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Apothekerkammer Hamburg
ABDA-Präsidentschaft: Siemsen fordert hungrige Führung statt satter Zufriedenheit
Der Präsident der Apothekerkammer Hamburg, Kai-Peter Siemsen, betrachtet die anstehenden ABDA-Wahlen als Zäsur. Mit deutlichen Worten forderte er in seiner Videobotschaft zur Kammerversammlung mehr Nähe zur Basis, mehr Selbstbewusstsein, den Kampf für Gleichpreisigkeit auch bei Selbstzahlern und mehr Honorar für die Apotheken, auch ohne mehr Arbeit. Die Kammerversammlung beschloss höhere Beiträge für Apothekeninhaber aufgrund einer neuen Aufteilung der ABDA-Beiträge zwischen der Kammer und dem Verein.
Am Dienstagnachmittag vor der Versammlung der Apothekerkammer Hamburg präsentierte Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen seinen Bericht als Videobotschaft. Mit seinen deutlichen Ausführungen zur Politik der ABDA unterstrich Siemsen seine Kandidatur als Beisitzer im Geschäftsführenden Vorstand der Bundesapothekerkammer (BAK). Am Dienstagabend fand die Kammerversammlung, die in Hamburg allen Kammermitgliedern offen steht, als Präsenzveranstaltung mit gekürzter Tagesordnung und 52 Teilnehmern statt. Der Aufenthalt in einem Kinosaal unter strengen Corona-Auflagen sollte möglichst kurz gehalten werden. Siemsen erläuterte, das Kammerpräsidium habe versucht, eine Online-Veranstaltung durchzuführen und dafür sogar eine Änderung des Hamburger Kammergesetzes ins Spiel gebracht – „leider ohne Erfolg“. Die Kammer müsse sich den Regeln des Kammergesetzes beugen.
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Siemsen als Kammerpräsident wiedergewählt
In seiner Videobotschaft betonte Siemsen das große und andauernde Engagement der Apotheken in der Pandemie. Diese würden einen „absolut tollen Job“ leisten. Die Apotheken hätten nicht nur die übliche hohe Qualität abgeliefert, sondern sich blitzschnell auf erhöhte und neue Anforderungen eingestellt. „Die Apotheken in Hamburg sind da, wenn sie gebraucht werden“, folgerte Siemsen und ergänzte, es wäre schön, wenn es neben Applaus „auch eine entsprechend erhöhte Honorierung geben würde“. Siemsen blickte auf den bisherigen Verlauf der Pandemie zurück und lobte Bundeskanzlerin Merkel. Er sei froh, „dass uns eine kühle, beherrschte Naturwissenschaftlerin ohne große persönliche Eitelkeit durch diese Gesundheitskrise führt“. Doch Siemsen erwartet, „wir werden noch Monate, wenn nicht Jahre mit dem Virus umgehen müssen“. Für die Kammer habe sich gezeigt, dass Online-Fortbildungen mehr Zuspruch erfahren als die früheren Präsenzangebote. Darum werde die Kammer dieses Angebot auch nach der Pandemie aufrechterhalten.
Siemsen kandidiert für den Geschäftsführenden BAK-Vorstand
Siemsen würdigte den verstorbenen Präsidenten der BAK, Dr. Andreas Kiefer, und berichtete über die für Donnerstag vorgesehene Wahl zum Geschäftsführenden Vorstand der BAK, bei der Thomas Benkert zum Nachfolger Kiefers gewählt werden soll. Siemsen kandidiert dort als Beisitzer. Durch seine langjährige Tätigkeit als Vorsitzender des ABDA-Haushaltsausschusses seien ihm die internen Strukturen im Apothekerhaus recht gut bekannt. Er sei der festen Überzeugung, dass er „bei der anstehenden Strukturanalyse und dem notwendigen organisatorischen Umbau der ABDA-Geschäftsstelle, sowie beim Zusammenwirken von Bundes- und Landesorganisationen einen guten Beitrag leisten kann“. Die ABDA müsse wieder dichter an die Basis heranrücken. Dazu gehöre auch „ein Ende der Zurückhaltung“, erklärte Siemsen und ergänzte: „Mit Honoraren wie vor zwanzig Jahren werden die Apotheken nicht die heutigen und schon gar nicht die zukünftigen Aufgaben erfüllen können.“ Wahre Wertschätzung finde sich im Portemonnaie.
Sichere Struktur und wachsendes Honorar
Mit Blick auf die absehbare Wahl der ABDA-Präsidentin erklärte Siemsen, Gabriele Overwiening traue sich zu, den „Karren wieder auf den Weg zu bringen“. Die Wahlen bei BAK, DAV und ABDA werden nach Einschätzung von Siemsen eine Zäsur bedeuten. Die politische Ausrichtung werde hoffentlich geschärft und ein neues Selbstbewusstsein gegenüber Politik und Marktpartnern werde Einzug halten. „Der satten Zufriedenheit muss eine hungrige und basisnahe Führung folgen“, forderte Siemsen. Die Apotheker müssten für Gleichpreisigkeit auch bei Selbstzahlern und Privatversicherten kämpfen. Die erreichten und von ABDA-Präsident Friedemann Schmidt „gefeierten Neuregelungen“ würden bei Siemsen keine überschwängliche Freude auslösen. „Zu viele Unzulänglichkeiten, Ungenauigkeiten und Gefahren sind damit verbunden“, meint Siemsen.
Nach dem lange verfolgten Dogma „Struktur vor Geld“ habe Schmidt die Losung „Geld vor Struktur“ postuliert, aber bisher „ohne herausragenden Erfolg“ – im Gegenteil. „Trotz fast zwanzig Jahren der Nullrunden ist die Sicherheit der Struktur für die deutsche Apothekerschaft bröckelig wie noch nie“, erklärte Siemsen und verwies auf die allgemeine Kostenentwicklung, den Fachkräftemangel und die Gehälter von PTA im Vergleich zu anderen Berufsgruppen. Allein für den Inflationsausgleich seit 2003 müssten die Apotheker mindestens 1,4 Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich erhalten. Die vielen zusätzlichen Aufgaben und Verpflichtungen seien dabei noch gar nicht eingepreist. „Das Honorar muss wachsen, auch ohne zusätzliche Arbeit“, folgerte Siemsen. Der Grundsatz müsse daher lauten: „Sichere Struktur und wachsendes Honorar“.
Neue Aufteilung des ABDA-Beitrags in Hamburg
Bei der Kammerversammlung mit verkürzter Tagesordnung wurden der Jahresabschluss für 2019 sowie der Haushalt und die Beiträge für 2021 beschlossen. Trotz des Umzugs der Kammergeschäftsstelle in neue Mieträume im Dezember 2020, der jährlichen Steigerung des ABDA-Beitrags und der anlaufenden Pensionszahlungen für den ehemaligen Geschäftsführer habe die Planung einen ausgeglichenen Haushalt für 2021 vorgesehen, erklärte Siemsen. Die Planung sei ohne Beitragserhöhungen realisierbar gewesen, entsprechend den Versprechen bei den vorigen Kammerversammlungen, bekräftigte er.
Beitragserhöhung mit Nullsummenspiel
Doch etwa einen Monat nach der vorigen Kammerversammlung habe der Hamburger Apothekerverein die Aufteilungsvereinbarung über die ABDA-Beiträge gekündigt. Es sei üblich, dass Kammer und Verband die Beiträge in jedem Kammerbezirk bilateral aufteilen, meist etwa im Verhältnis zwei Drittel zu ein Drittel. Siemsen erklärte, zu Beginn seiner Präsidentschaft habe in Hamburg die Aufteilung im Verhältnis 60 zu 40 gegolten, die dann über mehrere Stufen auf 70 zu 30 geändert worden sei und lange so halten sollte. Doch mit der jüngsten Kündigung habe der Verein eine Aufteilung im Verhältnis 75 zu 25 vorgeschlagen. Dem habe sich die Kammer nicht entgegengesetzt, weil eine satzungsgemäße Aufteilung die Kammer noch stärker belasten und den Verein weitere Stimmrechte kosten würde, erklärte Siemsen (zur Erklärung: gemeint ist die Aufteilung gemäß § 11 Abs. 4 ABDA-Satzung, die gilt, wenn sich Kammer und Verein nicht einigen).
Beiträge der Angestellten bleiben stabil
Die Verschiebung der ABDA-Beiträge belaste den Kammerhaushalt mit zusätzlichen 30.000 Euro, erklärte Siemsen. Daraufhin sei der Vorstand gezwungen, eine Beitragserhöhung zu planen. Da die zusätzlichen Kosten durch die neue Beitragsaufteilung auf Wunsch des Vereins zustande kämen und dieser ausschließlich die Selbstständigen vertrete, habe der Kammervorstand einstimmig beschlossen, die dafür benötigten Mittel ausschließlich über den Betriebsstättenbeitrag zu finanzieren. Die Beiträge der Angestellten sollen nicht angetastet werden, versicherte Siemsen.
Als Mitglied des Vereins gehe er davon aus, dass dies eine Art „Nullsummenspiel“ sei. Denn gemäß der im vorigen Jahr beschlossenen Beitragsordnung des Vereins werde der Vereinsbeitrag jeweils gemäß dem ABDA-Beitrag des Vereins angepasst, erläuterte Siemsen. Demnach wird der Vereinsbeitrag sinken und dies wird die Zahlungen der Inhaber in der Summe ausgleichen, folgerte Siemsen. Daraufhin stimmte die Kammerversammlung für die vorgeschlagene Erhöhung des Betriebsstättenbeitrags um 2,2 Prozent für alle Umsatzgrößenklassen.
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