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27. November 2020
Jetzt ist’s endgültig durch: unser Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz. Der Bundesrat hat es am heutigen Freitag ohne weitere Diskussion durchgewunken. Jetzt muss es nur noch der Bundespräsident unterschreiben. Und wenn es dann noch im Dezember im Bundesgesetzblatt veröffentlicht ist, tritt es spätestens zum Jahreswechsel in Kraft. Mein liebes Tagebuch, ich vermute mal, dass wir dann keine knallenden Sektkorken hören werden. Unser heiß umkämpftes VOASG: Es ist die Antwort der Bundesregierung auf das EuGH-Urteil aus dem Jahr 2016, mit dem die Gleichpreisigkeit für verschreibungspflichtige Arzneimittel für Versender aus einem anderen EU-Mitgliedstaat nach Deutschland aufgehoben wurde. Das VOASG versucht die dadurch entstandene Benachteiligung unserer deutschen Apotheken zu beseitigen, indem es die Rx–Preisbindung für GKV-Versicherte wieder einführt, d. h., die Rx-Preisbindung gilt nur für die Arzneimittel zulasten der GKV. Für Privatversicherte gilt diese Preisbindung nicht. Es gibt also keine vollständige Gleichpreisigkeit für inländische und ausländische Apotheken. Marktbeobachter und Juristen gehen davon aus, dass diese Regelung des VOASG schon bald vor den Gerichten, vor dem EuGH landen wird. Und wie wird das dann ausgehen? Mein liebes Tagebuch, das war’s dann wohl mit der Stärkung unserer Vor-Ort-Apotheken. Aber Halt, das VOASG hat doch noch mehr zu bieten: Wir bekommen einen kleinen Zuschuss von 2,50 Euro zum Botendienst. Und ja, wir bekommen die honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen. Welche Dienstleistungen das letztlich sein werden und welches Honorar wird dafür erhalten werden, steht noch in den Sternen. Der Deutsche Apothekerverband und der GKV-Spitzenverband werden dies noch aushandeln und vereinbaren müssen. Stand heute: Als Dienstleistungen wird vermutlich z. B. irgendetwas auf dem Gebiet des Medikationsmanagements und der Medikationsanalyse kommen – was genau, ist noch streng geheim. Die ABDA glaubt durch die Geheimhaltung in eine bessere Verhandlungsposition mit der GKV zu kommen. Und was wir dann an Honorar bekommen werden, tja mein liebes Tagebuch, diese Frage liegt noch in weiter, weiter Ferne.
Die Reaktion unserer ABDA auf das vor der Tür stehende VOASG: „Es ist der Startschuss für eine zukunftsfähige Arzneimittelversorgung der Patienten in Deutschland.“ Ehrlich gesagt, mein liebes Tagebuch, diesen Schuss haben wir nicht gehört, allenfalls ein kleines Plopp. Und dass das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz nun für „neue Zuversicht“ sorgen könne, da es ordnungspolitische, betriebswirtschaftliche und pharmazeutische Perspektiven aufzeige, wie es der ABDA-Präsident Friedemann Schmidt formulierte – nun ja, mein liebes Tagebuch, das ist wohl präsidiales Wunschdenken, formuliert in Anbetracht der bevorstehenden Wunsch-Weihnachtszeit. Was Schmidt mit der genannten Zuversicht meint, macht er an einem Beispiel deutlich: Ein junger Apotheker, der sich für die Übernahme einer Landapotheke mit einer sechsstelligen Kreditsumme verschulde, habe mit dem VOASG einen belastbaren Ausblick. Ups, mein liebes Tagebuch, meint er das im Ernst? Wie sieht denn dieser Ausblick aus? Das Rx-Boni-Verbot steht auf mehr als wackeligen Füßen und könnte schon bald vom EuGH kassiert werden. Und dann geht’s richtig rund auf dem niederländisch-deutschen Arzneimittelmarkt: Die EU-Versandhäuser werden eine digitale E-Rezept-Offensive starten begleitet von Boni und Rabatten. Und was die pharmazeutischen Dienstleistungen betrifft: Sie mögen pharmazeutisch gesehen den einen oder anderen ein wenig Freude machen, aber sie werden uns wirtschaftlich nicht retten. Das Geld wird noch immer mit den Packungen verdient.
5 Kommentare
Die Worte hör ich wohl, Kai Siemsen . . .
von Uwe Hansmann am 29.11.2020 um 16:23 Uhr
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Widerspruch
von Reinhard Rodiger am 29.11.2020 um 14:51 Uhr
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Ergebnispolitik
von Ulrich Ströh am 29.11.2020 um 9:35 Uhr
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AW: Ergebnispolitik
von Dr.Diefenbach am 29.11.2020 um 12:49 Uhr
60. Große Fortbildung - Herzlichen Glückwunsch Kammer Nordrhein
von Smilla Schwarz am 29.11.2020 um 8:07 Uhr
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