MenQuadfi

Sanofi bringt neuen Meningokokken-Impfstoff auf den Markt

Stuttgart - 03.09.2021, 15:15 Uhr

Seit August gibt es einen dritten Meningokokken-Impfstoff, der vor den vier Serotypen A, C, W-135 und Y schützt; MenQaudfi von Sanofi Pasteur. (s / Foto: Viacheslav Lakobchuk / AdobeStock)

Seit August gibt es einen dritten Meningokokken-Impfstoff, der vor den vier Serotypen A, C, W-135 und Y schützt; MenQaudfi von Sanofi Pasteur. (s / Foto: Viacheslav Lakobchuk / AdobeStock)


Neben Nimenrix (Pfizer) und Menveo (GSK) kann nun auch mit MenQuadfi von Sanofi Pasteur vierfach gegen Meningokokken der Serogruppen A, C, W-135 und Y geimpft werden. Seit August vermarktet Sanofi den neuen Meningokokkenschutz – worin unterscheiden sich die drei Meningokokkenimpfstoffe und rät die STIKO standardmäßig zur Vierfach-Meningokokkenimpfung?

Bereits am 18. November 2020 ließ die Europäische Kommission nach Empfehlung des Humanarzneimittelausschusses der EMA einen neuen Meningokokken-Impfstoff zu: MenQuadfi® von Sanofi Pasteur. Nun ist der Vierfach-Meningokokkenschutz seit August dieses Jahres verfügbar. Er ergänzt die beiden bereits zu zugelassenen Meningokokkenvakzinen Menveo® von GSK und Nimenrix® von Pfizer, die ebenfalls vor den vier Serogruppen A, C, W-135 und Y schützen. Geimpft werden darf mit MenQuadfi® bei Personen ab einem Alter von zwölf Monaten, um vor invasiven Meningokokken-Erkrankungen, die durch Neisseria meningitidis der Serogruppen A, C, W-135 und Y verursacht werden, zu schützen. Geimpft wird intramuskulär.

Nimenrix® (Pfizer) darf ab einem Lebensalter von sechs Wochen deutlich früher appliziert werden, Menveo® (GSK) hingegen hat erst ab einem Lebensalter von zwei Jahren eine Zulassung. Im Gegensatz zu anderen quadrivalenten Meningokokken-Impfstoffen liegt MenQuadfi®  als fertige Injektionslösung in der Ampulle vor und muss nicht vor der Injektion aufgelöst werden. Jedes Fläschchen enthält jeweils 10 Mikrogramm der Polysaccharide von Neisseria meningitidis der Serogruppen A, C, W und Y, die je an 55 Mikrogramm Tetanustoxoid-Trägerprotein konjugiert sind. Sanofi weist darauf hin, dass MenQuadfi® auch für eine Auffrischimpfung genutzt werden kann, wenn die Person zuvor eine Meningokokken-Grundimmunisierung mit denselben Serogruppen erhalten haben.

Der Wirkstoff von MenQuadfi® ist ein Konjugat von Kapselpolysacchariden der Meningokokkengruppen A, C, W und Y mit Tetanustoxoid als Trägerprotein, der die Produktion von Kapselpolysaccharid-spezifischen Antikörpern stimuliert. Die Anti-Kapsel-Antikörper schützen primär durch komplementär-vermittelte bakterizide Wirkung. Auch Nimenrix® enthält an Tetanustoxoid konjugierte Kapselpolysaccharide, bei Menveo® sind die Kapselpolysaccharide hingegen an Corynebacterium diphtheriae konjugiert. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören bei Kleinkindern im Alter von zwölf bis 23 Monaten Reizbarkeit und Empfindlichkeit der Injektionsstelle. Ab einem Alter von zwei Jahren wurden Myalgie und Schmerzen an der Injektionsstelle berichtet. Die Zulassung beruht auf insgesamt sieben Phase-II- und Phase-III-Studien an über 6.300 Kindern im Alter von zwölf Monaten oder mehr, Jugendlichen und Erwachsenen, in denen MenQuadfi® gegenüber anderen zugelassenen MenACWY-Impfstoffen auf Immunogenität und Sicherheit geprüft wurden. Die Vakzine erwies sich in allen Studien als sicher und löste laut Sanofi eine „hohe Immunantwort“ aus und sei damit den Vergleichsimpfstoffen nicht unterlegen gewesen.

STIKO rät nicht standardmäßig zum Meningokokken-ACWY-Schutz

Die STIKO (Ständige Impfkommission) am Robert Koch-Institut spricht sich beim Schutz vor Meningokokken derzeit nur für eine standardmäßige Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe C aus, und zwar für Kleinkinder im zweiten Lebensjahr, sprich ab einem Alter von zwölf Monaten. Diese Empfehlung gilt seit 2006. Eine Nachholimpfung sieht die STIKO im Alter von zwei bis 17 Jahren vor. Hingegen sind Impfungen gegen Meningokokken B und die Vierfachimpfungen gegen A, C, W, Y lediglich Indikationsimpfungen.

Das RKI schreibt dazu: „Bei Vorliegen eines erhöhten Risikos für Meningokokken-Erkrankungen (s. u.) sollten Säuglinge, Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit einem Meningokokken ACWY-Konjugatimpfstoff sowie mit einem Meningokokken-B-Impfstoff geimpft werden. Zu den Erkrankungen bzw. Therapien mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung gehören z. B. angeborene oder erworbene Immundefekte mit T- und/oder B-zellulärer Restfunktion (z. B. Komplement-/Properdindefekte, Eculizumab-Therapie, Hypogammaglobulinämie, Asplenie). Auch gefährdetes Laborpersonal sowie Pilgerreisende oder Reisende in endemische/hyperendemische Länder mit engem Kontakt zur einheimischen Bevölkerung sowie Schüler/Studenten vor Langzeit-Aufenthalten in Ländern mit empfohlener allgemeiner Impfung für Jugendliche oder selektiver Impfung für Schüler/Studenten sollten gegen Meningokokken geimpft sein.“

Neisseria meningitidis – Meningokokken

Neisseria meningitidis (Meningokokken) sind gramnegative intrazelluläre Bakterien. Sie treten als Diplokokken (Kugelbakterien, die als Pärchen gelagert sind) auf. Der einzige Wirt ist der Mensch. Bei etwa 10 Prozent der europäischen Bevölkerung ist der Nasen-Rachen-Raum mit Meningokokken besiedelt, ohne dass sich Krankheitszeichen äußern. Meningokokken wachsen aerob, benötigen also Sauerstoff, sowie fakultativ anaerob und können ihren Stoffwechsel bei Sauerstoffmangel an die anaeroben Verhältnisse im infizierten Gewebe anpassen. Sie regulieren dafür statt der sauerstoffabhängigen Enzyme die nitratabhängigen Enzyme ihres Zuckerstoffwechsels hoch. Laut RKI existieren zwölf Serogruppen – A, B, C, E, H, I, K, L, W-135, X, Y, Z –, die sich in der Zusammensetzung ihrer Kapselpolysaccharide unterscheiden.

Übertragen werden Meningokokken via Tröpfcheninfektion durch zum Beispiel Husten, Niesen oder Küssen. Mittels Fortsätze können sie sich an die Schleimhäute des Nasen-Rachen-Raums anheften, dort persistieren oder die Schleimhäute durchdringen und zu invasiven Erkrankungen führen. Das RKI spricht von einer invasiven Erkrankung, „wenn aus Blut, Liquor, hämorrhagischen Hautinfiltraten oder anderen normalerweise sterilen klinischen Materialien direkt oder indirekt Meningokokken nachgewiesen werden“. Meningokokken-Erkrankungen verlaufen zu zwei Drittel als Meningitis (Entzündung der Hirn- und Rückenmarkshäute), ein Drittel der Patienten entwickeln eine Sepsis.

Außerhalb des menschlichen Körpers sterben die Bakterien rasch ab – das heißt, für eine Ansteckung ist ein enger Kontakt mit Infizierten oder mit oropharyngealen Sekreten erforderlich. Die Inkubationszeit liegt regelhaft bei drei bis vier Tagen, kann allerdings auch zwischen zwei bis zehn Tagen variieren. Laut RKI sind Patienten sieben Tage vor Symptombeginn und bis 24 Stunden nach Beginn einer erfolgreichen antibiotischen Therapie mit Betalaktam-Antibiotika (Eradikation durch Drittgenerations-Cephalosporine wie Cefotaxim oder Ceftriaxon) ansteckend.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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