Bundestag beschließt Änderung des Infektionsschutzgesetzes

Bahn frei für digitale Impf-, Genesenen- und Testzertifikate

Berlin - 21.05.2021, 13:45 Uhr

Thomas Gebhart (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im BMG, zeigte sich im Bundestag überzeugt: „Wir haben es geschafft, dass wir den dynamischen Entwicklungen auch dynamische Anpassungen entgegensetzen und dass wir nicht nur schnell, sondern auch sehr sorgfältig gearbeitet haben.“ (Foto: IMAGO / Political-Moments)

Thomas Gebhart (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im BMG, zeigte sich im Bundestag überzeugt: „Wir haben es geschafft, dass wir den dynamischen Entwicklungen auch dynamische Anpassungen entgegensetzen und dass wir nicht nur schnell, sondern auch sehr sorgfältig gearbeitet haben.“ (Foto: IMAGO / Political-Moments)


Der Bundestag hat den Weg für die Ausstellung von COVID-19-Impf-, Genesenen- und Test-Zertifikaten durch Apotheken frei gemacht. Mit den Stimmen der Union, der SPD, der FDP und der Grünen hat er das zweite Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze verabschiedet. Das Gesetz sorgt zudem dafür, dass Apotheken keine wettbewerblichen Streitigkeiten bei der Werbung für Coronatests drohen und Hochschulen von der Pflicht zum Wechselunterricht ausgenommen sind. Bevor es in Kraft treten kann, muss noch der Bundesrat zustimmen.

Bevor das Parlament den Gesetzentwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes am vergangenen Donnerstagabend abschließend beraten hat, hatte der Gesundheitsausschuss des Bundestags noch zahlreiche Änderungsanträge beschlossen. Nicht zuletzt die Regelungen rund um die Ausstellung der neuen COVID-19-Zertifikate kamen hinzu. Zunächst war nur vorgesehen, dass Apotheken künftig Nachtragungen im Impfausweis vornehmen können. Nun wird der einschlägige § 22 Infektionsschutzgesetz – künftig mit „Impfdokumentation, COVID-19-Zertifikat“ – sehr viel umfassender erweitert. Es bleibt bei der Nachtragsmöglichkeit im Impfpass durch Apotheker:innen. Geregelt wird aber auch, wer die Zertifikate nach einer COVID-19-Impfung, einer Genesung oder einem Test bescheinigen darf beziehungsweise muss.

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Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, Thomas Gebhart (CDU), erklärte im Bundestag, dass die Regierung „unter Hochdruck“ daran arbeite, dass diese Zertifikate „im Laufe der zweiten Hälfte des zweiten Quartals dieses Jahres in der neuen CovPass-App sowie in der Corona-Warn-App des Robert Koch-Instituts, aber auch als maschinenlesbarer Ausdruck genutzt werden können“. Dafür bringe man gerade die technische Anbindung der Arztpraxen, der Impfzentren der Länder, aber auch der Apotheken voran. Die neuen digitalen Zertifikate könnten national verwendet werden, erfüllten mit Blick auf die Reisesaison aber auch die neuen europäischen Bedingungen. Tatsächlich einigten sich am selben Abend auch das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten auf Details der europaweiten Zertifikate. „Wir ermöglichen eine sichere, einfache, nutzerorientierte und datenschutzfreundliche Nachweis- und Prüfmöglichkeit für COVID-19- Geimpfte, Getestete und natürlich auch Genesene“, versprach Gebhart. Er betonte aber auch, dass die altbekannten gelben Impfpässe weiterhin gültig sein werden – schließlich ist nicht jeder für die digitalen Varianten offen.

Pflicht bei Bereitschaft?

Für die Apotheker:innen ist vor allem relevant, dass sie die Impf- und Genesenen-Zertifikate auf Wunsch der betreffenden Person nachträglich auszustellen haben. Grundsätzlich und perspektivisch sollen die Impfzertifikate zwar gleich bei der Impfung ausgestellt werden – doch noch gibt es diese Möglichkeit eben nicht, sodass hier Nacharbeit zu leisten ist. Formuliert ist diese Vorschrift, die übrigens auch Ärzte umfasst, eigentlich als „Muss“-Vorschrift. Im Weiteren wird diese auch als solche benannte „Verpflichtung“ jedoch relativiert: Sie besteht nur, wenn dem Arzt oder Apotheker die Impfdokumentation vorgelegt wird und er sich „zum Nachtrag unter Verwendung geeigneter Maßnahmen zur Vermeidung der Ausstellung eines unrichtigen Zertifikats“ (insbesondere um die Identität der geimpften/genesenen Person und die Authentizität der Impfdokumentation/Testdokumentation) „bereit erklärt hat“. Die personenbezogenen Daten sind sodann ans Robert Koch-Institut zu übermitteln, das das Impf- sowie das Genesenenzertifikat technisch generieren wird. 

Aus der Ärzteschaft wurden bereits Rufe laut, diese Aufgabe nicht übernehmen zu wollen – jedenfalls nicht, wenn die betreffenden Personen nicht auch in der eigenen Praxis geimpft wurden. Insofern könnte hier auf die Apotheken einiges zukommen.

Flankierend zu dieser neuen Aufgabe plant das Bundesgesundheitsministerium eine Vergütungsregelung für die Ausstellung besagter COVID-19-Impfzertifikate in der Coronavirus-Impfverordnung. 18 Euro je Zertifikat soll es geben. Im vorliegenden Referentenentwurf für eine geänderte Impfverordnung findet sich allerdings keine entsprechende Regelung zu Genesenenzertifikaten. Noch bis heute Abend läuft das Stellungnahmeverfahren. Bis zum geplanten Inkrafttreten der Verordnung am 7. Juni hat das BMG noch Gelegenheit für Nachbesserungen.

Strafvorschriften und Entschärfungen

Wer tatsächlich bereit ist, die neuen digitalen Zertifikate auszustellen, muss sich aber auch klar sein: Wer in einem Impfpass wissentlich nicht richtig dokumentiert und so eine Täuschung ermöglicht, dem droht nach den Änderungen im Infektionsschutzgesetz eine Geldstrafe oder bis zu zwei Jahre Haft. Ebenso wird bestraft, wer falsche Zertifikate ausstellt. Der Gebrauch solcher falschen Zertifikate zur Täuschung kann mit Geldstrafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr sanktioniert werden. 

Während die Grünen-Bundestagsabgeordnete Kordula Schulz-Asche es richtig findet, dass die Nachtragung in Impfausweisen auch der Apothekerschaft zugebilligt werden, sieht man dies in der Linksfraktion kritisch. Harald Weinberg nannte „die Regelungen zur Übertragung der Impfdaten in einen digitalen Impfpass und die Einbeziehung der Apotheken in diese datenschutzrechtlich sensiblen Tätigkeiten“ in seiner zu Protokoll gegebenen Rede als Beispiele für „schlicht schlecht gemacht“.

Was steckt sonst noch im Gesetz?

Das Gesetz enthält aber noch weit mehr Regelungen: Ein neuer Paragraf in der Medizinischer Bedarf Versorgungssicherstellungsverordnung sorgt dafür, dass Apotheken abweichend vom Verbot des § 12 Abs. 2 Heilmittelwerbegesetzes in der Öffentlichkeit dafür werben dürfen, dass sie Coronatests durchführen. Zugleich wurde die Gültigkeit dieser „Pandemie“-Verordnung vom Bestehen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite entkoppelt – sie wird nun zum 31. Mai 2022 außer Kraft treten.

Weiterhin zeigt sich der Gesetzgeber bereit zur Nachbesserung, wo sich Regelungen als nicht zielführend erwiesen haben. So werden Hochschulen künftig von der inzidenzabhängigen Verpflichtung zur Durchführung von Wechselunterricht ausgenommen. Ebenso wurden Ausnahmen für Aus- und Fortbildungseinrichtungen von Polizei, Rettungsdiensten und Feuerwehren sowie Justiz und Justizvollzug geschaffen.

Eine weitere Änderung betrifft die Maskenpflicht für Kinder: Im Alter von sechs bis 16 Jahren müssen sie künftig im öffentlichen Personennah- oder ‑fernverkehr keine FFP2-Masken mehr tragen. Für sie reicht nun eine medizinische Gesichtsmaske, also zum Beispiel eine OP-Maske.

Zudem schafft das Gesetz die Möglichkeit, durch Rechtsverordnung Flugreisen nach Deutschland davon abhängig zu machen, dass vor dem Abflug ein negativer Coronatest vorgelegt werden muss.

Die nächste Station des Gesetzes ist nun der Bundesrat, der am 28. Mai zu seiner nächsten Plenumssitzung zusammenkommt. Die Länder müssen dem Gesetz zustimmen, damit es in Kraft treten kann.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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