Strafprozess in der Schweiz

Freispruch für Oberhänsli

Berlin - 13.01.2021, 17:50 Uhr

Walter Oberhänsli kann sich freuen: Er ist vom Bezirksgericht Frauenfeld freigesprochen worden. (Foto: picture alliance/dpa | Christiane Oelrich)

Walter Oberhänsli kann sich freuen: Er ist vom Bezirksgericht Frauenfeld freigesprochen worden. (Foto: picture alliance/dpa | Christiane Oelrich)


Oberhänsli will nun noch mehr: Schweizer Versandverbot ist gesundheitsgefährdendes Relikt

Oberhänsli widersprach den Vorwürfen vor Gericht und plädierte auf Freispruch. Obwohl das Gericht zunächst neun Verhandlungstermine bis in den März hinein eingeplant hatte, ist schon jetzt das Urteil gefallen – ganz im Sinne des Zur Rose-Chefs. Laut dem Portal toponline.ch folgte das Gericht in Frauenfeld der Argumentation der Verteidigung, dass das Geschäftsmodell erst im Jahr 2015 gerichtlich für unzulässig erklärt wurde. Zuvor habe Oberhänsli nicht illegal gehandelt, eine Gefährdung habe es nicht gegeben. Dem Medienbericht zufolge erhält Oberhänsli sogar eine Entschädigung von 30.000 Schweizer Franken.

„Ich bin über das Urteil des Bezirksgerichts Frauenfeld erfreut“, erklärte Oberhänsli in einer ersten Stellungnahme. „Als Unternehmen sehen wir uns mit diesem Gerichtsentscheid in unserem Anliegen bestärkt, die Gesundheitsversorgung dank der Digitalisierung kostengünstiger, besser zugänglich und sicherer zu gestalten.“ Gerade in der Coronakrise sei der „dringende Bedarf einer weitergehenden Digitalisierung im schweizerischen Gesundheitssystem (…) prononciert zum Ausdruck“ gekommen. Das faktische Versandverbot von rezeptfreien Medikamenten werde mehr und mehr zu einem Relikt. Es sei nicht nur anachronistisch, sondern in Corona-Zeiten sogar als „gesundheitsschädigend“ zu beurteilen. Dringend ist aus Oberhänslis Sicht nun auch die verpflichtende Einführung des elektronischen Rezepts in der Schweiz.

Einen ganz anderen Blick auf die Dinge hat man bei Pharmasuisse: „Wir können dieses Gerichtsurteil nicht nachvollziehen“, heißt es in einer Pressemitteilung. „Zur Rose umging mit ihrem Geschäftsmodell bewusst das geltende Recht. Das Urteil zeigt, dass für Unternehmer andere Regeln gelten als für uns anderen. Ihr Modell, ohne Fachberatung oder individuelle Betreuung, war und ist an Umsatz und Gewinn orientiert.“ Das Urteil habe auch Signalwirkung, so Pharmasuisse: „Liebe Unternehmerinnen und Unternehmer, kümmert euch nicht ums Gesetz und verdient viel Geld mit euren widerrechtlichen Geschäftsmodellen. Kommt es vor Gericht, könnt ihr auf Freisprüche zählen.“



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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