Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

13.12.2020, 07:29 Uhr

Deutschlands Apotheken – offizielle Masken-Verteilstellen für 27 Mio. Risikopatienten – wir schaffen das, oder? (Foto: Alex Schelbert)

Deutschlands Apotheken – offizielle Masken-Verteilstellen für 27 Mio. Risikopatienten – wir schaffen das, oder? (Foto: Alex Schelbert)


9. Dezember 2020

Die Apotheken dürfen bekanntlich SARS-CoV-2-Antigentests nicht an jedermann abgeben, sondern nur an berechtigte Leistungserbringer  wie z. B. an zuständige Stellen des öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) und an die von ihnen betriebenen Testzentren, die von ihnen beauftragten Dritten sowie Arztpraxen und KV-Testzentren. Allerdings, wenn Apotheken diese Tests abgeben, dürfen sie sie nicht frei kalkulieren: Für die Abgabe darf die Apotheke einen einmaligen Festzuschlag von 60 Cent zzgl. Umsatzsteuer erheben. Mein liebes Tagebuch, ursprünglich sollten die Apotheken nur 40 Cent bekommen. Aber sichtlich hat sich die ABDA, die 60 Cent verlangte, mit ihrer Forderung durchgesetzt, Ja, mein liebes Tagebuch, mit diesem staatlichen Markteingriff – und die Corona-Testverordnung bringt so einen Eingriff – will unsere Regierung verhindern, dass durch die Zuschläge auf dem Vertriebsweg immer noch höhere Preise für die PoC-Antigen-Tests entstehen. Außergewöhnliche Umstände erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Spätestens Ende März tritt die Verordnung außer Kraft.

 

Jetzt ist es amtlich: Deutschlands Apothekerinnen und Apotheker haben erstmals in ihrer Geschichte eine Frau an der Spitze ihrer Standesvertretung. Apothekerin Gabriele Regina Overwiening, Kammerpräsidentin von Westfalen-Lippe, wurde zur neuen ABDA-Präsidentin gewählt. Mein liebes Tagebuch, da gratulieren wir ihr aufs Herzlichste und wünschen ihr – zum Nutzen von uns allen – viel Erfolg und politisches Fortune. Ihr Vorgänger, Friedemann Schmidt, hatte sich nicht mehr zur Wahl gestellt. Tja, mein liebes Tagebuch, es hat lange gedauert (ganze 70 Jahre), bis sich unsere Standesvertretung dazu durchgerungen hat, eine Frau als oberste Apothekerin auszurufen. Für einen Beruf, in dem mittlerweile über 80 Prozent Frauen arbeiten. Umso schöner, dass sich Frau Overwiening dieser Herausforderung stellt. Und was hat sie sich vorgenommen? Sie wirbt für mehr Selbstbewusstsein des Berufsstands, für eine Zusammenarbeit mit Ärzt:innen auf Augenhöhe und eine stärkere Einbindung von Kammern und Verbänden auf höchster Ebene. Sie will sich für ein wertschätzendes Honorar einsetzen und mehr Transparenz bei der ABDA, außerdem mehr Aktivitäten in Sachen Digitalisierung. Mein liebes Tagebuch, sie hat sich viel vorgenommen. Wir freuen uns darauf.

 

Ab Dienstag, 15. Dezember, Menschenschlangen vor den Apotheken – es gibt FFP2-Masken umsonst! Rund 27 Millionen anspruchsberechtigte Bürgerinnen und Bürger dürfen sich noch im Dezember in Vor-Ort-Apotheken drei Masken abholen. 27 Millionen zusätzliche Kontakte für unsere 19.000 Apotheken. Und das in einer Zeit, in der man doch lieber zuhause bleiben sollte. Im Prinzip hat er es ja gut gemeint, unser Bundesgesundheitsminister: Die Zahl der Infektionen und der Corona-Toten steigt dramatisch. Die Menschen sollen sich vor Ansteckung schützen können mit „richtigen“ Masken. Ob es allerdings auch gut gemacht ist, dass unsere Apotheken als Maskenausgabestelle fungieren sollen und diesen 27 Millionen zusätzlichen Kontakten ausgesetzt werden? Manche Apothekers halten das für Wahnsinn, denn es ist abzusehen, dass die Maskenausgabe den normalen Geschäftsbetrieb massiv beeinträchtigen wird. Manche Apothekers haben bereits angekündigt, die Masken durch ein separates Fenster oder im Hinterhof der Apotheke abgeben zu wollen, um den normalen Geschäftsbetrieb so wenig wie möglich zu stören. Denn der Ablauf, wie die Masken verteilt werden sollen, mein liebes Tagebuch, der hat was: Die bezugsberechtigten Personen haben nämlich weder einen Bezugsschein ihrer Krankenkasse (dafür ist die Zeit zu knapp) noch werden sie sonst irgendwie erfasst – es wird zunächst nach Treu und Glauben ablaufen. Wie? Was wie? Ja, mein liebes Tagebuch, ganz einfach so: Masken soll’s für Personen geben, die über 60 Jahre alt sind und bestimmte Erkrankungen oder Risikofaktoren haben. Also, das bedeutet, diese Personen sollen zu Altersnachweis in der Apo ihren Perso vorlegen oder glaubhaft durch Eigenauskunft versichern, dass sie Anspruch auf die Masken haben, so der Verordnungsentwurf. Und dann bekommen sie von ihrer Apotheke die ersten drei Masken gratis. Mein liebes Tagebuch, und wenn diese Personen dann in ihre zweite und dritte Stammapotheke gehen, haben sie schon sechs bzw. neun Masken. Ach nein, wir wollen mal nicht so negativ denken. Im neuen Jahr soll’s auf alle Fälle besser werden, da soll es dann die fälschungssicheren, nicht personalisierten Masken-Bezugsbescheinigungen der Krankenkasse geben. 
Für die Maskenabgabe erhalten die Apotheken laut Verordnungsentwurf für den Monat Dezember erstmal eine Pauschale aus dem Nacht- und Notdienstfonds. Ab Januar gibt’s dann 6 Euro je Maske, wobei die Versicherten Anspruch auf zweimal sechs Masken haben und eine Eigenbeteiligung von 2 Euro pro sechs Masken zahlen müssen. Diese Eigenbeteiligung der Versicherten wird dann mit dem Erstattungsbetrag an die Apotheke verrechnet. Mein liebes Tagebuch, das sieht alles nach Verwaltung, Doku und Bürokratie aus. Ja, ist alles ein riesengroßer Aufwand, den sich unsere Regierung hier leistet gepaart mit großem Vertrauen in die Apotheken. Man kann es auch kritischer sehen, nämlich als Zumutung für die Apotheke, als Maskenausgabestelle für 27 Millionen Anspruchsberechtigte zu fungieren. Im Weihnachtsgeschäft, neben dem normalen Betrieb. Denn nimmt man diese Aufgabe ernst, dann ist es nicht damit getan, den Kunden drei Masken in die Hand zu drücken: Erst mal Ausweis kontrollieren, dann Krankheiten und Risikofaktoren abfragen und schließlich den richtigen Umgang mit den FFP2-Masken erklären – was nützt es, wenn die Masken falsch getragen werden? „Es liegt also viel Verantwortung bei den Apotheken“, hat Jens Spahn gesagt, die Pharmazeut:innen hätten jedoch in den vergangenen Monaten bewiesen, dass sie dieses Vertrauen verdienen. Ob uns dieser Satz der Bundesgesundheitsministers versöhnlich stimmt und uns besänftigen kann?

Unser ABDA-Präsident Friedemann Schmidt: „Logistisch ist es eine Herkulesaufgabe, 27 Millionen Patienten noch bis Jahresende mit jeweils drei FFP2-Masken zu versorgen. Wir Apotheker geben unser Bestes…“ Das mit der Herkulesaufgabe sieht er richtig, mein liebes Tagebuch, und daher hat er auch gleich an die Versicherten appelliert: „Bitte rennen Sie nicht gleich morgen in Ihre Apotheken“, denn die Verordnung sei noch nicht erlassen. Mein liebes Tagebuch, diesen Aufruf haben die Versicherten leider nicht gehört – kaum ist die Meldung draußen, kommt es mancherorts zum Run auf die Apotheken, um die Masken abzuholen.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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16 Kommentare

Darf ich mir meine Masken auch per Boten kommen lassen?

von Christian Timme am 13.12.2020 um 17:44 Uhr

Wenn schon Pandemie ... dann bitte auch gleich das volle Programm. Oder erst die Leute "wegtesten" um dann die Masken in der Apotheke abholen lasse und dann noch: "Bitte nehmen Sie die Maske ab und und legen mir Ihren Personalausweis vor". Wieder so eine typische Aktion wo man erst den Kopf unter den Arm nimmt um dann zu denken?

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Corona macht manches möglich ...

von Reinhard Herzog am 13.12.2020 um 13:08 Uhr

Sind wir doch mal ehrlich:

Wer einen ordentlichen, ausgewogenen Standort hat, zudem etwas Mumm in den Knochen und BWL nicht für die neueste chinesische Automarke hält - der kann doch in diesen Ausnahmezeiten abcashen, bis der Arzt kommt ...

Einen besseren Lauf für unsere Branche gibt es doch gar nicht. Den halten wir vor allem durch unsere eigene, kleingeistige, regulierungsversessene Art und unsere ständigen heilberuflichen Minderwertigkeitskomplexe auf.

Am Ende wollen die Leute nur eines: Ihre Ware. Schnell, zuverlässig, gerne noch kompetent-emotional eingepackt. Und fertig.

Nutzt das. Lausige Zeiten kommen noch früh genug, wenn die Rechnungen für das alles nicht nur präsentiert, sondern beglichen werden müssen.
Wir retten uns gerade ökonomisch-strategisch zu Tode. Aber bis dahin kann es noch mal richtig klingeln in der Kasse. Wenn man seinen Hut herausstellt.

Viele tun das nicht. Dann bleibt eben für die anderen mehr. Das mag zynisch sein, ist aber Fakt. Überall in der belebten Natur. Wer nicht will, der hat - oder gibt ab, notfalls gar den (unternehmerischen) Löffel.

Ich sage nur Masken: Die einen kaufen kräftig für einen sehr schönen Einkaufspreis bei Profi-Lieferanten, andere zaghaft und überteuert bei ihren Haus-und-Hof-Anbietern ...

Wir gehen, nach mutmaßlich noch der einen oder anderen Irrung, in ein Zeitalter der Mutigen und Starken. Anders lässt sich das alles doch gar nicht bewältigen ...

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AW: Corona macht manches möglich

von Uwe Hüsgen am 13.12.2020 um 14:23 Uhr

Hört sich an wie "Der letzte Tanz auf der Titanic"

AW: Corona macht manches möglich

von Reinhard Rodiger am 13.12.2020 um 14:32 Uhr

Nicht DIE Mutigen und DIE Starken werden die Zukunft bestimmen.Es werden ganz wenige oder EINER sein.Denn Starke zerstören die Diversität,die allein Lebensfähigkeit sichert.Die Frage der Zukunft ist: wie kann man die desaströse Dominanz des EINEN verhindern.

AW: AW: Corona macht manches möglich

von Reinhard Herzog am 13.12.2020 um 14:41 Uhr

@ U. Hüsgen:

Nö. Eher wie eine sich abzeichnende Kulturrevolution und gesellschaftliche Metamorphose.
Da wird manches (zurecht) über den Deister gehen, aber auch sehr vieles neu entstehen.
Jedenfalls was die Branche "Life Sciences" im weitesten Sinne angeht, sind wir da sehr zukunftsstark aufgestellt. Organisatorisch nicht.

@Herrn Wagner

von Frank Hartmann am 13.12.2020 um 10:58 Uhr

Ich muss Herrn oder Frau Conny diesmal verteidigen. Die Aussage ist doch vollkommen richtig. Wer sich mit Personalausweisen aufhält ob jemand 58 oder 61 Jahre alt ist hat wenig zu tun.

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Machen statt Meckern an der Klagemauer!

von Ulrich Ströh am 13.12.2020 um 9:28 Uhr

Es sind halt aktuell besondere Pandemiezeiten.
Das muss berücksichtigt werden.

Wäre die Maskenverteilung über Drogeriemärkte
für uns Apotheker:innen vorteilhafter gewesen?
Nein.

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AW: Machen statt Meckern an der Klagemauer

von Christoph Unglaub am 13.12.2020 um 10:21 Uhr

So ist es!
Mehr machen, weniger jammern!
Jetzt ist hald mal 14 Tage lang "Manöver"!

Kann es vielleicht sein ...

von Gunnar Müller, Detmold am 13.12.2020 um 9:23 Uhr

..... dass wir Apotheker - trotz Hoodie und „neuer“ Präsidentin - nach wie vor zu dünn angezogen sind auf der „Perma-Baustelle Apotheke“ ...?!!
Mehr Biss, lieber Kollege Ditzel !
P. S. Ansonsten haben Sie sich für mein Dafürhalten mancher auch plumper Anmache zum Trotz prächtig gehalten !!

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AW: Kann es vielleicht sein

von Peter Ditzel am 13.12.2020 um 9:33 Uhr

Danke. Und zum Biss: vielleicht steckt er zwischen den Zeilen... :-)

AW: @Zwischen den Zeilen...

von Gunnar Müller, Detmold am 13.12.2020 um 12:20 Uhr

Dann sollten Sie dort NOCH mehr Platz schaffen..!
:-))

Personalausweis

von Conny am 13.12.2020 um 8:56 Uhr

Hallo Herr Ditzel, bei uns bräuchten Sie keinen Perso vorzulegen weil man Ihnen die über 60 ansieht:)

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AW: Personalausweis

von Gerd Müller am 13.12.2020 um 9:13 Uhr

Ein wenig frech, aber im Prinzip haben Sie Recht. Man muss es nicht unnötig schwerer machen als es ist.

AW: Personalausweis

von Peter Ditzel am 13.12.2020 um 9:29 Uhr

:-)

AW: Personalausweis

von G. Wagner am 13.12.2020 um 9:43 Uhr

Ach Conny, Du Jüngere/r, zeigen Sie uns doch mal ein Bild von Ihnen. Ich wollte schon immer mal sehen, welches Gesicht hinter den geistreichen Kommentaren verbirgt, die Sie regelmäßig aussondern.

AW: Herr Wagner

von Roland Mückschel am 13.12.2020 um 12:32 Uhr

Vielleicht hat Conny einen guten Grund sein Gesicht
wohlweislich zu verbergen. Er/ sie ist so schön dass
jeder Kollege beim Anblick gleich eine Depression
bekommt und sich in sein Notdienstkämmerlein zurückzieht.
Unter lautem Wehklagen und den apothekereigenen Neidgefühlen.
Ansonsten kann ich für Dezember nur jedem Apotheker
raten die Situation für sich genau zu kalkulieren.
Dann wird für jeden ein befriedigendes Ergebnis herauskommen.
Zu jammern und in den vollen Brunnen Wasser reinschütten
führt nicht weiter.
Schönen Sonntag

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