Unbemerkt infiziert ohne PCR-Nachweis

Warum ein Antikörpertest als Genesenennachweis nicht genügt

Stuttgart - 14.07.2021, 10:45 Uhr

BMG: Wenn kein PCR-Test durchgeführt wurde, gelten die gleichen Impf-Empfehlungen wie bei Personen, die nie an COVID-19 erkrankt waren. Ein Antikörpernachweis wird nicht als ausreichender Nachweis für eine überstandene COVID-19-Erkrankung erachtet. (s /Foto: Parilov / AdobeStock)

BMG: Wenn kein PCR-Test durchgeführt wurde, gelten die gleichen Impf-Empfehlungen wie bei Personen, die nie an COVID-19 erkrankt waren. Ein Antikörpernachweis wird nicht als ausreichender Nachweis für eine überstandene COVID-19-Erkrankung erachtet. (s /Foto: Parilov / AdobeStock)


Corona-infiziert und nicht bemerkt: Was erstmals gut klingt – hat man COVID-19 doch unversehrt überstanden und nun einen Immunschutz –, entpuppt sich zum kleinen Hindernis. Die vormals Infizierten gelten ohne PCR-Nachweis formal als nie an COVID-19 erkrankt, erklärt das Bundesgesundheitsministerium. Denn ein Antikörpertest genügt aktuell nicht als Genesenennachweis. Bessert das Ministerium hier nach?

Wer gesichert mit SARS-CoV-2 infiziert war, gilt für sechs Monate als geschützt. Nach sechs Monaten rät die STIKO zu einer Impfdosis, da die derzeit verfügbaren klinischen und immunologischen Daten eine Schutzwirkung für mindestens sechs bis zehn Monate nach überstandener SARS-CoV-2-Infektion belegten. Doch auch bereits ab vier Wochen nach Ende der COVID-19-Symptome kann man sich laut STIKO impfen lassen, und zwar, wenn Virusvarianten mit Immun-Escape auftreten, vor denen eine durchgemachte Infektion möglicherweise keinen ausreichenden Schutz bietet, oder nach gesicherter asymptomatischer SARS-CoV-2-Infektion.

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Nach symptomatischer und asymptomatischer Infektion

Wann sollten Genesene sich impfen lassen?

Doch was ist mit Personen, die mit SARS-CoV-2 infiziert waren, aber es nicht bemerkten, da asymptomatisch, oder es bemerkten, ihre Symptome jedoch nicht COVID-19 zuschrieben – und folglich auch keinen PCR-Nachweis ihrer Infektion vorlegen können? Können sie sich impfen lassen oder gilt ein Antikörpernachweis auch als „genesen“? Kurzum: Diese Genesenen fallen derzeit etwas durchs Raster.

Antikörpernachweis genügt nicht

So gilt nur ein direkter Erregernachweis (PCR) zum Zeitpunkt der Infektion als Nachweis einer gesicherten Infektion. Die Antikörpertests nicht – wobei es wohl nicht an deren Zuverlässigkeit liegt: „Die spezifischen SARS-CoV-2-Antikörpernachweise aus Laboren, die akkreditiert sind und/oder nach RiLiBÄK arbeiten, sind mittlerweile so zuverlässig, dass sie nunmehr prinzipiell geeignet sind, einen Zustand nach SARS-CoV-2-Infektion nachzuweisen“, erklärt das Robert Koch-Institut (RKI) dazu. Trotz dieser Tatsache könne die formale Definition einer gesicherten Infektion aktuell nicht ohne Weiteres geändert werden, da dies aufgrund der momentan gültigen Rechtsverordnung zu Nachteilen bei bestimmten Personen hinsichtlich ihres Status als Genesene oder vollständig Geimpfte führen würde, erläutert das RKI weiter. Im Sinn der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung vom 8. Mai gilt als genesene Person, wer asymptomatisch ist und im Besitz eines auf sie ausgestellten Genesenennachweises, steht in § 2 Absatz 4 der SchAusnahmV. Und was fällt derm Gesetzestesxt zufolge unter einen Genesenennachweis? Hier hilft § 2 Absatz 5 weiter. „Ein Genesenennachweis ist ein Nachweis hinsichtlich des Vorliegens einer vorherigen Infektion mit dem Coronavirus in deutscher, englischer, französischer, italienischer oder spanischer Sprache in verkörperter oder digitaler Form, wenn die zugrundeliegende Testung durch eine Labordiagnostik mittels Nukleinsäurenachweis (PCR, PoC-PCR oder weitere Methoden der Nukleinsäureamplifikationstechnik) erfolgt ist und mindestens 28 Tage sowie maximal sechs Monate zurückliegt“ – kein Antikörpertest also.

Bessert das BMG bald nach?

Plant das Bundesgesundheitsministerium denn diese Verordnung in Kürze anzupassen und vielleicht auch die Antikörpernachweise als Nachweis gelten zu lassen – nachdem das RKI diese als „prinzipiell geeignet“ einstuft, um eine SARS-CoV-2-Infektion nachzuweisen? Auf eine Anfrage der Deutschen Apotheker Zeitung antwortete das BMG: „Wenn kein PCR-Test durchgeführt wurde, gelten die gleichen Impf-Empfehlungen wie bei Personen, die nie an COVID-19 erkrankt waren“. Die Erklärung: „Ein Antikörpernachweis wird nicht als ausreichender Nachweis für eine überstandene COVID-19-Erkrankung erachtet, weil:

  • die nachgewiesenen Antikörper nicht immer wirksam sind,
  • die Menge der Antikörper keinen sicheren Rückschluss auf den Schutz vor einer Infektion zulässt,
  • der Antikörpernachweis auch durch andere Coronaviren verursacht sein kann,
  • der Antikörpernachweis keinen Rückschluss auf den Zeitpunkt der Infektion zulässt",

begründet das BMG – und ist hier wohl teilweise anderer Meinung als die Wissenschaftler des RKI. 

Die Frage, ob das BMG plant, die COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung in diesem Punkt anzupassen und auch Antikörpertests gelten zu lassen, ließ das Ministerium bislang unbeantwortet.

Ausweg Corona-Impfung?

Was allerdings infrage kommt, für vormals Infizierte ohne PCR-Nachweis, ist eine Impfung. Die STIKO rät für Genesene bislang zu einer einzigen Impfdosis. Da kein Antikörper-Schwellenwert definiert ist, der einen sicheren Schutz gewährt, sei ein  Antikörpernachweis oder die Bestimmung des Antikörpertiters vor Corona-Impfungen nicht nötig. Auch sind nach Informationen des RKI die Impfungen für ehemals Infizierte sicher und wirksam: „Die bisher vorliegenden Studienergebnisse geben insgesamt keine Hinweise darauf, dass die Impfung nach einer durchgemachten SARS-CoV-2-Infektion problematisch bzw. mit Gefahren verbunden wäre, das gilt für Sicherheit, Wirksamkeit und Verträglichkeit der Impfung“, erklärt das RKI. In den Zulassungsstudien der beiden mRNA-Impfstoffe sind auch Teilnehmer:innen eingeschlossen gewesen, die bereits im Vorfeld eine SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht hatten. Auch die Effektivität der Impfung ist nicht unterschiedlich, wenn bereits eine SARS-CoV-2-Infektion vorangegangen ist.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Absurdistan lässt grüßen!

von Julia am 10.08.2021 um 21:24 Uhr

"- die nachgewiesenen Antikörper nicht immer wirksam sind"
Achso, nagut, die Impfung ist auch nicht immer wirksam.

"- die Menge der Antikörper keinen sicheren Rückschluss auf den Schutz vor einer Infektion zulässt"
Ok, bei einer Impfung ist dies aber genauso der Fall.
Interessanterweise steht auf der Homepgae des RKI (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Projekte_RKI/Antikoerper-Studien.html) folgendes: "Das wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Robert Koch-Instituts in mehreren großangelegten Studien herausfinden. Untersucht wird, ob sich im Blut der Studienteilnehmenden Antikörper gegen SARS-CoV-2 nachweisen lassen – ein sicherer Hinweis auf eine durchgemachte Infektion."
Hier wird also tatsächlich deutlich, dass bei Aussagen des RKI durch die Regierung mit zweierlei Maß gemessen wird. Und zwar mit "Aussagen, die das Narrativ stützen" und mit "Aussagen, die entgegen stehen".

"- der Antikörpernachweis auch durch andere Coronaviren verursacht sein kann"
Das ist möglich und auch wahrscheinlich. Allerdings können spezielle Tests (Neutralisationstest) dies eindeutig verifizieren.

"- der Antikörpernachweis keinen Rückschluss auf den Zeitpunkt der Infektion zulässt"
Das ist schlichtweg falsch. Ein Anstieg der IgA in der zweiten Woche nach Infektion und eine Verlaufskontrolle in der 4. Woche, wo in der Regel ein niedrigerer IgA Antikörper Wert vorliegt, können den Zeitpunkt bei symptomatisch Erkrankten bestimmen. Symptomlose Erkrankte sind irrelevant, weil hier die Sars CoV 2 Virenlast so gering ist, dass eine Infektiösität so gut wie ausgeschlossen ist.

Da winden sich die Regierungshandpuppen wie der Aal im Fischernetz und suchen sich einen Ausweg.
Einen Nachteil für derzeit als Genesene/Geimpfte geltende, sollte die VO geändert werden, ist doch eine Farce! Aktuell gibt es Nachteile für diejenigen, die per AK Test nachweisbar Genesen sind. Das werden gewiss nicht weniger sein, als solche die einen falsch Positiven PCR Test hatten und nun als Genesene Vorteile haben.

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Unfassbar

von Markus am 04.08.2021 um 17:52 Uhr

Das ist doch wirklich unfassbar. Also fehlanfällige PCR-Tests werden als sicherer Nachweis einer Infektion anerkannt, aber aussagekräftige Antikörpertests nicht?!
Was hat das BMG zu verbergen?

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Zitat RKI

von Ludwig am 01.08.2021 um 22:32 Uhr

"Trotz dieser Tatsache könne die formale Definition einer gesicherten Infektion aktuell nicht ohne Weiteres geändert werden, da dies aufgrund der momentan gültigen Rechtsverordnung zu Nachteilen bei bestimmten Personen hinsichtlich ihres Status als Genesene oder vollständig Geimpfte führen würde"


Wie soll man dieses undeutliche Herumgruchse deuten?
Dass die Leute die einen falsch positiven PCR Test erhalten haben, benachteiligt werden würden, wenn man bei ihnen keine Antikörper nachweisen kann?

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