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Maskenausgabe, Corona-Impfstoffe, Google-Deal und Antikörper
Minister unter Druck
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn präsentiert sich gern als Macher. Doch derzeit entgleitet ihm merklich die Kontrolle, insbesondere was die Kommunikation zu den Lieferengpässen bei den COVID-19-Impfstoffen betrifft. Umso deutlicher treten nun auch seine anderen Baustellen zutage. Langsam lässt es der Minister an Souveränität vermissen, meint DAZ.online-Redakteurin Christina Müller.
Bisher ist es Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) oftmals gelungen, über unpopuläre Entscheidungen dann zu informieren, wenn zu erwarten war, dass sie im allgemeinen Getöse untergehen. Doch derzeit geht diese Taktik nicht auf. Für Spahn läuft es gerade alles andere als rund: Rechtfertigen muss er sich nicht nur für die stockende Auslieferung der COVID-19-Impfstoffe – auch für die etwas zu hemdsärmelige Verordnung zur Masken-Ausgabe in den Apotheken, den Einkauf nicht zugelassener Antikörper-Präparate gegen das Coronavirus und die fragwürdige Kooperation des vom BMG betriebenen Nationalen Gesundheitsportals mit Google hagelt es Kritik. Es scheint, als gerate der Minister angesichts des steigenden öffentlichen und internen Drucks mehr und mehr ins Wanken.
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Medial besonders präsent ist derzeit das Dilemma beim Bezug der Impfstoffe gegen COVID-19. Daran ist auch der Koalitionspartner nicht unbeteiligt: Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) und die SPD-geführten Bundesländer hatten dem BMG einen Fragenkatalog vorgelegt, in dem sie ganz genau wissen wollten, weshalb sich die Auslieferung der heiß begehrten Vakzinen derzeit verzögert. Ein ungewöhnlicher Vorgang und geradezu ein Affront der Sozialdemokraten – denn das Dokument liest sich wie eine sogenannte Kleine Anfrage, eigentlich ein Instrument der Opposition. Dass der Regierungspartner Spahn derart Dampf macht und das auch noch vor Publikum, zeugt nicht gerade von einer vertrauensvollen Zusammenarbeit.
Wem nun der Schwarze Peter für die Lieferverzögerungen gebührt, ist unklar. Andere umstrittene Aktionen gehen allerdings zweifellos auf die Kappe des Ministers: Da wäre zum einen die Kooperation mit Google, die dazu dienen soll, die Inhalte des vom BMG betriebenen Nationalen Gesundheitsportals zu pushen. Damit hat Spahn einen Aufschrei unter den Verlegern provoziert, die sich im Nachteil sehen – und das zu Recht. Denn weshalb sollte eine vom Ministerium beauftragte Agentur mal eben so ein Informationsangebot aus dem Boden stampfen, das in puncto Verlässlichkeit und Qualität jenen privatwirtschaftlichen Anbietern überlegen ist, von denen sich einige seit eh und je am Markt behaupten, die über reichlich Erfahrung verfügen und hochqualifizierte Redakteure beschäftigen?
Masken-Debakel und fragwürdige Shopping-Tour
Der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) setzt hier sogar noch einen drauf und moniert, das punktuelle Erwähnen einzelner Behandlungsoptionen führe zu einer Einschränkung der Therapiefreiheit und letztlich gar zu einer Wettbewerbsverzerrung im Arzneimittelmarkt – zumal in den Beiträgen der Hinweis auf den Stellenwert der individuellen Beratung durch Arzt und Apotheker fehle. Auch das ist nicht von der Hand zu weisen. Und die Erklärungsversuche aus dem BMG überzeugen nicht. Denn ob nun ein schriftlicher Vertrag mit der Alphabet-Tochter vorliegt oder nicht, ändert nichts an der Tatsache, dass das Nationale Gesundheitsportal anderen Anbietern vorgezogen und gleichzeitig dem selbst ausgelobten Qualitätsanspruch nicht gerecht wird.
Auch was die Maskenausgabe in den Apotheken betrifft, hat sich Spahn nicht mit Ruhm bekleckert. Mit seiner Nacht-und-Nebel-Verordnung hat er die Bevölkerung unnötig irritiert und die Apotheken in eine mehr als undankbare Position gebracht. Praktisch über das Wochenende mussten die Betriebe massenhaft Masken organisieren – wessen Lieferant bis zum Stichtag nicht hinterherkam, der zog den Ärger der Kund:innen auf sich. Und weil der Minister die Apotheken nicht nur mit der Beschaffung allein ließ, sondern sie auch als Masken-Polizei einsetzte und ihnen die Kontrolle der Anspruchsberechtigungen überließ, bekamen die Kolleg:innen einen Rüffel vom Bundesdatenschützer gratis dazu. Denn wer seinen Job besonders gewissenhaft erledigen wollte und erfasste, wer bereits Masken bezogen hatte, um Apotheken-Hopping zu verhindern, verstieß aus Sicht des obersten Datenhüters gegen die europäische Datenschutz-Grundverordnung. Die zum Teil fast schon diffamierende Berichterstattung in den Publikumsmedien hat überdies nicht gerade dazu beigetragen, das Image der Apotheken aufzupolieren. Es bleibt die Frage, weshalb es eine solche Hauruck-Aktion sein musste. Denn dass eine zweite Welle anstehen würde, war im Sommer schon zu erwarten gewesen.
Flattern Spahn die Nerven?
Doch damit nicht genug: Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Spahn für stattliche 400 Millionen Euro monoklonale Antikörper gegen COVID-19 eingekauft hat. Namentlich handelt es sich um Produkte der US-Hersteller Regeneron (Casirivimab/Imdevimab) und Eli Lilly (Bamlanivimab) – und keiner von beiden besitzt bisher eine Zulassung in Europa. Es ist haarsträubend, wenn sich einerseits die Abgeordneten aller Fraktionen im Bundestag bei Corona-Heimtests einig sind, trotz Eile die Sicherheitsstandards einhalten zu wollen, und andererseits der Bundesgesundheitsminister auf eigene Faust Arzneimittel für die Bevölkerung beschafft, deren Wirksamkeit und Sicherheit noch nicht von der zuständigen Behörde geprüft ist. Vielleicht ist das ein Zeichen dafür, dass Spahn nach all der Kritik für sein vermeintlich zögerliches Handeln bei der Bestellung von Impfstoffen jetzt die Nerven flattern. Eine mögliche Kanzlerkandidatur scheint jedenfalls in weite Ferne gerückt zu sein.
5 Kommentare
Wenn der Druck "beim Lesen" zunimmt... oder setzen und lesen...
von Christian Timme am 30.01.2021 um 7:58 Uhr
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Als "Shaper+" dürfte das Spahn ziemlich egal sein...
von Christian Timme am 30.01.2021 um 0:18 Uhr
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Herr Spahn
von Conny am 29.01.2021 um 10:45 Uhr
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Spahn
von Michael Zeimke am 29.01.2021 um 10:11 Uhr
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AW: Spahn
von Roland Mückschel am 29.01.2021 um 10:51 Uhr
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