Ein Jahr nach Symptombeginn

Die Hälfte der COVID-19-Patienten hat noch Beschwerden

Stuttgart - 13.09.2021, 15:15 Uhr

Müdigkeit, Erschöpfung, Dyspnoe und Depressionen: Auch ein Jahr nach COVID-19-Diagnose leidet die Hälfte der Patient:innen noch an einschränkenden Symptomen. (Foto: kieferpix / AdobeStock)

Müdigkeit, Erschöpfung, Dyspnoe und Depressionen: Auch ein Jahr nach COVID-19-Diagnose leidet die Hälfte der Patient:innen noch an einschränkenden Symptomen. (Foto: kieferpix / AdobeStock)


Mehr Depressionen und Atemnot

Allerdings gibt es auch Symptome, die sich im Laufe der Zeit verschlechterten: Es leiden zwölf Monate nach Symptombeginn mehr Menschen an Atemnot (30 Prozent vs. 26 Prozent), Angststörungen und Depressionen (26 Prozent vs. 3 Prozent) als sechs Monate zuvor, was die Studienautor:innen als „besorgniserregend“ einordnen. Die psychischen Symptome nach COVID-19 könnten zwar eine direkte Auswirkung der Infektion sein – zum Beispiel durch eine abweichende Immunreaktion oder Hyperreaktion des Immunsystems –, doch könnten sie auch indirekte Folge von verringerten sozialen Kontakten, Einsamkeit und der nicht vollständig wiederhergestellten Gesundheit sein, räumen die Wissenschaftler:innen ein.

88 Prozent arbeiten wieder in früherem Beruf

88 Prozent der COVID-19-Patient:innen arbeitet ein Jahr nach Erkrankung wieder im früheren Beruf, davon drei Viertel (76 Prozent) auf dem gleichen Leistungsniveau. Von den 12 Prozent, die ihren Vor-COVD-19-Job nicht wieder aufnahmen, begründet ein Drittel (32 Prozent) dies mit einer eingeschränkten körperlichen Funktion (die restlichen Patienten wollten nicht wieder in dem Job arbeiten, wurden arbeitslos oder nannten andere Gründe).

Mehr Schmerzen und geringere Lebensqualität als Nicht-Infizierte

Zudem untersuchten die Wissenschaftler:innen nicht nur, wie sich der Gesundheitszustand der COVID-19-Patient:innen innerhalb eines Jahres nach Symptombeginn veränderte, sie verglichen die Patient:innen auch mit Menschen, die nicht mit SARS-CoV-2 infiziert gewesen waren. Es zeigten sich deutliche Unterschiede: So haben die COVID-19-Patient:innen deutlich mehr Probleme mit der Mobilität, mit Schmerzen oder Unwohlsein, Angst und Depressionen und stufen ihre Lebensqualität schlechter ein als die Kontrollgruppe. Auch hinsichtlich der abgefragten Symptome unterscheiden sich die ehemals Infizierten von den Nicht-Infizierten: 66 Prozent der COVID-19-Patient:innen beschreiben mindestens ein vorherrschendes Symptom, in der Kontrollgruppe liegt dieser Anteil bei 33 Prozent, also der Hälfte.

Lungendiffusionsstörungen auch nach einem Jahr

Die Wissenschaftler:innen beobachteten außerdem, dass vor allem Patient:innen mit schwerem und teilweise beatmungspflichtigem COVID-19 nach zwölf Monaten ein höheres Risiko für Diffusionsstörungen der Lunge – was auf Epithelschäden in der Lunge oder auf interstitielle oder pulmonale Gefäßanomalien zurückzuführen sein könnte – zeigen, als Patient:innen, die während der Akutphase der Erkrankung keinen Sauerstoff benötigten. Je nach Schweregrade der COVID-19-Erkrankung ist die Lungendiffusion bei 23 Prozent der Patient:innen ohne zusätzlichen Sauerstoff während der Akutphase der Erkrankung noch immer eingeschränkt, bei 31 Prozent der Patient:innen, die auf Sauerstoff angewiesen waren, und bei über der Hälfte der Patient:innen (54 Prozent), die nicht invasiv oder invasiv beatmet werden mussten. Jedoch unterscheiden sich die Patient:innen nicht, was Müdigkeit und Muskelschwäche angeht. In der letzten Gruppe verbesserte sich jedoch bei einem Teil der Patient:innen die Gesamtlungenkapazität: Der Anteil der Patient:innen, deren Gesamtlungenkapazität unter 80 Prozent des Referenzwerts liegt, sank von 39 Prozent nach sechs Monaten auf 29 Prozent nach zwölf Monaten, doch zeigen 76 Prozent dieser Patient:innen im CT-Bild immer noch SARS-CoV-2-typische Milchglasinfiltrate der Lunge.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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