Nach Impfung Mit COVID-19-Vakzine Janssen

Wie sind vermehrte Impfdurchbrüche zu erklären?

Berlin - 17.09.2021, 15:00 Uhr

Wie effektiv ist der COVID-19-Impfstoff von Janssen? (Foto: IMAGO / C3 Pictures)

Wie effektiv ist der COVID-19-Impfstoff von Janssen? (Foto: IMAGO / C3 Pictures)


Das Robert-Koch-Institut stellt in seinem aktuellen Wochenbericht zu COVID-19 fest, dass es bislang 39.228 wahrscheinliche Impfdurchbrüche gab. Absolut gab es die meisten zwar nach einer Impfung mit Comirnaty – relativ sind es jedoch am häufigsten mit dem COVID-19-Impfstoff Janssen geimpfte, die trotzdem an COVID-19 erkranken. Was steckt dahinter?

Geimpft und trotzdem an COVID-19 erkrankt? Das ist zwar selten, kommt aber vor. Dem aktuellen Wochenbericht des Robert Koch-Instituts (RKI) zufolge wurden bislang 39.228 wahrscheinliche Impfdurchbrüche festgestellt – relativ betrachtet am häufigsten nach einer Impfung mit dem Johnson & Johnson-Vakzin (COVID-19-Impfstoff Janssen). Ist das Mittel, vor allem auch gegen die dominante Delta-Variante, weniger wirksam?

Definition wahrscheinlicher Impfdurchbruch: 
Ein wahrscheinlicher Impfdurchbruch ist definiert als SARS-CoV-2-Infektion mit klinischer Symptomatik, die bei einer vollständig geimpften Person mittels PCR oder Erregerisolierung diagnostiziert wurde. Ein vollständiger Impfschutz wird angenommen, wenn nach einer abgeschlossenen Impfserie (2 Dosen Moderna-, Biontech- oder AstraZeneca-Vakzine bzw. 1 Dosis Janssen-Vakzine) mindestens zwei Wochen vergangen sind.

Wöchentlicher COVID-19-Lagebericht des RKI vom 16.09.2021, S. 17

Bislang erkrankten dem aktuellen RKI-Wochenbericht zufolge in 6.106 Fällen Menschen trotz vollständigem Impfschutz durch das Janssen-Präparat. Laut RKI haben bislang gut drei Millionen Menschen eine solche Impfung bekommen. Auf eine Million Geimpfte kämen demnach grob überschlagen 2.000 Impfdurchbrüche. Allerdings ist bei dieser Art von Rechnung zu bedenken, dass noch nicht bei allen Geimpften die zwei Wochen vergangenen sind, nach denen von einem vollständigen Impfschutz ausgegangen wird. Zudem ist nicht berücksichtigt, wie lange die Impfung im Einzelfall schon zurückliegt.

Zum Vergleich: Bei Menschen, die als zweite Dosis den am häufigsten in Deutschland verwendeten Impfstoff – Comirnaty von Biontech/Pfizer – erhalten haben, wären es diesen Zahlen zufolge rund 675 Durchbrüche pro eine Million vollständig Geimpfte. Bei AstraZeneca sind es rund 830, bei 2. Dosis Moderna rund 400.

Weil die COVID-19-Vakzine Janssen nur in einer einzigen Dosis verimpft wird, ist sie in den vergangenen Monaten verstärkt für Menschen genutzt worden, die nur schwer für eine zweite Impfung zu erreichen sind; etwa bei Einsätzen mobiler Impfteams, um Wohnungslose oder Menschen in sozialen Brennpunktvierteln zu immunisieren. In Deutschland ist der Impfstoff von der Ständigen Impfkommission (STIKO) nur für Menschen über 60 empfohlen.

Geringere Antikörperspiegel bei Johnson & Johnson 

Die Impfdurchbrüche erklärt Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie: „Delta ist ansteckender als Alpha und etwa doppelt so ansteckend wie das Ursprungsvirus. Zusätzlich umgeht Delta den Immunschutz der Impfungen etwas. Daher sehen wir mit Delta auch mehr Durchbruchsinfektionen.“ Dass der Impfstoff von Johnson & Johnson hier im Vergleich mit den anderen Präparaten schlechter abschneide, liege vor allem an der Schutzwirkung des Impfstoffs selbst, sagt Watzl der Deutschen Presse-Agentur.

Nach der Impfung mit dem Mittel brauche es länger als nach den mRNA-Impfungen, bis sich ausreichend Antikörper gebildet hätten. „Teilweise steigen die Spiegel mehr als einen Monat nach der Impfung noch an.“ Man gelte jedoch 14 Tage nach der Impfung als vollständig immunisiert und eine Infektion würde als Durchbruchsinfektion gewertet. „Zu dem Zeitpunkt ist man aber noch nicht vollständig durch die Johnson & Johnson-Impfung geschützt. Und die Antikörperspiegel liegen deutlich unterhalb derer, die durch die anderen Impfstoffe erzeugt werden“, erklärt Watzl.

Da die Antikörper, gerade auf den Schleimhäuten, für einen Ansteckungsschutz wichtig seien, scheine der Schutz vor einer Corona-Infektion nach der Johnson & Johnson-Impfung deutlich schlechter, so der Experte. Reicht die Einmaldosis des COVID-19-Impfstoff Janssen also nicht aus? Es sei alles andere als überraschend, dass bei einem solchen Impfstoff eine einmalige Dosis nur einen zeitlich limitierten Schutz auslöse, meint STIKO-Mitglied Christian Bogdan.

Die Impfdurchbrüche seien zum einen auf das Ein-Dosis-Impfschema zurückzuführen – und nur für dieses habe die Firma bislang eine Zulassung, so Bogdan. Zum anderen entwickelten die Über-60-Jährigen, bei denen das Vakzin in Deutschland aufgrund seines Nebenwirkungsprofils primär angewendet werde, wiederum nach Impfungen im Vergleich zu jungen Menschen eine geringere und weniger lang anhaltende Immunantwort. Als dritter Faktor komme dann aber auch noch die hochinfektiöse Delta-Variante hinzu, sagt Bogdan.

Auch Frankreich beobachtet Durchbrüche bei J & J

Auch beispielsweise in Frankreich gibt es derweil Hinweise dafür, dass der Johnson & Johnson-Impfstoff weniger wirksam sein könnte. Krankenhäuser in Marseille und Tours berichteten zuletzt, dass auffallend viele Geimpfte auf der Intensivstation das Präparat von Johnson & Johnson erhalten hatten. In Marseille waren es mit Stand Dienstag vier von elf Eingelieferten, in Tours drei von neun.

Insgesamt infizierten sich in Frankreich seit Beginn der Impfungen mit dem Johnson & Johnson-Impfstoff Ende April etwa 32 von gut einer Million mit dem Präparat geimpften Menschen mit COVID-19. Frankreichs Arzneimittelbehörde spricht in diesem Zusammenhang von „Impfversagen“. Die Zahl sei potenziell ein Signal. In den 17 Fällen, bei denen die Virusvariante bekannt ist, hatten sich Menschen mit Delta angesteckt, hieß es in einem Bericht.

EMA wartet noch auf Daten

Mit Blick auf die aufkeimende Diskussion, ob folglich eine zweite Impfdosis empfohlen oder vorgeschrieben werden müsste, erklärt STIKO-Mitglied Bogdan, dass die Firma aktuell Studien zur Impfung mit dem Vakzin in einem Zwei-Dosis-Schema durchführe. Publizierte Ergebnisse in begutachteten Fachjournalen lägen aber noch nicht vor.

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Dennoch: Immunologe Watzl stellt klar, dass der Johnson & Johnson-Impfstoff vor einer schweren Erkrankung sehr wohl schützt. Eine J & J-Sprecherin sagt, dass kein Corona-Impfstoff derzeit Infektionen zu 100 Prozent verhindern könne. „Unser zugelassener COVID-19-Impfstoff als Einmaldosis kann jedoch nachweislich dazu beitragen, das Infektionsrisiko zu verringern und schwere Verläufe zu vermeiden", betont sie. Für die Einmal-Dosis-Impfung wiesen Daten auf eine robuste und langanhaltende Wirkung über einen Zeitraum von bisher gemessenen acht Monaten hin – auch gegen Delta und andere Virus-Varianten.

Eine Sprecherin der EMA betont ebenfalls, dass generell alle in der EU zugelassenen Impfstoffe ein hohes Maß an Schutz gegen das Virus böten. Das Johnson & Johnson-Vakzin habe in klinischen Studien einen hervorragenden Schutz vor schweren Erkrankungen gegen die Beta-Variante gezeigt, obwohl der Schutz vor leichten Erkrankungen geringer sei. Um ein endgültiges Urteil über die Wirksamkeit des Impfstoffs auch gegen die Delta-Variante zu fällen, seien die Zahlen der jüngsten Studien aber noch zu gering, wendet sie ein.

In Frankreich empfiehlt die Gesundheitsbehörde mittlerweile nach einer Impfung mit Johnson & Johnson eine Auffrischungs-Impfung mit einem mRNA-Impfstoff. Die vorhandenen Daten könnten die langfristige Wirkung der Einmalimpfung gegen Delta nicht bestätigen.

GMK empfiehlt Auffrischimpfung nach Impfung mit Vektorimpfstoff

Auch die Gesundheitsministerkonferenz hierzulande hat bereits Anfang August empfohlen, dass alle bereits vollständig mit einem Vektor-Impfstoff ( J & J, AstraZeneca) geimpften Menschen nach sechs Monaten eine Auffrischimpfung mit einem mRNA-Impfstoff erhalten sollen. „Immunologisch macht das absolut Sinn, da wir bereits wissen, dass so eine Kreuzimpfung wunderbar funktioniert und einen sehr guten Schutz gibt“, sagt dazu Watzl. Offiziell angeboten werden diese Auffrischungs-Impfungen aber noch nicht.

Vonseiten der EMA-Sprecherin heißt es dazu: Vor Empfehlung einer Kreuzimpfung bei dem Vakzin müssten noch entsprechende Daten ausgewertet werden. Man erwarte aber, dass sich ein solches als heterolog bezeichnetes Impfschema auch beim Johnson & Johnson-Impfstoff als geeignet entpuppen werde.



dpa-AFX / ks
redaktion@daz.online


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