Influenza, Pneumokokken, Rhinoviren, Masern und HIV

Wie COVID-19 andere Infektionserkrankungen beeinflusst

Stuttgart - 04.02.2021, 09:15 Uhr

Während manche Infektionserkrankungen laut RKI in Deutschland während COVID-19 zurückgegangen sind, fürchtet die WHO unter anderem in Afrika Verschlimmerungen bei Malaria, HIV und auch Masern. (Foto: Kurhan / stock.adobe.com)

Während manche Infektionserkrankungen laut RKI in Deutschland während COVID-19 zurückgegangen sind, fürchtet die WHO unter anderem in Afrika Verschlimmerungen bei Malaria, HIV und auch Masern. (Foto: Kurhan / stock.adobe.com)


Kaum Grippefälle, deutlich weniger Masern- und Varizelleninfektionen – Rhinoviren hingegen beeindrucken coronabedingte Infektionsschutzmaßnahmen nicht bis kaum. Warum ist das so? Weltweit hingegen fürchtet man, dass COVID-19 Malaria, Masern und HIV deutlich verschlimmern könnte.

Es gibt nicht nur COVID-19, auch wenn die durch SARS-CoV-2 verursachte Infektionserkrankung das letzte Jahr dominierte und das auch noch weiterhin wird. Doch was machen eigentlich andere Infektionskrankheiten – kann COVID-19 zumindest mit einem positiven Effekt auf Influenza, Masern und Mumps aufwarten, sodass es wenigstens hier weniger Infektionen gibt? Gibt es Erreger, die COVID-19 kalt lässt und die weiterhin auf Vorjahresniveau zirkulieren? Und wo könnte Corona alles verschlimmern?

Influenza und Pneumokokken: Bislang ist eine Grippewelle nicht in Sicht, die Influenzaviren gebaren sich zurückhaltend, und das Robert Koch-Institut (RKI) meldet für die dritte Kalenderwoche – der aktuelle Wochenbericht – 30 labordiagnostisch bestätigte Influenzafälle. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum 2020 waren es laut dem dritten RKI-Wochenbericht 4.439 Grippefälle gewesen. Damals war die Grippewelle in vollem Gange, das Nationale Referenzzentrum für Influenza (NRZ) fand in 31 Prozent der untersuchten Proben Grippeviren – in dieser Saison noch in keiner einzigen. Auch waren damals seit Beginn der Grippesaison 40 Menschen mit einem positiven Influenzanachweis verstorben, aktuell gibt es – nach Meldedaten des RKI – keinen Grippetoten zu beklagen. Dass die Grippewelle in diesem Jahr vielleicht ausbleiben könnte, wird vor allem auf coronabedingte Infektionsschutzmaßnahmen zurückgeführt. Dass es aber SARS-CoV-2 dennoch gelingt, sich auszubreiten, liegt laut RKI-Chef, Professor Lothar Wieler, unter anderem an der fehlenden Immunität in der Bevölkerung und an der hohen Übertragungsrate noch vor Symptombeginn. Auch invasive Pneumokokken-Erkrankungen wurden 2020 mit 547 Fällen seltener gemeldet als noch mit 783 Fällen 2019.

Rhinoviren zirkulieren nahezu unverändert

Rhinoviren: Sind denn auch Infektionen mit Rhinoviren zurückgegangen? Rhinoviren sind die häufigsten Erreger für Schnupfen- und Erkältungskrankheiten (40 Prozent). Das Nationale Referenzzentrum für Influenza fand in den eingesandten Atemwegproben 2020 und 2021 jeweils auch Rhinoviren – allerdings ähneln sich die Positivenraten sehr: Das NRZ detektierte 8 Prozent in der dritten KW 2020 und 6 Prozent in der dritten KW 2021. War das Zufall? Wie sieht es in anderen Wochenberichten des RKI aus, wenn man die beiden Jahre vergleicht? Ähnlich. Auch in der zweiten Kalenderwoche gab es kaum Unterschiede: 7 Prozent 2020 und 8 Prozent 2021, in der ersten KW waren es 2020 immerhin 17 Prozent und in diesem Jahr 10 Prozent. Warum ist das so? Während Kontaktbeschränkungen, Kita- und Schulschließungen die Influenzainfektionen verringern, beobachtet man bei Rhinoviren diesen Effekt nicht. Rhinoviren werden, wie auch Influenzaviren, über Aerosole weitergegeben – Sprechen, Husten, Niesen – oder durch direkten Kontakt, wie Händeschütteln. Daneben lassen sich Rhinoviren auch über Gegenstände übertragen und bleiben dort mehrere Tage infektiös. Wie stabil Grippeviren auf Oberflächen sind, ist laut RKI ein „kompliziertes Kapitel“, da es wenig „griffige Daten“ dazu gebe, erklärte die RKI-Sprecherin Susanne Glasmacher auf eine frühere Anfrage der Redaktion. Dadurch, dass unendlich viele Varianten des Influenzavirus existierten, sei eine einfache, pauschale Zeitangabe nicht möglich. Glasmacher zufolge spielen viele Faktoren eine Rolle: der Subtyp des Grippevirus, die Zahl der Viren auf der Oberfläche, die Luftfeuchtigkeit und die Temperatur. „Vermutlich sind Influenzaviren nicht sehr umweltstabil“, sagte Glasmacher damals. 
Ein Grund für die Hartnäckigkeit der Rhinoviren könnte sein, dass diese zu den unbehüllten Viren zählen, Influenzaviren hingegen zu den behüllten. Rhinoviren fehlt eine äußere Lipidschicht, was sie resistenter gegenüber Umwelteinflüssen und Desinfektionsmitteln macht (zur Inaktivierung bedarf es „viruzider“ Desinfektionsmittel, „begrenzt viruzid“ genügt hingegen für behüllte Viren.)

Deutlich weniger Masernfälle

Masern: Zurückgegangen sind hingegen die gemeldeten Masernfälle 2020 im Vergleich zum Vorjahr: Laut SurvStat – einer webbasierten Abfragemöglichkeit des RKI zu Infektionserkrankungen nach Infektionsschutzgesetz (IfSG) – kam es 2019 noch zu 595 Masernfällen, 2020 wurden nach IfSG 160 Masernfällen in Deutschland gemeldet. Offen bleibt die Frage, ob das seit 1. März 2020 in Kraft getretene Masernschutzgesetz, den Rückgang der Maserninfektionen bereits unterstützte [zur Erinnerung: Seither müssen Eltern, die ihre Kinder in einer Kita, einer Tagespflege oder Schule anmelden wollen, nachweisen, dass diese gegen Masern geimpft sind. Gleiches gilt für die Aufnahme in Gemeinschaftseinrichtungen wie Heime oder Asylbewerberunterkünfte, und auch nach 1970 geborene Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen (Arztpraxis, ambulante Pflegedienste, Krankenhäuser) müssen geimpft sein oder ihre Immunität nachweisen]. Wie sieht es also mit den Impfquoten aus – erhöhten die sich im letzten Jahr? Daten hierzu sind noch nicht verfügbar. Die jüngsten Daten zu Impfquoten bei Masernimpfungen stammen aus dem Jahr 2018 (veröffentlicht im Epidemiologischen Bulletin 32/33 | 2020), damals waren 93 Prozent der Kinder bei den Schuleingangsuntersuchungen zweimal gegen Masern geimpft).

SurvStat@RKI – was ist das?

SurvStat@RKI bietet die Möglichkeit einer webbasierten Abfrage nach Infektionsschutzgesetz (IfSG). Betrieben wird die Plattform vom Robert Koch-Institut (RKI). Abgefragt werden kann ein vereinfachter Datenbestand der gemäß Infektionsschutzgesetz meldepflichtigen Krankheitsfälle und Erregernachweise, die an das RKI übermittelt wurden. Mit zahlreichen Filtereinstellungen lassen sich Meldezeiträume, Erkrankungen und Erreger eingrenzen. Zudem besteht die Möglichkeit, nach Alter der Infizierten beziehungsweise nach regionalen Erkrankungsgipfeln zu sortieren (z. B. nach Bundesland). Im Falle der Meningokokken lassen sich Analysen beispielsweise nach „invasiver Erkrankung“ oder nach den jeweiligen Serogruppen erstellen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Absurdistan

von bernd jas am 04.02.2021 um 21:48 Uhr

Also ich bin für die Verteilung von ABC-Vollschutzausrüstungen an die gesamte Bevölkerung und die Eirichtung von persönlichen Atombunkern für jeden, in dem er sich bis zum Ende aller Corona-Zeiten aufzuhalten hat.

Probleme mit dem Grundgesetz?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Absurdistan

von Cornelius Zink am 07.02.2021 um 19:40 Uhr

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