt“, so Schütz gegenüber DAZ.online. Dabei bleibt allerdings unklar, wer denn noch entsprechende Behandlungen anbieten kann, wenn dies approbierten Heilberuflern untersagt und der Heilpraktikerberuf abgeschafft wird.
Wie geht es nun weiter?
Doch wie geht es nun weiter mit dem Beschluss der Jungen Liberalen? Beim bevorstehenden Bundesparteitag am kommenden Samstag in Berlin wird jedenfalls kein entsprechender Antrag eingebracht. Aufgrund der Corona-Pandemie werde nur ein kleiner Parteitag abgehalten, so Schütz, deshalb wolle man das Thema erst einmal auf anderem Wege in die Öffentlichkeit bringen. Unterstützung dürften die Jungen Liberalen bei der Bundestagsfraktion der FDP finden, wo man zumindest die Erstattung von Homöopathika durch die GKV kritisch sieht. So äußerte die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP im Bundestag, Christine Aschenberg-Dugnus, im vergangenen Jahr gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: „Jeder, der Homöopathie befürwortet, soll sie auch weiter erwerben können. Aber auf Selbstzahlerbasis.“ Anders sieht es aus bei der Abschaffung des Heilpraktikerberufs. Dort legte die FDP-Bundestagsfraktion im Frühjahr 2019 ein Positionspapier vor, nach dem der Heilpraktikerberuf – im Gegensatz zu früheren Forderungen der Arbeitsgruppe Gesundheit der FDP-Fraktion – nicht abgeschafft werden soll. „Wir nehmen wahr, dass sich Menschen von Heilpraktikern gut beraten und betreut fühlen. Wir respektieren das Empfinden der Menschen, Heilung zu finden“, so Pascal Kober, sozialpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt.
8 Kommentare
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von Dr. med. Fred-Holger Ludwig am 17.09.2020 um 17:06 Uhr
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