ApothekenRechtTag 2020

Impfen in der Apotheke: „Nicht abschrecken lassen!“

Süsel - 25.09.2020, 13:00 Uhr

Medizinrechtler und Apotheker Dr. Dennis Effertz meint, dass das Apothekenrecht um den Behandlungsvertrag erweitert werden müsse. Dazu würden auch zivilrechtliche Haftungsfragen gehören. Er appellierte an die Apotheker, sich nicht abschrecken zu lassen. Die Ärzte würden seit jeher mit dem Behandlungsvertrag leben. (Foto: Schelbert) 

Medizinrechtler und Apotheker Dr. Dennis Effertz meint, dass das Apothekenrecht um den Behandlungsvertrag erweitert werden müsse. Dazu würden auch zivilrechtliche Haftungsfragen gehören. Er appellierte an die Apotheker, sich nicht abschrecken zu lassen. Die Ärzte würden seit jeher mit dem Behandlungsvertrag leben. (Foto: Schelbert) 


Zivilrechtlicher Behandlungsvertrag in der Apotheke

Neben dieser dogmatischen Frage sei eine andere rechtliche Konsequenz für die Arbeit der impfenden Apotheker viel wichtiger. Effertz sieht „sehr starke Anzeichen“, dass der zivilrechtliche Behandlungsvertrag auf das Impfen angewendet werden muss. Denn das Impfen beim Apotheker könne in dieser Hinsicht nicht anders als beim Arzt geregelt sein. Auch das Schulungs-Curriculum der Bundesapothekerkammer verweise auf diesen Behandlungsvertrag, der in den §§ 630a ff. SGB V geregelt ist. Damit werde dieser Aspekt des Zivilrechts zu einem neuen wichtigen Thema für die Apotheker, folgert Effertz.

Wesentliche Inhalte sind die (Impf-)Anamnese, die Aufklärung, die Einwilligung des Patienten, die Dokumentation und die Haftung. Bezüglich der Aufklärung betonte Effertz, dass diese individuell erfolgen müsse. Fragebögen könnten nur zur Unterstützung dienen. Die Schriftform sei vor allem für die Dokumentation wichtig. Bei der Aufklärung müsse auch festgestellt werden, ob der Patient überhaupt für eine Impfung in Betracht komme. Minderjährige und Schwangere müssten an Ärzte verwiesen werden. 

Privatpatienten und die Beweislastumkehr

Da die Befugnis zum Impfen aus dem Sozialrecht abgeleitet werde, gelte sie nicht für Privatpatienten. Falls das Impfen als Heilkunde eingestuft werden sollte, dürften Apotheker daher keine Privatpatienten impfen. Außerdem könnten die Apotheker dafür kein Geld im Rahmen der Modellvorhaben erhalten. Aufgrund der Vorschriften zu den Modellvorhaben müsse die Impfung im Impfausweis dokumentiert werden. Aufgrund des Behandlungsvertrags seien jedoch weitere Dokumentationen nötig, die inhaltlich der ärztlichen Patientenakte entsprechen.

Zur Haftung erläuterte Effertz, dass die Unterschreitung der beruflichen Standards eine Schadenersatzpflicht auslöse. Grobe Fehler oder Organisationsverschulden würden zu einer Beweislastumkehr führen. Dann müsse der Leistungserbringer beweisen, dass ihn keine Schuld trifft. Diese im Zivilrecht bemerkenswerte beweisrechtliche Besserstellung von Patienten sei auch ein wesentlicher Grund, den Behandlungsvertrag anzuwenden. Denn es sei nicht einzusehen, weshalb der Patient beim Apotheker schlechter als beim Arzt gestellt werden sollte.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Schusters Leisten

von Thomas Kerllag am 26.09.2020 um 9:35 Uhr

Ärztliche, juristische Beratungsleistungen werden angemessen bezahlt. Nachdem man bisher zu dämlich war für pharmazeutische Diensleistungen einen Gebührenkatalog durchzusetzen will man nun medizinisch tätig werden. Wieder mit einem riesigen bürokratischen Aufwand für ein paar Euro

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zeitlich gut lanciert

von J.M.L. am 25.09.2020 um 18:37 Uhr

Wir brauchen Gemeinsamkeit statt Spalterei und suchen den Schulterschluss mit den Ärzten, da ist das von Spahn über das Masernschutzgesetz untergejubelte Impfen in der Apotheke nicht förderlich, aber zeitlich gut lanciert um einen Keil zwischen Ärzte und Apotheker zu treiben. Nicht mit mir !

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