Misoprostol in der Geburtseinleitung

Tschüss Cytotec! Hallo Angusta?

Stuttgart - 01.02.2021, 17:50 Uhr

Egal ob Angusta noch in diesem Jahr auf den deutschen Markt kommt – Cytotec soll unabhängig davon nicht zur Geburtseinleitung verwendet werden, da die Dosierung mit 200 µg viel zu hoch ist, meint die DGGG. (Foto: Gorodenkoff / stock.adobe.com)

Egal ob Angusta noch in diesem Jahr auf den deutschen Markt kommt – Cytotec soll unabhängig davon nicht zur Geburtseinleitung verwendet werden, da die Dosierung mit 200 µg viel zu hoch ist, meint die DGGG. (Foto: Gorodenkoff / stock.adobe.com)


Kommt Angusta dieses Jahr in Deutschland auf den Markt?

Die Zulassung von Angusta® in Deutschland wurde offenbar erst nach der Fertigstellung der Leitlinie bekannt, denn dort heißt es noch: „International zugelassene orale Misoprostol-Präparate zur Geburtseinleitung sind in Deutschland aktuell noch nicht zugelassen“. Es findet sich also auch keine Empfehlung zum Präparat Angusta® in der Leitlinie. DAZ.online wollte deshalb von der DGGG erfahren, ob sie in den Fortschritt des Zulassungsprozesses eingebunden ist und man sagen kann, wann Angusta® in Deutschland auch tatsächlich auf dem Markt verfügbar sein wird? Man rechnet damit, dass Angusta® noch 2021 auf den Markt kommen wird.

Was das in der Konsequenz für den Einsatz von Cytotec® in der Geburtseinleitung bedeuten wird, dazu hat die DGGG eine klare Position: „Cytotec® soll unabhängig davon nicht zur Geburtseinleitung verwendet werden, da die Dosierung mit 200 µg viel zu hoch ist.“ 

Aus einem Gespräch mit Professor Abou-Dakn vom St. Joseph Krankenhaus Berlin-Tempelhof erfuhr DAZ.online zudem, wie diese Position der DGGG einzuordnen ist: Es geht in der ganzen Diskussion am Ende nicht um das Präparat Cytotec®, sondern den Wirkstoff Misoprostol, der seinen festen Platz in der Geburtshilfe verdient hat. Über einen wahrscheinlichen Kostenanstieg durch die Markteinführung von Angusta® sollten sich die anwendenden Ärzt:innen keine Gedanken machen, meint Abou-Dakn. Sachkosten, die berechtigt seien, würden am Ende auch bezahlt.

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Schon im Jahr 2011 hatte ein Expertenbrief der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe die Hintergründe zur Misoprostol-Problematik beleuchtet. Damals äußerte sich schon die finanzielle Problematik: Bei der Verwendung von Misoprostol entstünden nur circa 1 Prozent der Kosten im Vergleich mit registrierten E2-Prostaglandinen, hieß es damals und: „Problematisch ist zurzeit die Off-Label-Anwendung von Misoprostol. Die Tatsache, dass trotz unzähliger Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit von Misoprostol (mit Ausnahme weniger Länder) keine Anwendungserweiterung für den Einsatz zur Geburtseinleitung und Atonietherapie beantragt wurde, ist nach unserer Beurteilung weitgehend emotional (das Medikament wird auch für Schwangerschaftsabbrüche verwendet) und – aus Herstellersicht – ökonomisch begründet.“ 

Mittlerweile klingt es so, als wäre – 10 Jahre später – der Weg für Angusta® in Deutschland geebnet. Die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA)* über den Zusatznutzen und die darauf folgende Preisfindung darf also mehr oder weniger entspannt erwartet werden.

* Anmerkung der Redaktion 22.02.2021, 16:55 Uhr
Im ursprünglichen Text hieß es: „Die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) über den Erstattungspreis darf also mehr oder weniger entspannt erwartet werden.“ Der Satz wurde korrigiert, weil der G-BA nicht über den Erstattungspreis entscheidet, sondern lediglich über den Zusatznutzen.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Theorie und Praxis

von Karola Neuhaus am 03.02.2021 um 15:54 Uhr

Ein toller Artikel. Danke,
bleibt zu erwarten, ob Cytotec, nach Markteinführungen von Angusta, wirklich nicht mehr zur Geburtseinleitung eingesetzt wird.
Die Wortspielereien der DGGG können wir nicht nachvollziehen. Misoprostol Kapseln werden aus Cytotec hergestellt.Auch wenn die Kapseln dann keine 200 µg (wie in Cytotec enthalten) haben, sondern 100,50 oder 25.... war es vorher eine Cytotec Tablette.
Angusta wird für die Kliniken in zweierlei Hinsicht teurer.
Einmal in der Anschaffung und einmal in der Entbindungszeit der Frau.
Wendet man Angusta so an, wie es in der Packungsbeilage steht, dauert eine Geburt länger. Dies bedeutet, die Gebärdende passt öfter nicht in die Fallpauschale.
Beim offlabel Misoprostol kann man deutlich effizienter Dosieren, ohne Sicherheit für die Frau.
Beim zugelassenen Angusta steht, bei ordnungsgemäßer Anwendung, ein Hersteller für die Sicherheit ein.

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