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Kammern und Verbände zur Kürzung des Zertifikate-Honorars
„Wahlkampf auf dem Rücken der Apotheken“
Für das Ausstellen digitaler Impfzertifikate sollen Apotheken künftig pauschal 6 Euro bekommen. Derzeit sind es noch 18 Euro je Einzelnachweis, beziehungsweise 18 plus 6 Euro, wenn die QR-Codes für Erst- und Zweitimpfung in einem Rutsch erstellt werden. Der Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) stößt bei Apothekerkammern und -verbänden auf massive Kritik.
„Der Wahlkampf wird auf dem Rücken der Apotheken vor Ort und damit letztlich auch der Patienten ausgetragen.“ Mit diesen Worten kritisiert Klaus Michels, Vorstandsvorsitzender des Apothekerverbands Westfalen-Lippe (AVWL), die Pläne der Bundesregierung, die Vergütung der Apotheken für das Ausstellen digitaler Impfzertifikate zu kürzen, nachdem die Opposition den Bundesgesundheitsminister öffentlich kritisiert hatte.
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Ohne Apotheken keine Zertifikate
Aus dem gleichen Grund sei zuvor bereits die Vergütung weiterer pandemiebedingter Sonderaufgaben mitten im laufenden Verfahren erheblich gesenkt worden, sagte Michels laut einer Pressemitteilung des AVWL vom gestrigen Donnerstag. Problematisch sei vor allem die Kurzfristigkeit, mit der die Änderung erfolge. Damit werde der Kalkulation der Apotheken der Boden entzogen. Wenn Apothekerinnen und Apotheker nicht mehr auf die Zusagen der Politik vertrauen könnten, werde es schwierig, sie in Zukunft zu motivieren, wie bisher in der Pandemie innerhalb kürzester Zeit Entscheidungen der Politik umzusetzen und neue Leistungen zum Schutz der Patienten anzubieten. „Wir Apotheken vor Ort benötigen Planungssicherheit“, fügt er hinzu.
Seit Montag stellen die Apotheken für die geimpften Menschen in Deutschland digitale Nachweise aus. Die Berufsorganisationen hatten dafür in den Aufbau einer IT-Infrastruktur investiert, die Apotheken vor Ort Fachpersonal abgestellt und zusätzliche Hardware eingesetzt. Um ein Zertifikat auszustellen, müssten die Unterlagen geprüft werden. Doch die Patienten kamen nicht nur mit gelben Impfpässen, sondern mit alten weißen Impfbüchern, mit roten Impfheften aus der DDR oder mit Nachweisen aus den Impfzentren.
Ferner benötigten die Menschen Beratung zur Nutzung der CovPass-App und der Corona-Warn-App. „Der Zeitaufwand für die Ausstellung der Zertifikate ist hoch“, betont Michels. Die Apothekenteams seien in der Coronakrise stark gefordert und einem enormen Stresslevel ausgesetzt. „Viele Kollegen und ihre Mitarbeiter gehen seit annähernd eineinhalb Jahren über die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit hinaus. Da ist eine verlässliche Honorierung angemessen. Eine wiederholte Kürzung der Vergütung von Leistungen hingegen ist eine Ohrfeige für die höchst engagierten Apothekenbeschäftigten.“
AKNR kritisiert „Hü und hott“
Von einem „Hü und hott in vielen Bereichen“ schreibt die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) in einer Pressemitteilung zu ihrer Kammerversammlung, die am Mittwoch in Neuss stattfand: Noch während die mehr als 70 Delegierten bei der Kammerversammlung tagten, ließ Bundesgesundheitsminister Spahn die Presse wissen, dass er die Vergütung fürs Ausstellen des digitalen Impfzertifikats deutlich senken will. Ähnliches war demnach auch bei der Versorgung vulnerabler Gruppen mit FFP2-Masken geschehen und ist für die Durchführung der Bürgertests angedacht.
„Seit vorgestern haben die Apotheken in Deutschland Millionen von Zertifikaten ausgestellt. Jetzt sollen wieder einmal mitten im Spiel die Regeln geändert werden“, stellt Kammerpräsident Armin Hoffmann verärgert fest. „Das kann so nicht weitergehen. Wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen – vor allem mit Blick auf die Leistungsfähigkeit und Bereitschaft des Berufsstands.“
In weniger als einer Woche haben die Vor-Ort-Apotheken das Ausstellen der Zertifikate möglich gemacht. „Seit dem ersten Tag der Pandemie sind Apothekerinnen, Apotheker und PTA die ersten Ansprechpartner für die Patientinnen und Patienten“, unterstreicht Hoffmann. „Wenn Politiker in Brüssel, Berlin oder Düsseldorf dieser erstklassigen Arbeit nicht adäquate Wertschätzung entgegenbringen, dann werden wir mit der Politik in regen Austausch treten – das haben wir immer so getan und das werden wir auch weiterhin tun.“
HAV: Viele Apotheken legen Nachtschichten ein
Holger Seyfarth, Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbands (HAV), ist fassungslos angesichts der Halbwertszeit der politischen Zusagen: „Die Apotheken versuchen gerade mit allen Mitteln, die technischen Unzulänglichkeiten des Systems auszugleichen, um ihren Kunden Nachweise auszustellen. Und noch währenddessen stellt man ihnen die Hälfte der bisherigen Aufwandsentschädigung in Aussicht. Das ist ungeheuerlich!“, sagte Seyfarth laut einer Mitteilung des Verbands vom Donnerstag.
Die Kundenanfragen zu den Nachweisen blockierten schon seit vergangener Woche die Telefone in den Apotheken, merkt der HAV-Chef an. Die Apotheken müssten ihren Kunden auch zahlreiche Fragen beantworten, Zertifikate in deren Apps einlesen und – um den normalen Betrieb aufrecht zu erhalten – teils das Ausstellen der Zertifikate in die Nacht verschieben. „Wer annehme, dies sei in zwei Minuten erledigt, schätze die Prozesse völlig falsch ein“, heißt es in der Mitteilung.
Während der Pandemie habe die Politik bereits mehrfach ihre Zusagen gegenüber den Apotheken gebrochen, ärgert sich Seyfarth. Während diese – beispielsweise mit Botendiensten, Masken, Bürgertests – „zuverlässig und umgehend Leistungen anboten, um zur Sicherheit der Bevölkerung beizutragen, wurden ihnen die jeweiligen Aufwandsentschädigungen im laufenden Betrieb einfach gekürzt“, empört sich Seyfarth. „Dabei waren für alle zusätzlichen Angebote Schulungen der Teams erforderlich, musste zusätzliches Personal eingestellt, Genehmigungen eingeholt werden.“
4 Kommentare
Kürzung Honorar digitaler Impfpass
von pille62 am 30.06.2021 um 8:51 Uhr
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Planbarkeit des Apothekensterbens
von Thomas Eper am 18.06.2021 um 11:14 Uhr
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Really?
von Michael Staesche am 18.06.2021 um 9:37 Uhr
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Unterstützen
von Radman am 18.06.2021 um 8:10 Uhr
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