Stellungnahme zum Digitale Versorgung und Pflege-Modernisierungs-Gesetz

ABDA: Medikationsplan soll auch weiterhin auf eGK gespeichert werden können

Berlin - 08.12.2020, 16:15 Uhr

Um E-Rezepte beliefern zu können, müssen die EU-Versender Heilberufsausweise und SMC-B-Karten bekommen. Die ABDA will die Gematik bei dieser Aufgabe nicht unterstützen. (Foto: imago images / epd) 

Um E-Rezepte beliefern zu können, müssen die EU-Versender Heilberufsausweise und SMC-B-Karten bekommen. Die ABDA will die Gematik bei dieser Aufgabe nicht unterstützen. (Foto: imago images / epd) 


Die Gematik ist zuständig, dass auch EU-Versender die für den TI-Zugang nötigen Utensilien erhalten – die Institutionskarte und den Heilberufsausweis. Die ABDA will dabei allerdings nicht helfen, indem sie ihr Apothekenverzeichnis für die Krankenkassen auch an die Gematik übermittelt. Das geht aus der Stellungnahme der ABDA zum Referentenentwurf eines neuen Digital-Gesetzes hervor. Kritik übt die Standesorganisation zudem an den vorgesehenen Änderungen beim Medikationsplan. 

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die Digitalisierung im Gesundheitswesen weiter vorantreiben. Zu diesem Zweck hat sein Ministerium im November einen Entwurf eines Digitale Versorgung und Pflege-Modernisierungs-Gesetzes (DVPMG) vorgelegt. Unter anderem geht es darin um die Weiterentwicklung der Telemedizin, der elektronischen Patientenakte und des E-Rezepts. Es ist nach dem Digitale-Versorgung-Gesetz und dem Patientendaten-Schutzgesetz bereits das dritte Werk, das Spahns Haus in dieser Legislaturperiode zu diesem Themenkomplex präsentiert.

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Neues zum E-Rezept

Die ABDA bezieht in einer jetzt veröffentlichten Stellungnahme Position zu Spahns Plänen. „Wir begrüßen die Bestrebungen der Bundesregierung, das große Potenzial der Digitalisierung zu nutzen, um auch zukünftig im Gesundheitswesen und in der Pflege eine effiziente und qualitativ gute Versorgung der Versicherten sicherzustellen“, schreibt die Standesvertretung einleitend. „Die Apotheken sind bereit und in der Lage, innovative Versorgungsangebote zu unterbreiten. Dies setzt aber voraus, dass auch bei digitalen Angeboten ein fairer Leistungswettbewerb besteht, der es auch kleineren Apotheken, etwa im ländlichen Raum, erlaubt, den von ihnen versorgten Versicherten solche Leistungen zu offerieren.“

Das DVPMG soll unter anderem Pläne weiterentwickeln, die das Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) angelegt hat. So auch jenen, die E-Rezept-Einlösung bei ausländischen Arzneimittelversendern zu ermöglichen. Schon jetzt bestimmt § 340 Abs. 4 SGB V, dass die Gematik EU-ausländische Apotheken mit den nötigen Komponenten zur Authentifizierung gegenüber der Telematikinfrastruktur versorgt – das heißt mit Heilberufsausweisen (HBA) und Institutionskarten (SMC-B). Nun soll die entsprechende Vorschrift dahingehend ergänzt werden, dass Apotheken aus einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union der Gematik einmal jährlich zum 1. Januar eine Bestätigung darüber vorzulegen haben, dass sie weiterhin dem Rahmenvertrag nach § 129 Absatz 2 SGB V beigetreten sind. Hier fordert die ABDA eine Klarstellung, dass diese (Versand)Apotheken die in diesem Zusammenhang entstehenden Kosten selbst tragen. 

Zudem soll der DAV verpflichtet werden, das bundeseinheitliche Verzeichnis, das er über die Apotheken führt und dem GKV-Spitzenverband unentgeltlich zur Verfügung stellt (§ 293 Abs. 5 SGB V), auch der Gematik zu übermitteln. Diese darf die in dem Verzeichnis enthaltenen Angaben (nur) zum Zweck der Herausgabe HBA und SMC-B verarbeiten. Von dieser Übermittlungspflicht hält die ABDA gar nichts: Soweit es darum gehe, dass die Gematik diese Daten zur Grundlage für die Ausgabe dieser Komponenten an ausländische Versender machen könne, sei fraglich, ob dies mit dem Grundsatz der Datenminimierung nach der Datenschutz-Grundverordnung vereinbar sei. Überdies bestehe schlicht keine Notwendigkeit für die Übermittlung des Verzeichnisses. Auch hier würde eine Bestätigung der Versender reichen, dass sie dem Rahmenvertrag beigetreten sind.  

Soweit an diesem Plan festgehalten werde, fordert die ABDA zumindest eine Ergänzung in § 293 Abs. 5 SGB V, dass die Gematik „die Kosten für die Bereitstellung und Übermittlung der Daten des Apothekenverzeichnisses einschließlich der Kosten für die Bereitstellung und Übermittlung notwendiger Änderungen zu tragen hat.“  

An anderer Stelle fordert die ABDA zudem, dass die Krankenkassen die Kosten tragen sollen, die den Apothekerkammern durch die Übermittlung von Daten zur Ausgabe der Heilberufsausweise und Institutionskarten entstehen.

E-Rezept: Keine Weiterleitung vor Belieferung

In ihren Ausführungen zum E-Rezept wiederholt die ABDA zunächst eine bekannte Forderung im Zusammenhang mit der von der Gematik zu entwickelnden App für den Zugriff auf das E-Rezept. Nach wie vor ein Dorn im Auge ist ihr der § 360 Abs. 5 Satz 2 SGB V. Dieser ermächtigt in seiner aktuellen Fassung das Bundesministerium für Gesundheit, per Rechtsverordnung die Schnittstellen zu den Komponenten sowie deren Nutzung durch Drittanbieter zu regeln. „Soweit dies beinhaltet, dass das E-Rezept oder das Rezept-Token aus der E-Verordnungs-App der Gematik über die Schnittstelle an die App eines Drittanbieters weitergegeben werden kann, bestehen dagegen unsererseits erhebliche Bedenken. Diese haben wir bereits im Rahmen unserer Stellungnahmen zum Patientendaten-Schutzgesetz ausgeführt“, erinnern die Apotheker. Konkret geht es dabei um die sogenannte „Weiterleiten“-Funktion, mit der ein Patient sein E-Rezept noch vor der Belieferung aus der Gematik-App in eine Anwendung eines kommerziellen Anbieters überführen kann.

Neben der Gefahr, dass Rezeptzuweisungen und -steuerungen durch Apps der Drittanbieter „entgegen der Vorgaben der § 31 SGB V und § 11 Apothekengesetz vorgenommen werden, sehen wir auch datenschutzrechtliche Risiken. Drittanbieter sind weder regelmäßig überwachbar, noch obliegen ihnen berufsrechtliche Verschwiegenheitsverpflichtungen“. Zudem sei keine Notwendigkeit für die Weitergabe von Verordnungsdaten an Drittanbieter vor der Abgabe des verordneten Arzneimittels erkennbar, da „sinnvolle ergänzende Angebote für die Versicherten nicht auf Grundlage der Verordnungsdaten, sondern nur auf Grundlage der Dispensierdaten denkbar sind. Aus den vorgenannten Gründen lehnen wir eine Übergabe von Rezeptschlüsseln und Rezeptdaten an Anbieter außerhalb der Telematikinfrastruktur vor der Belieferung des E-Rezeptes durch die Apotheke ab“. Um dieses Tor zuzuschlagen, fordert die ABDA, die Nutzung der Verordnungsdaten durch Drittanbieter vor der Belieferung für unzulässig zu erklären.

Zweifel an der Sinnhaftigkeit einer automatisierten Weiterleitung von Dispensierdaten in die ePA

Weiterhin ist im Gesetzentwurf vorgesehen, dass mit Einwilligung des Versicherten die Dispensierinformationen der elektronischen Verordnungen automatisch in der sogenannten Arzneimittelhistorie der elektronischen Patientenakte abgelegt werden können. „Die Sinnhaftigkeit einer solchen automatisierten Ablage ist aus unserer Sicht zu hinterfragen“, merkt die ABDA an. Gerade bei multimorbiden Patienten könne die Regelung dazu führen, dass in deren elektronischer Patientenakte über die Zeit ein hoher Datenbestand aufgebaut wird, dessen Auswertung für den Patienten selbst unmöglich ist und ihm somit keinen Nutzen bringt, schreibt sie. „Sinnvoll wäre insoweit jedoch, die Dispensierinformationen zu nutzen, um den elektronischen Medikationsplan des Versicherten aktuell zu halten.“ Dies wiederum setze voraus, dass keine automatisierte Ablage der Dispensierinformationen erfolgt, sondern diese Informationen lediglich durch Ärzte und Apotheker genutzt werden, um den Versicherten einen aktuellen und geprüften Medikationsplan zur Verfügung zu stellen.

Mehr Mitspracherecht beim Medikationsplan

Beim Medikationsplan wünscht sich die Standesvertretung ohnehin mehr Mitspracherecht. „Nach § 355 SGB V obliegen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung nicht mehr nur die Festlegungen für Interoperabilität von Daten der elektronischen Patientenakte, sondern auch für die Daten zur Fortschreibung der Vorgaben des elektronischen Medikationsplans (eMP) und der elektronischen Notfalldaten“, erläutert die ABDA. Dies soll im Benehmen mit dem DAV geschehen. „Vor dem Hintergrund, dass die Festlegungen zum eMP erhebliche Relevanz für die Apothekensoftware und damit für die täglichen Arbeitsabläufe in den Apotheken haben, erachten wir das Erfordernis einer ‚Benehmensherstellung‘ als nicht ausreichend, um sicherzustellen, dass die berechtigen Interessen der Apotheken in diesen Fragen ausreichend berücksichtigt werden“, heißt es in der Stellungnahme.

Des Weiteren sollten die Apotheker:innen aus Sicht der ABDA Zugriff auf Daten des Versicherten aus digitalen Gesundheitsanwendungen erhalten. „Soweit digitale Gesundheitsanwendungen beispielsweise Medikationsdaten oder sonstige durch Leistungserbringer bereitgestellte Daten (z. B. Dokumentation von in der Apotheke erhobenen Messwerten, wie Blutwerte/Blutdruck) miteinbeziehen, ist die Ermöglichung des Zugriffs durch Apotheken auf Wunsch des Versicherten sachdienlich.“

Spahn plant zudem, der Gesellschaft für Telematik die Möglichkeit zu eröffnen, Betriebsleistungen selbst zu erbringen, sofern diese „für die Gewährleistung der Sicherheit oder der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Telematikinfrastruktur von wesentlicher Bedeutung sind“. Die ABDA sieht das Vorhaben kritisch, da es dazu führe, dass Spezifikation, Zulassung und Betrieb aus einer Hand erfolgen. Bisher war vonseiten der Gematik stets eine strikte Trennung zwischen Zulassung und Betrieb vorgesehen. „Dies sollte daher nur in Betracht kommen, wenn eine Auftragsvergabe scheitert oder ein Zulassungsverfahren nach § 323 Abs. 2 Satz 1 SGB V erfolglos durchgeführt worden ist.“

Medikationsplan: Wahl der eGK-Speicherung erhalten

Überdies beabsichtigt das Bundesgesundheitsministerium, den elektronischen Medikationsplan in die elektronische Patientenakte zu überführen und die kartenbasierte Nutzung ab 2023 schrittweise auszuschließen. „Da bislang aber unklar ist, in welchem Umfang Versicherte das Angebot der elektronischen Patientenakte nutzen werden, wird damit auch die Nutzung des elektronischen Medikationsplans jedenfalls durch die Versicherten in Frage gestellt, die sich gegen das Angebot der elektronischen Patientenakte entscheiden“, merkt die ABDA an. „Der kartenbasierte elektronische Medikationsplan kann nach unserer Erfahrung für diese Versicherten ein niedrigschwelliges Angebot darstellen, auf welches nicht verzichtet werden sollte. Aus den vorgenannten Gründen regen wir an, die Möglichkeit der Nutzung des elektronischen Medikationsplans auf der elektronischen Gesundheitskarte auch über den 1. Januar 2023 hinaus unbefristet beizubehalten.“



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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