Lieferengpässe und Ladenhüter

Der Verteilungskampf um die Grippeimpfstoffe

Berlin - 07.12.2020, 17:50 Uhr

Die Verteilung der Grippeimpfstoffe macht auch in diesem Jahr wieder Probleme. (Foto: Schelbert)

Die Verteilung der Grippeimpfstoffe macht auch in diesem Jahr wieder Probleme. (Foto: Schelbert)


Wo sind all die Impfstoffdosen hin? Das fragt sich manch ein Beobachter mit Blick auf die Grippeschutzimpfung. Doch viele Apotheken erleben gerade den umgekehrten Fall: Sie konnten eine gewisse Anzahl der heiß begehrten Vakzine ergattern, bleiben nun aber darauf sitzen. DAZ.online sprach mit einer betroffenen Apothekerin.

Laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) stehen in dieser Grippesaison 26 Millionen Impfstoffdosen zur Verfügung – so viele wie nie zuvor. Versorgungsengpässe gebe es nicht, betonte der Minister Mitte Oktober bei einer Pressekonferenz in Berlin. Lediglich vereinzelte regionale und zeitlich bedingte Engpässe seien möglich.

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Viele DAZ.online-Leser berichten von einer völlig anderen Lage vor Ort: Die Redaktion erreichen Nachrichten aus allen Ecken des Bundesgebiets, dort fehle es an Grippeimpfstoffdosen, um zumindest Hochrisikopatienten versorgen zu können. Wie passt das zusammen?

Schuld könnte der Verteilungsmechanismus für die Vakzinen sein – es gibt nämlich keinen. Wer zuerst bestellt, bekommt sie. Wie viele die Betriebe ordern, richtet sich meist nach dem angemeldeten Bedarf der umliegenden Praxen. Eine Verpflichtung für die Ärzte, die erbetenen Impfdosen auch tatsächlich abzunehmen, gibt es nicht. Das musste eine Apothekerin jetzt schmerzlich erfahren, die – um das Verhältnis mit den Arztpraxen in ihrer Umgebung nicht zu gefährden – anonym bleiben möchte.

Zwei Wochen Lieferverzug

Als Anfang November endlich wieder Grippeimpfstoffe über den Großhandel zu bekommen waren, handelte die Kollegin umgehend. Sie fragte bei den Ärzten nach, wie hoch deren Bedarf sei. Maximal 350 Dosen pro Praxis könne sie bestellen. Davon machte eine von ihnen auch uneingeschränkt Gebrauch. Doch die Auslieferung der Impfstoffe verzögerte sich um etwa zwei Wochen. Statt um den 7. November, kam die Lieferung erst rund 14 Tage später.

Als nun die 350 Impfdosen für die besagte Praxis in der Apotheke ankamen, schickte die Apothekerin eine Mitarbeiterin zur Ärztin, um die Rezepte abzuholen und nachzufragen, wie viele davon auf einmal in ihren Kühlschrank passen. Doch sie kam mit leeren Händen zurück: Die Arzthelferin habe ihr gesagt, sie habe inzwischen genügend Impfstoffdosen über die Stammapotheke der Praxis bezogen.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Ich verstehe die selbstständigen Kollegen nicht...

von Michael Reinhold am 08.12.2020 um 16:19 Uhr

Ich verstehe da die selbstständigen Kollegen nicht: Warum lässt man sich nicht einfach bei der Orderung der Grippeimpstoffe (bspw. im Frühjahr) von der Arztpraxis einen Zettel mit folgendem Inhalt unterschreiben:

"Die Arztpraxis verpflichtet sich, die georderten Impfstoffe im Herbst auch abzunehmen und darüber im Herbst ein Sprechstundenbedarfrezept auszustellen. Falls dies nicht erfolgt, wird pro Impfstoff eine Vertragsstrafe in der Höhe von XX Euro (Wert des Impfstoffs EK+19% MwSt.) fällig. Dem Arzt bleibt es vorbehalten, nachzuweisen, dass der Apotheke ein geringerer Schaden entstanden ist."

Die Praxis, die den Zettel nicht unterschreiben möchte, möge sich halt einfach eine andere Apotheke als Bezugsquelle suchen.

Unabhängig davon: Eine Arztpraxis, die den georderten Impfstoff nicht abnimmt, wäre bei mir verbraucht. Die brauchen dann im kommenden Jahr gar nicht mehr mit der Orderung von Impfstoffen ankommen.

Für 70 Euro Rohgewinn muss man sich ja nun wirklich nicht zum Affen machen.

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Planwirtschaft!

von Thomas Eper am 08.12.2020 um 9:02 Uhr

Die Planwirtschaft lässt grüßen!
Wenn Politiker mitmischen, kommt sowas dabei raus.
Glückwunsch auch an alle Experten, v.a. Hr. Spahn.

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Storno

von Karl Friedrich Müller am 08.12.2020 um 7:47 Uhr

Ich hab alle Nachbestellungen storniert. Es ist mir zu blöd und vor allem zu risikoreich. Für nicht mal 1€ pro Dosis evtl ein paar Tausend € in den Sand setzen? Weil sich der Doktor es sich anders überlegt und ein Kollege schneller Ware bekommt? Neee
Die Menge wird nicht mehr. Wenn ich verzichte und es gibt Ware, dann liefert eben ein Anderer.
Das System funktioniert so nicht. Zudem lese ich, dass Kollegen noch auf Ware sitzen. Das begreife ich gar nicht. Wieviel hortet so jemand?

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