Kammern und Verbände zur Kürzung des Zertifikate-Honorars

„Wahlkampf auf dem Rücken der Apotheken“

Berlin - 18.06.2021, 07:00 Uhr

Von links nach rechts: Klaus Michels, Armin Hoffmann und Holger Seyfarth. (Fotos: AVWL / AKNR / HAV)

Von links nach rechts: Klaus Michels, Armin Hoffmann und Holger Seyfarth. (Fotos: AVWL / AKNR / HAV)


Für das Ausstellen digitaler Impfzertifikate sollen Apotheken künftig pauschal 6 Euro bekommen. Derzeit sind es noch 18 Euro je Einzelnachweis, beziehungsweise 18 plus 6 Euro, wenn die QR-Codes für Erst- und Zweitimpfung in einem Rutsch erstellt werden. Der Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) stößt bei Apothekerkammern und -verbänden auf massive Kritik.

„Der Wahlkampf wird auf dem Rücken der Apotheken vor Ort und damit letztlich auch der Patienten ausgetragen.“ Mit diesen Worten kritisiert Klaus Michels, Vorstandsvorsitzender des Apothekerverbands Westfalen-Lippe (AVWL), die Pläne der Bundesregierung, die Vergütung der Apotheken für das Ausstellen digitaler Impfzertifikate zu kürzen, nachdem die Opposition den Bundesgesundheitsminister öffentlich kritisiert hatte.

Aus dem gleichen Grund sei zuvor bereits die Vergütung weiterer pandemiebedingter Sonderaufgaben mitten im laufenden Verfahren erheblich gesenkt worden, sagte Michels laut einer Pressemitteilung des AVWL vom gestrigen Donnerstag. Problematisch sei vor allem die Kurzfristigkeit, mit der die Änderung erfolge. Damit werde der Kalkulation der Apotheken der Boden entzogen. Wenn Apothekerinnen und Apotheker nicht mehr auf die Zusagen der Politik vertrauen könnten, werde es schwierig, sie in Zukunft zu motivieren, wie bisher in der Pandemie innerhalb kürzester Zeit Entscheidungen der Politik umzusetzen und neue Leistungen zum Schutz der Patienten anzubieten. „Wir Apotheken vor Ort benötigen Planungssicherheit“, fügt er hinzu.

Seit Montag stellen die Apotheken für die geimpften Menschen in Deutschland digitale Nachweise aus. Die Berufsorganisationen hatten dafür in den Aufbau einer IT-Infrastruktur investiert, die Apotheken vor Ort Fachpersonal abgestellt und zusätzliche Hardware eingesetzt. Um ein Zertifikat auszustellen, müssten die Unterlagen geprüft werden. Doch die Patienten kamen nicht nur mit gelben Impfpässen, sondern mit alten weißen Impfbüchern, mit roten Impfheften aus der DDR oder mit Nachweisen aus den Impfzentren.

Ferner benötigten die Menschen Beratung zur Nutzung der CovPass-App und der Corona-Warn-App. „Der Zeitaufwand für die Ausstellung der Zertifikate ist hoch“, betont Michels. Die Apothekenteams seien in der Coronakrise stark gefordert und einem enormen Stresslevel ausgesetzt. „Viele Kollegen und ihre Mitarbeiter gehen seit annähernd eineinhalb Jahren über die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit hinaus. Da ist eine verlässliche Honorierung angemessen. Eine wiederholte Kürzung der Vergütung von Leistungen hingegen ist eine Ohrfeige für die höchst engagierten Apothekenbeschäftigten.“



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Infoveranstaltung der Apothekerkammer Westfalen-Lippe

Overwiening: Bei Honorarkürzung Ungehorsam?

Westfalen-Lippe: Unverständnis über Honorarkürzung

Overwiening: „Wir können nicht jeden Druck auffangen“

Medienbericht: Absenkung von 18 Euro auf 6 Euro / Overwiening: Spahn ist unter Druck

Deutliche Honorarkürzung bei Impfzertifikaten geplant

Kommentar zur geplanten Honorarkürzung

Ohne Apotheken keine Zertifikate

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

4 Kommentare

Kürzung Honorar digitaler Impfpass

von pille62 am 30.06.2021 um 8:51 Uhr

nur mal so. ein einfaches polizeiliches Führungszeugnis kostetet ca. 13,-Euro. die Härte alledings ist ein Auszug aus dem Geburtenregister zur Eheschliessung wird meist digital von Standesamt zu Standesamt geschickt ca. 50,-Euro.
Noch Fragen zum Thema Preisgestaltung!?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Planbarkeit des Apothekensterbens

von Thomas Eper am 18.06.2021 um 11:14 Uhr

Wir soll jemanden unterstützen, der die Apotheken wie Zitronen ausquetschen (Zitat Spahn) will, den Koalitionsvertrag mit RxVV nicht umsetzt, weil er DocMorris unterstützt? Ich will doch seine Wahlkampfsperenzien mit der SPD oder sonstigen nicht ausbaden.
Hallo, geht´s noch?
Mit Spahn ist das Apothekensterben das einzige, was planbar ist.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Really?

von Michael Staesche am 18.06.2021 um 9:37 Uhr

„Wenn Politiker in Brüssel, Berlin oder Düsseldorf dieser erstklassigen Arbeit nicht adäquate Wertschätzung entgegenbringen, dann werden wir mit der Politik in regen Austausch treten – das haben wir immer so getan und das werden wir auch weiterhin tun.“
Wirklich? Das wird sicher helfen. Die warten nur darauf, endlich von uns zu hören...
Sorry, aber wir brauchen endlich eine Öffentlichkeitsarbeit, die unsere Leistungen betont (so lange wir von den Medien als Krisengewinnler und Abzocker verkauft werden, sind wir den Politikern eh egal), und wir brauchen - Testikel. Um den Politikern auch mal zu drohen, wenn sie uns wieder verar.....

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Unterstützen

von Radman am 18.06.2021 um 8:10 Uhr

Wenn man Gründe für die Kürzung der Honorare finden möchte, dann sollte man sie bei den Sozis suchen. Sie lassen keine Gelegenheit aus, um den Minister für seine Verordnungen zu kritisieren und am Pranger zu stellen. Die guten Willen des Ministers erkennt man an die Originalverordnungen. Klar, der Minister lässt sich unter Druck setzen, aber er ist nicht die schlechtere Wahl. Ich bin mir sicher, dass er nach der Wahl für Planbarkeit sorgen wird. Wir sollten tatsächlich die ein Paar Monate noch aushalten und ihn unterstützen.Den Risiko sollten wir eingehen. Ich weiß, es klingt Paradox, aber das ist der richtige Weg.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.