Steinmeier unterzeichnet 4. Bevölkerungsschutzgesetz

Die Bundes-Notbremse kommt

Berlin - 22.04.2021, 16:05 Uhr

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn warb heute im Bundesrat erneut für die Bundes-Notbremse(Foto: IMAGO / Political-Moments)

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn warb heute im Bundesrat erneut für die Bundes-Notbremse(Foto: IMAGO / Political-Moments)


Im Bundesrat wurde bei der heutigen Sondersitzung zum Vierten Bevölkerungsschutzgesetz zwar viel Kritik an der sogenannten Bundes-Notbremse geübt – dennoch ließen die Länder das Gesetz passieren. Trotz aller Bedenken, über die am Ende wohl das Bundesverfassungsgericht befinden wird, war allen klar, dass weitere Zeitverzögerungen nicht angebracht sind. Ganz in diesem Sinne unterzeichnete auch schon Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Gesetz. Nun muss es nur noch im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden – dies wird für morgen erwartet.

Der Bundesrat hat das Vierte Bevölkerungsschutzgesetz gebilligt, mit dem die „Bundes-Notbremse“ in das Infektionsschutzgesetz eingefügt wird. In einer Sondersitzung verzichtete die Länderkammer am heutigen Donnerstag darauf, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Der Bundestag hatte das Gesetz am Vortag verabschiedet. Es gab keine förmliche Abstimmung. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier unterzeichnete das Gesetz anschließend, das jetzt nur noch im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden muss – für morgen steht der nächste Veröffentlichungstermin an. 

Mehr zum Thema

Viertes Bevölkerungsschutzgesetz

GroKo bessert Bundes-Notbremse nach

Viertes Bevölkerungsschutzgesetz

Kontroverse um „Bundes-Notbremse“

Im Bundesrat äußerten alle sechs Ministerpräsidenten, die sich in der Aussprache zu Wort meldeten, erheblichen Unmut. Sie hatten durch die Bank verfassungsrechtliche Bedenken – insbesondere wegen der starren Notbremse – und Probleme bei der praktischen Umsetzung. Dem Bund warfen sie zudem vor, nicht die Erfahrungen der Länder in der Pandemiebekämpfung berücksichtigt zu haben. Die Länderchefs erkannten aber wegen der anhaltenden Corona-Pandemie den Handlungsbedarf an und wollten das Gesetz daher nicht aufhalten.

Bundesratspräsident Reiner Haseloff (CDU) kritisierte in scharfer Form die Kompetenzverlagerung auf den Bund. „Der heutige Tag ist für mich ein Tiefpunkt in der föderalen Kultur der Bundesrepublik Deutschland“, sagte der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt. Die Länderkammer berate über ein Gesetz, „dessen Entstehung, Ausgestaltung und Ergebnis unbefriedigend sind“. Der saarländische Regierungschef Tobias Hans (CDU) betonte: „Ob diese Kompetenzverlagerung auf die Bundesebene eine wirkungsvollere Art der Pandemiebekämpfung darstellt, dieser Beweis, der ist noch nicht erbracht. Und der muss erbracht werden.“

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) warb in der Sitzung nochmals für das Gesetz und spielte schon den Ball ins Feld der Länder zurück. „Seit Anfang März sind die Instrumente ja alle benannt, aufgeschrieben, eigentlich vereinbart und geeint, inklusive der Ausgangsbeschränkungen“, sagte er. „Und da müssen wir uns ehrlich machen: Obwohl Bund und Länder dasselbe wollen, ist bei vielen der Eindruck entstanden, wir würden nicht am selben Strang ziehen in den letzten Wochen.“ Das einheitliche Handeln, so der Eindruck, sei verloren gegangen. Das Gesetz sei „das Ergebnis all dieser Entwicklungen“.

Weil: „Kein großer Wurf für den Infektionsschutz“

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier bezeichnete die starren Ausgangsbeschränkungen als „verfassungsrechtlich problematisch“. Es stelle sich auch die Frage, wie zum Beispiel die vorgesehenen Schulschließungen umgesetzt werden sollten. Bouffier bedauerte es, „dass der Bundestag die Chance hat verstreichen lassen, viele Erfahrungen der Länder, die wir aus einem Jahr praktischem Krisenmanagement gesammelt haben, mehr und intensiver aufzunehmen“. Das hätte die Akzeptanz in der Bevölkerung deutlich erhöhen können.

Der niedersächsische Regierungschef Stephan Weil (SPD) sagte, die Neuregelungen seien für den Infektionsschutz „kein großer Wurf“. Bei Ausgangsbeschränkungen sei die verfassungsrechtliche Zulässigkeit fraglich, er sei „sehr gespannt“ auf die Rechtsprechung – am Ende werde das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Für Niedersachsen bedeute das Gesetz sogar erhebliche Lockerungsmöglichkeiten. Weil fasste seine Bewertung so zusammen: „Für mein Land unnötig, aber auch unschädlich.“

Gezogen werden soll die Notbremse, wenn in einem Landkreis oder einer Stadt die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen an drei Tagen hintereinander über 100 liegt. Dann dürfen Menschen ab 22.00 Uhr die eigene Wohnung in der Regel nicht mehr verlassen. Alleine spazierengehen und joggen ist bis Mitternacht erlaubt. Es darf sich höchstens noch ein Haushalt mit einer weiteren Person treffen, wobei Kinder bis 14 Jahre ausgenommen sind. Läden dürfen nur noch für Kunden öffnen, die einen negativen Corona-Test vorlegen und einen Termin gebucht haben. Unter anderem Apotheken dürfen weiter geöffnet haben. Präsenzunterricht an Schulen soll ab einer Inzidenz von 165 meist gestoppt werden. Die Regelungen treten spätestens mit Ablauf des 30. Juni außer Kraft.

Das vom Bundestag am Mittwoch beschlossene Gesetz ist ein Einspruchsgesetz. Das heißt, eine Zustimmung des Bundesrates war nicht nötig. Die Länderkammer hätte aber den Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag anrufen und das Gesetz damit zeitlich aufhalten können.

Hier hat das Bundesgesundheitsministerium Fragen und Antworten rund um das Vierte Bevölkerungsschutzgesetz und seine Maßnahmen im Infektionsschutzgesetz zusammengestellt.



Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.