Forschung

Lüdenscheider Apotheke finanziert Corona-Arzneimittelstudie und meldet Durchbruch

Düsseldorf - 14.06.2021, 12:15 Uhr

Die Apotheke von Apotheker Wolfgang U. Scholz trägt unter Einbringung von Eigenmitteln des persönlichen Gesellschafters beziehungsweise Inhabers die Kosten des bisherigen Forschungsprojekts. (c / Foto: A. Schelbert / DAZ)

Die Apotheke von Apotheker Wolfgang U. Scholz trägt unter Einbringung von Eigenmitteln des persönlichen Gesellschafters beziehungsweise Inhabers die Kosten des bisherigen Forschungsprojekts. (c / Foto: A. Schelbert / DAZ)


Der Apotheker Wolfgang Scholz, Inhaber der Hirsch-Apotheke in Lüdenscheid und Gründer der Scholz-Datenbank, meldet einen Erfolg seiner Forschungskooperation mit der Universität Münster im Kampf gegen COVID-19. Ein potenzielles Medikament gegen SARS-CoV-2 habe im Labor eine erste Hürde genommen.

„Stadt des Lichts“ lautet der Claim, den sich die rund 72.000 Einwohner-Stadt Lüdenscheid im nordwestlichen Sauerland in Nordrhein-Westfalen gegeben hat.  Dies insbesondere, weil es hier große Unternehmen der Beleuchtungsindustrie und auch das Deutsche Institut für Angewandte Lichttechnik gibt.

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Doch auch das Licht der pharmazeutischen Forschung leuchtet hier. „Wir machen Corona-Forschung“, so verkündet es bereits die Webseite der Hirsch-Apotheke, die der in der Branche durch seine Scholz-Datenbank zur Arzneimittelsicherheit bekannte Apotheker Wolfgang Scholz betreibt. Dazu kooperiert die Apotheke mit verschiedenen Arbeitsgruppen der Westfälischen-Wilhelms-Universität Münster.

Dort, im Labor des Instituts für Molekulare Virologie, konnte man nun einen ersten Erfolg bei der Suche nach einem Medikament gegen COVID-19 vermelden. ASM-1, das steht für Anti-SARS-CoV-2-Medikament-1, habe im Laborversuch gute antivirale Effekte gezeigt und auf der anderen Seite eine geringe zelltoxische Wirkung. „Es wurden Zellkulturen mit SARS-CoV-2 infiziert, sowohl bei An- als auch bei Abwesenheit des Wirkstoffs ASM-1. In den Experimenten zeigte sich eine sehr gute hemmende Wirkung auf die Viren, daher ist ASM-1 ein guter Kandidat für weitere Untersuchungen“, erklärt Professor Stephan Ludwig, Leiter des Instituts.

Außer seiner Forschungsgruppe sind noch die Forschenden um Professor Dr. Andreas Hensel, Leitender Direktor des Instituts für Pharmazeutische Biologie, sowie Professor Georg Hempel, Leiter der Arbeitsgruppe Klinische Pharmazie im Institut für Pharmazie, an der Forschungsarbeit in Kooperation und im Auftrag der Apotheke beteiligt. Gemeinsam mit Hempel unterhält der Apotheker Scholz bereits seit einigen Jahren auch ein Promotionsprogramm für angehende Apotheker:innen.

Über den Wirkstoff darf noch nicht geredet werden

ASM-1 habe im Zellkulturversuch bereits in Konzentrationen, die deutlich unter einer zelltoxischen Konzentration liegen, eine konzentrationsabhängige Virusinaktivierung gezeigt. Den Ergebnissen zufolge werde durch den Wirkstoff nicht nur das Eindringen in die Zelle verhindert, sondern wohl auch die Virusvermehrung in infizierten Zellen, heißt es in einer Mitteilung der Hirsch-Apotheke.

„Der Beitrag der Apotheke bestand vor allem darin, aus der praktischen pharmazeutisch-chemischen Erfahrung heraus Ideen und Konzepte für die Wirkstoffvorauswahl zu treffen“, sagt Annika Wallau, Apothekerin in der Hirsch-Apotheke und dortige Corona-Beauftragte.

Was genau sich hinter ASM-1 verbirgt, dazu wollen weder Ludwig noch Wallau sich äußern. „Dazu dürfen wir zum jetzigen Zeitpunkt aufgrund schutzrechtlicher Belange leider noch nichts sagen“, sagt der Professor. Klar ist, dass es sich wie die anderen 19 Kandidaten der Versuchsreihe um eine Arzneimittelzubereitung aus der Phytotherapie handelt – also um pflanzenbasierte Arzneimittel. „ASM-1 gehört zu einer Gruppe von pflanzlichen Arzneimitteln, für die umfangreiche Erfahrungen bei der Behandlung anderer Erkrankungen vorliegen und die über eine gute Verträglichkeit verfügen“, heißt es in einer Mitteilung der Apotheke.

Man habe bei der Auswahl der Wirkstoffe auf eine gewisse Ähnlichkeit geachtet, also insbesondere eine Wirksamkeit gegen respiratorische Erkrankungen, sagt Wallau.

Die Unterzeichnung des Kooperationsvertrags zur Erforschung eines Arzneimittels gegen COVID-19 hatte man erst im November 2020 öffentlich gemacht. „Wir haben in einem kurzen Zeitraum von nur wenigen Monaten einen ganz wesentlichen Meilenstein erreicht“, freut sich nun der Initiator des Forschungsprojekts Scholz. Nun gelte es, „neben der Vertiefung der experimentellen Erkenntnisse, den Prozess der klinischen Erforschung zügig in Gang zu bringen“, sagt Scholz. Man wolle klinisch tätige Ärzt:innen für diese Erforschung gewinnen „und gegebenenfalls ein kompetentes Unternehmen der Pharmazeutischen Industrie“ einbinden. Man lade klinische Forschungseinrichtungen und die Pharmazeutische Industrie nun ein, „die schnellstmögliche Bereitstellung von ASM-1 für Patient:innen sowie für Ärzt:innen zu unterstützen und so einen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie zu leisten“, sagt Scholz.

Vielversprechende Ergebnisse bislang

Ganz so weit ist die Forschung zu dem Wirkstoff allerdings noch nicht. „Es sind vielversprechende Ergebnisse, die aber zum jetzigen Zeitpunkt nur auf Untersuchungen in Zellkultur beruhen. In weiteren Schritten müssen genauere Studien zum Wirkmechanismus durchgeführt werden sowie Tierversuche und gegebenenfalls klinische Studien, um eine genaue Bewertung zu ermöglichen“, sagt der Leiter des Instituts für Molekulare Virologie Ludwig.

Eine wissenschaftliche Publikation der Ergebnisse befinde sicher derzeit in Vorbereitung und werde voraussichtlich im Herbst bei einer Fachzeitschrift eingereicht werden, sagt der Professor.

Die Auftragsforschung der Hirsch-Apotheke fügt sich dabei in die Forschung der Arbeitsgruppe Ludwig gut ein. „Meine Arbeitsgruppe ist schon länger dabei, nach Wirkstoffen gegen respiratorische Viren zu suchen. Ursprünglich ging es dabei um Influenza. Jetzt ist SARS-CoV-2 dazugekommen, weil es sich gut in die vorhandene Expertise fügt“, sagt Ludwig. Andere Apotheken seien nicht beteiligt.

Die Forschungskooperation mit der Hirsch-Apotheke sei dabei ein Auftragsforschungsprojekt, erklärt Christina Hoppenbrock, Sprecherin der Uni Münster. „Beauftragt sind die beteiligten Partner der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster, Professor Stephan Ludwig, Professor Andreas Hensel und Professor Georg Hempel. Die Hirsch-Apotheke ist Auftraggeber und finanziert die Untersuchungen – nach rechtlicher Prüfung durch die Rechtsabteilung der WWU. Die Finanzierung beinhaltet auch die anfallenden Overheadkosten“, sagt Hoppenbrock.

„Die Apotheke trägt unter Einbringung von Eigenmitteln des persönlichen Gesellschafters beziehungsweise Inhabers die Kosten des bisherigen Forschungsprojekts“, sagt Wallau. Nun rufe man auch weitere mögliche Investoren auf, sich zu beteiligen.



Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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