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25. August 2021
„Was wir machen, ist grundsätzlich etwas Gutes“ – Vorsicht, mein liebes Tagebuch, wer so etwas sagt, den sollte man erstmal kritisch beäugen. Klingt irgendwie nach dem früheren Google-Verhaltenscodex und Unternehmensmotto „Don’t be evil“ (sei nicht böse) – Google hat dieses Motto übrigens 2018 aus seinem Codex entfernt. Grundsätzlich etwas Gutes zu machen – das glaubt (nun ja, vielleicht auch die ABDA? Aber die tönt nicht so) der Zur Rose-Chef Walter Oberhänsli. Gesagt hat er es auf der Veranstaltung „Gesundheit digital – Meilensteine für eine digitale Medizin“ des health innovation hub (hih), bei der auch ABDA-Präsidentin Gabriele Overwiening dabei war. Großes Thema war u. a. das E-Rezept. Positiv stehen dem E-Rezept beide gegenüber, Oberhänsli und Overwiening, aber mit anderen Intentionen. Overwiening sieht im E-Rezept keine Bedrohung, sondern Vorteile, z. B. keine formellen Fehler, vereinfachte Abrechnung, sichere Patientendaten. Und ja, E-Rezept bedeutet nicht Versand. Allerdings müsste noch die Kundschaft von den Vorteilen des E-Rezepts überzeugt werden. Wie wahr! Auch für Oberhänsli bringt das E-Rezept nur Vorteile, wie er wissen ließ. Allerdings versuchte er, die ihm zugeschriebene Aussage, sein Unternehmen wolle in den nächsten fünf Jahren den Marktanteil im Rx-Markt von derzeit 1 Prozent auf 10 Prozent erhöhen, zu relativieren: Das E-Rezept solle den Rx-Anteil sicher steigern, aber auf eine Zahl wolle er sich nicht festlegen. Mein liebes Tagebuch, ist das „das grundsätzlich Gute“? Vielleicht noch nicht ganz, denn Oberhänsli träumt auch von einer Plattform, die mehrere Player verknüpft und damit Mehrwert für die Patienten generiert. Sein „gutes“ Petitum: Lassen Sie uns doch diese Plattformen – es wird ja nicht nur eine sein – letztlich gemeinsam anstreben und bitteschön das Feld nicht denjenigen überlassen, die wirklich niemand will, damit meine ich Amazon und Konsorten“. Mein liebes Tagebuch, das klingt ein bisschen wie aus dem Märchen mit dem Wolf im Schafspelz. Denn schon in seinen weiteren Ausführungen wird der Zur Rose-Chef deutlicher: Während die ABDA-Präsidentin eindringlich davor warnt, dass die Kunden auf die Idee kommen könnten, ihren ausgedruckten QR-Code fürs E-Rezept nicht in die Apotheke zu tragen, sondern abzufotografieren und an DocMorris zu senden (Overwiening: So einen Bruch dürfe man nicht zulassen), feixt Oberhänsli ganz unverhohlen: "Warum denn nicht?“, nur her mit den QR-Codes. Mein liebes Tagebuch, so viel zum grundsätzlich Guten.
Letzte Woche hatte der CDU-Bundestagsabgeordnete Alexander Krauß eine stundenweise Vertretungsbefugnis für PTA ins Spiel gebracht, um Personalengpässe in Apotheken zu überbrücken. Der Bundesverband PTA ist hoch erfreut über diese Idee, die ABDA not amused. In ihrem regelmäßig stattfindenden Live-Talk auf Facebook macht ABDA-Präsidentin Gabriele Overwiening deutlich, was sie von diesem Vorschlag hält: Nichts. Die ABDA lehne auch eine stundenweise Vertretungsbefugnis für PTA kategorisch ab. Mein liebes Tagebuch, bei allem Verständnis, dass auch mal eine Apothekerin, ein Apotheker z. B. in einer Landapotheke „mal gschwind“ eine kleine Besorgung erledigen möchte und den Laden der PTA überlässt: Wir dürfen das nicht zulassen. Ich kann da Overwiening nur zustimmen: Es kann jederzeit zu Nachfragen oder Interventionen kommen, wo man ein profundes pharmazeutisches Wissen braucht, damit Patienten gut versorgt werden. Außerdem, mein liebes Tagebuch, wie rasch würde sich so eine „stundenweise Vertretungsbefugnis“, die im Prinzip nicht zu kontrollieren ist, ausweiten. Auch die Bundesapothekerkammer hat sich mittlerweile gegen den Vorschlag des CDU-Politikers Krauß gestellt: „Wir lehnen die stundenweise Vertretung von Apothekerinnen und Apotheker durch PTA als nicht zielführend ab.“
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Apo-Apo Feind, Arzt-Arzt Phalanx
von Thomas Kerlag am 29.08.2021 um 9:30 Uhr
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