Superfood – Beratungswissen Teil 16

Curcuma – die goldene „Power-Knolle“

29.06.2021, 07:00 Uhr

Der goldgelben Wurzel werden zahlreiche Heilkräfte nachgesagt. Doch die wenigsten sind zweifelsfrei nachgewiesen. (Foto: jchizhe / AdobeStock)

Der goldgelben Wurzel werden zahlreiche Heilkräfte nachgesagt. Doch die wenigsten sind zweifelsfrei nachgewiesen. (Foto: jchizhe / AdobeStock)


Rechtliche Einstufung und Sicherheit

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat sich mit Curcumin-Produkten, die mit einer verbesserten Bioverfügbarkeit werben, beschäftigt. Laut BVL können diese auf keinen Fall als Funktionsarzneimittel bewertet werden, weil ihre ausschließlich durch Laborexperimente belegten Wirkungshinweise nicht durch klinische Studien belegt sind. Eine Zulassung als „traditionelles pflanzliches Arzneimittel“ ist ebenfalls nicht möglich, weil die Bioverfügbarkeitserhöhung nicht den Kriterien der EMA-Monografie entspricht. Bleibt die Einstufung als „sicheres“ Lebensmittel, weil Nahrungsergänzungsmittel dem Lebensmittelrecht unterliegen. Doch auch das erscheint alles andere als einfach. 

Da ein Curcumin-haltiger Extrakt in der EU als Lebensmittelfarbstoff (E 100) zugelassen ist, gibt es für diesen zwar einen ADI-Wert (ADI = acceptable daily intake), also einen Wert, der als sicher verträglich gilt. Doch eine BVL-Expertenkommission kam im Dezember 2020 zu dem Schluss, dass dieser Wert nicht auf Curcumin-haltige Nahrungsergänzungsmittel mit verbesserter Bioverfügbarkeit übertragen werden kann. Zu unterschiedlich sind die verwendeten Extrakte und Herstellungsverfahren. Die Expertenkommission empfiehlt daher, jedes einzelne Produkt einer Sicherheitsbewertung zu unterziehen. In keinem Fall soll die Tagesdosierung von Curcumin mit verbesserter Bioverfügbarkeit den ADI-Wert für den Lebensmittelfarbstoff E 100 überschreiten. Dieser beträgt 3 mg pro kg Körpergewicht am Tag. Die BVL-Experten diskutieren in ihrer Stellungnahme vom Dezember 2020 auch die Möglichkeit, Curcumin-Produkte mit verbesserter Bioverfügbarkeit laut EU-Verordnung als „Novel Food“, also neuartige Lebensmittel, einzustufen. 

Möglicherweise doch wirksam?

Unbeeindruckt von den Überlegungen der Rechtsexperten bieten die Hersteller im Internet eine für den Verbraucher verwirrende Produktvielfalt an. Und sogar Versandapotheken nennen begleitend zu ihrem Angebot an Curcumin-Produkten Anwendungsgebiete. Da heißt es zum Beispiel (grammatikalischer Fehler inklusive): „Wer auf natürliche Weise einer chronischen Entzündung des Dick- oder Mastdarms oder Gelenkschmerzen entgegenwirken möchte, kann auf das Extrakt der Kurkuma-Wurzel setzen.“ Tatsächlich gibt es kleine, klinische Studien mit Curcumin, deren Ergebnisse zwar strengen wissenschaftlichen Kriterien nicht standhalten, die aber für die Beratung in der Apotheke eine Rolle spielen können. Denn einige Fachleute interpretieren diese Studienergebnisse so positiv, dass sie in Empfehlungen für die ärztliche Praxis eingeflossen sind. 

Curcuma bei Kniearthrose und Colitis ulcerosa 

So hat eine randomisierte Studie mit Kniearthrose-Patienten gezeigt, dass Curcumin Schmerzen und Steifigkeit im gleichen Maße senkte wie Ibuprofen. Eine weitere Studie brachte das Ergebnis, dass die Einnahme von Curcumin als Add-on die Schmerzmitteleinnahme bei Arthrose verminderte. Entsprechend gibt es in der 2017 verfassten „DEGAM S1-Handlungsempfehlung“ der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin für „Knieschmerz bei Arthrosezeichen“ den Hinweis, dass Curcuma bei der medikamentösen Therapie als „schwache Empfehlung“ zu bewerten sei.

Für Colitis ulcerosa gibt es eine S3-Leitlinie, zuletzt aktualisiert im August 2020. Hier wird bei den „Komplementären Therapieverfahren“ ausdrücklich Curcumin genannt. Beschrieben werden die positiven Ergebnisse einer Multicenterstudie, bei der Curcumin in der remissionserhaltenden Therapie komplementär zu Sulfasalazin oder Mesalazin verabreicht wurde. Zwei weitere Studien haben den Effekt von Cucurmin bestätigt. Die Leitlinie verweist auf die in Deutschland auf dem Markt befindlichen Nahrungsergänzungsmittel, weil kein entsprechendes zugelassenes Arzneimittel mit Curcumin als Wirkstoff zur Verfügung steht.

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Man muss zugestehen: Auch wenn wissenschaftlich anerkannte, seriöse Studien zu einem Wirkstoff oder einem Produkt fehlen, kann es durchaus eine Wirksamkeit geben. 



Reinhild Berger, Apothekerin
redaktion@daz.online


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