Akutmedikation, Prophylaxe und Verhütung

Menstruelle Migräne

Stuttgart - 07.06.2021, 07:00 Uhr

Zwei Tage vor bis drei Tage nach Einsetzen der Blutung treten die Schmerzattacken einer menstruellen Migräne auf. (Foto: Andrey Popov / AdobeStock)

Zwei Tage vor bis drei Tage nach Einsetzen der Blutung treten die Schmerzattacken einer menstruellen Migräne auf. (Foto: Andrey Popov / AdobeStock)


Was schützt vor einer Attacke?

Spricht die übliche Akuttherapie nicht ausreichend an, rückt eine medikamentöse Prophylaxe in den Vordergrund. Eine generelle Prophylaxe mit Kandidaten wie Topiramat ist bei menstrueller Migräne eigentlich nicht angezeigt, da die Attacken nur einmal pro Monat auftreten. Zudem konnte das Antiepileptikum in Studien auch nicht überzeugen. Für die Praxis geeignet ist dagegen eine sogenannte Kurzzeitprophylaxe mit Naproxen und einem Triptan im Off-Label-Use, zum Beispiel Frovatriptan (zweimal täglich 2,5 mg). Die Intervention beginnt zwei Tage vor dem erwarteten Einsetzen der Migräne und wird über insgesamt sechs bis sieben Tage durchgeführt. Alternativ kommt das Duo Naproxen und Naratriptan in Betracht. Ein Pluspunkt: Unter Naratriptan ist keine Toleranzentwicklung zu befürchten. Allerdings können nach Ende der Kurzzeitprophylaxe vermehrt Attacken auftreten. 

Prof. Dr. Hans-Christoph Diener beantwortet drei Fragen zur Kurzzeitprophylaxe von menstrueller Migräne. Jetzt nachzulesen im Interview in der DAZ-Ausgabe 22 / 2021.

Die perkutane Gabe von niedrig dosiertem Estrogen wird dagegen nicht mehr empfohlen, da die Attacke zwar aufgeschoben, aber nach Absetzen des Estrogens sogar stärker sein kann.

Welche Verhütung ist sicher?

Hormone spielen dafür bei der Auswahl einer geeigneten Verhütungsmethode eine große Rolle. Kombinierte orale Kontrazeptiva beeinflussen den Verlauf der menstruellen Migräne leider meist nachteilig. Wichtig: Bei einer Migräne mit Aura sind kombinierte orale Kontrazeptiva tabu, da beide unabhängig das Risiko für einen ischämischen Schlaganfall erhöhen. In diesem Fall sind reine Gestagen-­Präparate eine Option. Angesichts des Sicherheitsprofils und zweier Beobachtungsstudien wäre Desogestrel besonders geeignet. Bei menstrueller Migräne ohne Aura und in Abwesenheit weiterer kardiovaskulärer Risikofaktoren spricht nichts gegen kombinierte orale Kontrazeptiva, außer sie entpuppen sich als Triggerfaktor. Auch dann bietet ein Gestagen-Präparat einen Ausweg. 

Dieser Artikel erschien in der  
Deutschen Apotheker Zeitung – Ausgabe 22 / 2021, S. 44 

Frauen, die bereits mit kombinierten oralen Kontrazeptiva verhüten, sollten die Einnahme für drei bis sechs Monate pausieren oder einen Präparate-Wechsel erwägen. Hier muss allerdings individuell ausprobiert werden. Die internationalen Fachgesellschaften raten zu Präparaten für den Langzeitzyklus, um die Zahl der Zyklen und der dadurch getriggerten Migräneattacken zu reduzieren. Noch gibt es kaum Daten über die Wirksamkeit von Depot-Injektionen, Implantaten oder Intrauterin-­Systemen. Verhütungsmethoden, die zu Amenorrhoe führen, scheinen aber generell besser bei menstrueller Migräne geeignet zu sein als andere. Noch gibt es keine zugelassene Strategie für die Kurzzeitprophylaxe der menstruellen Migräne. Welche Risiken der Off-Label-Use von Triptanen birgt, klärt Prof. Hans-Christoph Diener, Essen, im Interview in der Print-Ausgabe der DAZ 22/2021 auf. In der Pipeline befindet sich der GABAA-modulierende Steroidant­agonist Sepranolon zur Behandlung der prämenstruellen Dysphorie. Auch Erenumab, ein monoklonaler Antikörper gegen den CGRP­-Rezeptor, wird als Option gehandelt. Zu anderen neuen Substanzen wie den 5-HT1F-Rezeptor-Agonisten (Lasmiditan) und den CGRP-Antagonisten (Gepante) werden noch Daten gesammelt.

Literatur 

S1-Leitlinie Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne, herausgegeben von der Kommission Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG), AWMF-Registernummer: 030/057, Stand: November 2020 

Vetvik KG et al. Menstrual migraine: a distinct disorder needing greater recognition. Lancet Neurol 2021;20:304–15 

Holle D et al. Frauenspezifische Therapie der Migräne. Arzneimitteltherapie 2015;33:288–94 

Borsch J. Pausenlos verhüten bei Migräne. Meldung auf DAZ.online vom 7.September 2016, verfügbar unter www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2016/09/07/pausenlos-verhueten-bei-migraene, Abruf am 18.Mai 2021 

Schwabe U et al. Arzneiverordnungs-Report 2017, Springer-Verlag



Rika Rausch, Apothekerin
redaktion@daz.online


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