„Glück“ im Lissaboner Apothekerhaus:

Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie unsere Kellner

Wien - 02.08.2021, 17:45 Uhr


Das Apothekenmuseum

So gestärkt und erfrischt geht es jetzt doch auf die andere Seite der Villa, in das Apothekenmuseum.

Portugiesische Pharmaziegeschichte unterscheidet sich von unserer vertrauten mitteleuropäischen Pharmaziegeschichte durch die Impulse, die aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum sowie aus Kolonialgebieten kamen.
Dazu kommt eine unterschiedliche landesspezifische Auswahl an Pflanzen (und Tieren), die für die Herstellung von Arzneimitteln herangezogen wird. Daher öffnet es uns Zugang zur portugiesischen Pharmaziegeschichte und zeigt uns die Herkunft von Arzneidrogen aus fernen Ländern, wie Bezoare des Stachelschweins, künstliche Bezoare (Lapis de Goa) oder die Chinarinde, auch Jesuitenrinde genannt.

Drei Stockwerke Pharmaziegeschichte

Auf drei Stockwerken wird die Entwicklung von den Anfängen bis zu den neuesten Entdeckungen des späten 20. Jahrhunderts präsentiert. Einige der musealen Highlights sind beispielsweise rekonstruierte Innenräume einer portugiesischen Apotheke aus dem 18. Jahrhundert im Barockstil – inklusive Krokodil aus der Naturaliensammlung -, eine traditionelle chinesische Apotheke aus Makalu mit aufwendig geschnitzten Wanddekorationen, die Suche nach dem Stein der Weisen und den Versuchen der Jesuiten, ihn zu schaffen, Zauberfiguren, die für Heilrituale, Weihrauch und andere Zaubertränke verwendet wurden. Zeithistorische Exponate sind Geräte zur Herstellung von Medikamenten, Herbarien, Flaschen und Kartons, in denen Medikamente aufbewahrt wurden, Apothekengeräte aus verschiedenen Zeiträumen, Werkzeuge zum Dosieren und Wiegen von Zutaten und vieles mehr. Zu sehen sind auch Keuschheitsgürtel für Frauen und Männer, Beispiele der Kriegspharmazie/Frontapotheken und die Medikamentenausstattungen von Weltraummissionen.

Schließlich führt der Weg der BesucherInnen vorbei an einer grünen Jacke mit großen goldenen Knöpfen. Sie stammte von der bei uns weitgehend unbekannten HIV-Pionierin Maria Odette Santos Ferreira (1925 - 2018). In den tiefen Taschen „schmuggelte“ sie im September 1985 mit dem AIDS-Virus kontaminierte Reagenzgläser auf ihrem Flug von Lissabon nach Paris, wobei es auf die Erhaltung der Temperatur von 37 Grad ankam, um die Stabilität der Proben zu gewährleisten.

Frühe HIV-Forschung

In ihrer Zusammenarbeit mit dem französischen Pasteur-Institut ab den 1980er-Jahren entwickelte sie Erkennungstechniken für das HIV-1 Lymphadenopathie-assoziierte Virus (LAV), einen der ätiologischen Erreger von HIV. Sie war für die Diagnose der ersten AIDS-Fälle in Portugal verantwortlich, einschließlich des Falles von António Variações, eines berühmten portugiesischen Sängers. In Zusammenarbeit mit den Nobelpreisträgern Françoise Barré-Sinoussi und Luc Montagnier gelangt ihr die Identifizierung eines neuen AIDS-Virus, HIV-2, wodurch vergleichende Studien zwischen HIV-1 und HIV-2 möglich wurden. Für ihre wissenschaftliche Arbeit erhielt sie vielen Ehrungen, wurde Koordinatorin des portugiesischen Nationalprogramms zur Bekämpfung von AIDS und Beraterin des AIDS-Programmes der WHO.

Die besondere Aufmerksamkeit des Lissaboner Apothekenmuseums für Ferreira rührt aus ihrer Lebensgeschichte. Sie stammte selbst aus einer Apothekerfamilie; aus politischen Gründen war ihr das Pharmaziestudium jedoch lange verwehrt geblieben. Als sie es endlich geschafft hatte, wurde sie zu einer Kämpferin für die Weiterentwicklung des Studiums, für die Aufwertung des Berufes und für den Zugang von Frauen – „sogar“ in die Riege der selbständigen Apothekenleiterinnen. 

Restaurant Pharmacia Felicidade

Rua Marechal Saldanha, 1
1249-069 Lissabon

+351 21 346 2146
facebook.com/restaurantepharmacia
chef-felicidade.pt
Metro Baixa-Chiado. Tram 28
 

Health and Pharmacy Museum Lisbon

+351 213 400 688
museudafarmacia.pt



Dr. phil. Susanne Krejsa MacManus, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.