Evaluation der Auswirkungen des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes (NpSG)

„Legal Highs“-Verbot ohne Nutzen

Berlin - 21.10.2020, 17:50 Uhr

„Speziell synthetische Cannabinoide können Herzrasen und gefährlichen Bluthochdruck auslösen, sodass es immer wieder zu Todesfällen kommt“, so Kappert-Gonther (Bündnis 90/Die Grünen). (Foto: imago images / epd)

„Speziell synthetische Cannabinoide können Herzrasen und gefährlichen Bluthochdruck auslösen, sodass es immer wieder zu Todesfällen kommt“, so Kappert-Gonther (Bündnis 90/Die Grünen). (Foto: imago images / epd)


Gesetz hat keinen nennenswerten Einfluss

Im Evaluationsbericht des IFT steht tatsächlich, das Gesetz habe „keinen nennenswerten Einfluss“ auf den Konsum der Substanzen gehabt. Einige Konsumenten hatten dabei berichtet, dass die Qualität ihrer bevorzugten NpS infolge des Verbots abgenommen habe. Sie waren deshalb aber nicht abstinent geblieben, sondern auf andere (meist als gefährlicher eingeschätzte) NpS oder etablierte Drogen ausgewichen.

„Es hat sich wie so oft gezeigt, dass die Prohibition von Drogen nicht nur nicht nützt, sondern sogar schadet“, sagt Kappert-Gonther. Dass NpS gefährlich seien, stellt sie dabei nicht infrage. „Ich halte sie für hochproblematisch, das sage ich auch als Ärztin“, so Kappert-Gonther, die viele Jahre als Psychiaterin und Therapeutin tätig war. Die Wirkung der NpS und deren gesundheitliche Auswirkungen seien unvorhersehbar, auch weil es sich um teils wilde Mischungen mit unbekanntem Wirkstoffgehalt handelt. „Speziell synthetische Cannabinoide können Herzrasen und gefährlichen Bluthochdruck auslösen, sodass es immer wieder zu Todesfällen kommt. Auch psychische Begleiterscheinungen sind möglich. Sie sind tatsächlich gefährlicher als natürliches Cannabis und ich finde, dass wirklich niemand so etwas einnehmen sollte“, so Kappert-Gonther. Nur seien Verbote eben der falsche Weg.

„Das Cannabisverbot in Deutschland hat den Markt für die synthetischen Cannabinoide geschaffen, die gesundheitlich deutlich bedenklicher sind. Dann hat man diese auch noch verboten, was wieder nur dazu geführt hat, dass sich die Qualität verschlechtert oder die Konsumenten auf noch gefährlicher Substanzen ausweichen.“ Dem Gesundheits- und Jugendschutz sei damit „ein Bärendienst erwiesen“.

Noch dazu gibt es trotz der Stoffgruppenregelung weiterhin das Problem, dass die Substanzen dem Gesetz durch kleine Veränderungen entgehen – auch das steht im Evaluationsbericht. Und nicht einmal die Entkriminalisierung ist demnach geglückt: Denn Konsumenten werden weiterhin aktenkundig und die Behörden müssen trotz der Straffreiheit weiterhin alle Fälle aufwendig dokumentieren.

Wie aber könnte man den „Legal Highs“-Konsum besser eindämmen? Für Kappert-Gonther und die Grünen ist die Antwort klar: Am besten verhindern ließe sich der unkontrollierte Konsum von „Legal Highs“ durch eine kontrollierte Abgabe von Cannabis. Die hat die Gesundheitspolitikerin auch in einer Stellungnahme zum NpSG gefordert. „Anders als bei den NpS auf dem Schwarzmarkt ließen sich dabei Anbau, Vertrieb und Beratung gut überwachen und die Konsumenten wüssten endlich, was sie da konsumieren“, sagt Kappert-Gonther. Ein von den Grünen entworfenes Cannabis-Kontrollgesetz steht voraussichtlich Ende Oktober zur Abstimmung im Bundestag, die Erfolgsaussichten sind allerdings eher gering.

In jedem Fall wolle man im Gesundheitsausschuss das gescheiterte NpSG noch einmal auf die Tagesordnung setzen, sagt Kappert-Gonther. „Wir wollen das so nicht durchgehen lassen.“



Irene Habich, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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