Ernährung und Sport (Teil 2)

Warum Proteinshakes eine gute Ernährung nicht ersetzen

Lübeck - 02.10.2020, 17:50 Uhr

Nicht nur Protein, auch Kreatin ist bei Sportlern beliebt. Allerdings greifen Sportler im Freizeitbereich so gerne zu Kreatin, weil die vermehrte Wassereinlagerung in den Muskeln sie muskulöser aussehen lässt. Mit gesteigerter Leistungsfähigkeit und Kraft hat das nichts zu tun. (c / Foto: bernardbodo / stock.adobe.com)

Nicht nur Protein, auch Kreatin ist bei Sportlern beliebt. Allerdings greifen Sportler im Freizeitbereich so gerne zu Kreatin, weil die vermehrte Wassereinlagerung in den Muskeln sie muskulöser aussehen lässt. Mit gesteigerter Leistungsfähigkeit und Kraft hat das nichts zu tun. (c / Foto: bernardbodo / stock.adobe.com)


Auf der ganzen Welt werden für Proteinsupplemente Milliarden ausgegeben – in der Hoffnung auf mehr Muskeln und mehr Leistungsfähigkeit im Sport. Das nahezu unendliche Angebot an verschiedensten Proteinprodukten scheint manche aber eher zu überfordern als zu unterstützen. Welche Produkte sind wann und für wen sinnvoll?

Eine gesteigerte Proteinzufuhr bei intensivem Kraft- und Ausdauertraining über den Breiten- und Freizeitsport hinaus ist durchaus sinnvoll und erforderlich. Doch selbst ein solch erhöhter Bedarf an Protein lässt sich ohne Probleme durch eine proteinreiche Ernährung – ganz gleich ob omnivor, vegetarisch oder vegan – abdecken. Wer dennoch das Gefühl hat, bestimmte Proteinmengen über die eigene Ernährungsweise nicht ganz zu erreichen, kann diese mittels Proteinsupplementen, meist in Form von Proteinshakes, ergänzen. Das ist zum Beispiel für Menschen mit Lebensmittelunverträglichkeiten oder Allergien eine Option. 

Und so ergänzen einige SportlerInnen mit EAA-(Essential Amino Acid)-Supplementen ihre Ernährung. Solche EAA-Formula zur Nahrungsergänzung beinhalten ausschließlich die neun essenziellen Aminosäuren, entweder aus pflanzlichen und/oder tierischen Proteinen, und sind teilweise auch in Apotheken erhältlich (z. B. von Pure Encapsulations). 

Sind pflanzliche Proteine besser?

Die Auswahl an verschiedenen Proteinshakes ist riesig, sodass bezüglich des Geschmacks, der Zusammensetzung oder der Quelle der Proteine jeder problemlos (und buchstäblich) auf seine Kosten kommt. Fest steht aber: Ob die Proteine tierischen oder pflanzlichen Ursprungs sind, spielt für die Muskelkraft und -masse keine Rolle. 

Bei der Wahl der Proteinquelle sollten vorzugsweise die Proteine gewählt werden, die am besten vertragen werden, denn aktuell kann für die sportliche Leistungsfähigkeit keine Proteinquelle als überlegen angesehen werden.

Die neun essenziellen Aminosäuren: Histidin, Isoleucin, Leucin, Lysin, Methionin, Phenylalanin, Threonin, Tryptophan und Valin

Ein – aus diversen Gründen – heiß diskutiertes Thema im Sport und in der Wissenschaft sind die BCAA (Branched-Chain Amino Acids). Anders als die restlichen Aminosäuren wandern die verzweigtkettigen Aminosäuren (Leucin, Isoleucin, Valin) nach der Absorption im Dünndarm direkt in den systemischen Körperkreislauf und umgehen die Verstoffwechselung in der Leber.

Sind verzweigtkettige Aminosäuren besonders leistungsfördernd?

BCAA stehen dem Muskel zur Energiegewinnung und der Proteinbiosynthese sofort zur Verfügung. Darüber hinaus aktiviert Leucin das Enzym mTOR, den zentralen Regulator für Wachstum und Stoffwechsel. mTOR (mechanistic Target of Rapamycin) steuert je nach Nährstoffüberfluss oder -mangel in der Zelle entweder anabole oder katabole Stoffwechselwege und gilt daher als der Trigger für die Proteinbiosynthese im Muskel. 

  • Neben Leucin sind aber auch Arginin als nicht-verzweigtkettige Aminosäure und postprandiales Insulin infolge eines Blutzuckeranstiegs bedeutende mTOR-Aktivatoren. 
  • Abgesehen davon fehlt bis jetzt eine eindeutige Tendenz unter den Studienergebnissen, die die BCAA als leistungsförderndes Supplement belegen könnte. 

Die beiden letzten Punkte sprechen also eher dafür, dass eine proteinreiche Mahlzeit mit allen essenziellen Aminosäuren inklusive Kohlenhydrate nicht nur die einfachste, sondern auch die effektivste Methode zu sein scheint, um die Proteinbiosynthese im Muskel anzukurbeln.

Das Timing: erst Sport, dann Protein

Während des Trainings muss der Körper Kraft aufbringen und Energie verbrennen, er befindet sich somit ganz klar in einem katabolen Zustand. In der Ruhephase hat der Körper Zeit, Muskelprotein wiederaufzubauen und mögliche Schäden einer Überbeanspruchung zu reparieren. 

Bis zu 24 Stunden nach Belastung soll die muskuläre Proteinbiosynthese noch erhöht sein. Für eine adäquate Regeneration und maximales Wachstum der Muskeln braucht der Körper in diesem anabolen Zustand der Ruhephase die richtigen Nährstoffe in der richtigen Menge. Ein einzelner Proteinshake unmittelbar vor oder nach dem Training wird dafür logischerweise nicht genügen. 

Stattdessen sollten Proteine mehrmals am Tag in Dosierungen von bis zu insgesamt ca. 2 g/kg Körpergewicht zugeführt werden. Am besten und einfachsten gelingt dies durch eine proteinreiche Ernährung mit mehreren Mahlzeiten am Tag. Wer trotzdem nicht auf seinen Proteinshake zum Training verzichten möchte, sollte darauf achten, eher gut-verdauliche Proteine (z. B. Molke oder Soja) zu sich zu nehmen.

Zwar kein Bestandteil von Muskelprotein, aber ein weiteres sehr beliebtes Produkt unter den SportlerInnen zur Leistungssteigerung ist Kreatinmonohydrat, welches ebenfalls in manchen Apotheken als Pulver erhältlich ist.

Kreatin: nichts für Ausdauersportler

Kreatin ist ein eigens vom Körper hergestelltes Molekül, welches in Verbindung mit Phosphat einen wichtigen Energiespeicher im Muskel bildet und zur schnellen Regenerierung von ATP dient. In der Theorie versorgt das „Kreatin-Loading“ den Muskel uneingeschränkt mit Energie für mehr Kraft und Ausdauer. In der Praxis bestätigen Studien zwar, dass eine Kreatinsupplementierung zu einem Anstieg der Kreatinspeicher im Körper führt. Jedoch korrelierten die erhöhten Kreatinspeicher der Trainierenden nur speziell bei Sportarten mit kurzzeitigen und intensiven Belastungseinheiten, nicht aber bei Ausdauersportarten, positiv mit einer Leistungsverbesserung. 

Zu beachten ist zudem, dass den StudienteilnehmerInnen Kreatin in einer meist einwöchigen „Loading Phase“ von 20-25 g Kreatinmonohydrat am Tag über den Interventionszeitraum zugeführt wurde und nicht, wie für viele ambitionierte SportlerInnen üblich, als alltägliche Einzeldosis von 3-6 g über mehrere Monate hinweg. Weiterhin auffällig war außerdem, dass vorrangig ProbandInnen (vor allem VegetarierInnen) mit anfänglich niedrigen Kreatinwerten von einer Supplementierung profitierten. 

Übrigens ...

Unter jenen FreizeitsportlerInnen, die in erster Linie aus ästhetischen Gründen trainieren, ist Kreatin deshalb so beliebt, weil die vermehrte Wassereinlagerung in den Muskeln einen tatsächlich muskulöser aussehen lässt. Mit gesteigerter Leistungsfähigkeit und Kraft hat das allerdings nichts zu tun.

Wer dank einer fisch- oder fleischlastigen Ernährung ohnehin schon volle Kreatinspeicher hat, kann demzufolge also von einer Nahrungsergänzung mit Kreatin nicht allzu große Effekte erwarten.



Pauline Krüger, Ernährungswissenschaftlerin
redaktion@daz.online


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