Anträge zu Plattformen und dem Weg des E-Rezepts

Der klare Blick auf die Regelungslücke

Düsseldorf - 23.09.2021, 15:15 Uhr

Dr. Armin Hoffmann, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein. (c / Foto: Schelbert)

Dr. Armin Hoffmann, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein. (c / Foto: Schelbert)


Wie gelangt das E-Rezept beziehungsweise der ausgedruckte Token in die Apotheke? Reichen die bestehenden Regularien, um einen Missbrauch zum Nachteil der Apotheken vor Ort zu verhindern? Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker stimmte am gestrigen Mittwoch mehreren Anträgen zu, mit denen der Gesetz- und Verordnungsgeber zu Klarstellungen Nachschärfungen aufgefordert wird.

Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) begrüßt, dass der Gesetzgeber im vergangenen Jahr das Absprache- und Zuweisungsverbot in § 11 Abs. 1 Apothekengesetz (ApoG) auf E-Rezepte und EU-Versender erstreckt hat; ebenso dass das Makelverbot in § 11 Abs. 1a ApoG verankert und in diesem Jahr auf den E-Rezept-Token erweitert wurde. Dennoch gebe es „kleine Nuancen“, die noch zu regeln seien, erklärte AKNR-Präsident Dr. Armin Hoffmann anlässlich der Beratung von vier Anträgen seiner Kammer am gestrigen Mittwoch beim Deutschen Apothekertag. Sie alle rankten um mögliche Regelungslücken rund um den Weg des E-Rezepts in die Apotheke – und sie alle wurden von der Hauptversammlung mit deutlichen Mehrheiten angenommen. 

In einem der Anträge geht es darum, die Bundesregierung aufzufordern, „sich klar zum Verbraucherschutz und damit auch zur Trennung von Verschreibung und Abgabe von Arzneimitteln zu bekennen und die bereits bestehenden Regelungen – etwa in § 11 Apothekengesetz (ApoG) – entsprechend nachzuschärfen“.

Dabei hat die AKNR zum einen Plattformen oder Kooperationen im Blick, bei denen sich Verordnungs- und Distributionshoheiten vermischen – beispielsweise die Liaison der Shop Apotheke mit Zava. Wie passt es mit dem Zuweisungsverbot zusammen, wenn direkt auf der Webseite des Arzneimittelanbieters auf ein telemedizinisches Angebot verwiesen wird? Zum anderen über Plattformmodelle, über die E-Rezepte gesammelt werden und für die Apotheken, die teilhaben wollen, zahlen müssen. Ist diese Gebühr als „Vorteil“ zu verstehen, den der „Rezeptsammler“ annimmt? Die Kammer Nordrhein lotet beide Fälle gerade auch juristisch aus.

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Ein weiterer Antrag betrifft den frühen Zugriff von Drittanbietern auf Verordnungsdaten, die ja zunächst nur über die E-Rezept-App der Gematik übermittelt werden sollen. Doch das Sozialgesetzbuch V ermächtigt das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hier eine Verordnung zu erlassen, die Schnittstellen und Nutzung der Dienste durch Drittanbieter regelt. Vorgelegt hat das BMG bislang noch nichts – doch die Sorge der Apothekerinnen und Apotheker bleibt, dass über Drittanbieter-Apps versucht wird, Verordnungen in bestimmte Kanäle zu lenken. Mit dem angenommenen Antrag fordert die Hauptversammlung daher  den Verordnungsgeber auf, „die rechtliche Stellung sogenannter Drittanbieter-Apps und Plattformen im Rahmen der angekündigten Rechtsverordnung so nachzuschärfen, dass die bestehenden Wettbewerbsvorteile für ausländische Versandapotheken zugunsten eines fairen Wettbewerbs ausgeglichen werden“.

Ganz ohne Gegenstimme wurde zudem ein Antrag angenommen, der den Gesetz- beziehungsweise Verordnungsgeber auffordert, zu regeln, dass die Nutzung der Verordnungsdaten durch Drittanbieter vor Erbringung der Leistung in der Apotheke unzulässig ist.

Missbrauch des ausgedruckten Token verhindern

Etwas kontroverser diskutiert wurde ein Antrag, in dem es um den ausgedruckten Token für das E-Rezept geht. Denn klar ist: Anfang 2022, wenn das E-Rezept für apothekenpflichtige Arzneimittel zur Pflicht wird, werden nur die allerwenigsten Versicherten die Gematik-App richtig nutzen können. Denn sie brauchen auch ein NFC-fähiges Handy und eine ebensolche Gesundheitskarte – so nicht vorher noch leichtere Wege zum E-Rezept gefunden werden. Der Regelfall wird jedenfalls anfänglich sein, dass Patienten in der Arztpraxis ausgedruckte Token erhalten, einen QR-Code, der als Schlüssel zum Zugriff aufs E-Rezept fungiert. Bekanntlich besteht die Sorge, dass sich interessierte Versender diesen gern einfach als Foto schicken lassen würden. Der Antrag aus Nordrhein lautete daher: Der Gesetzgeber wird aufgefordert, „in der Verordnung zum elektronischen Rezept (E-Rezept) auch die Situation der (vorübergehend überwiegenden) Nutzung von Papierausdrucken des Tokens ausdrücklich so zu regeln, dass es weder zu Missbrauch noch zu Wettbewerbsnachteilen für die Vor-Ort-Apotheken kommt“.

Einige Delegierte machten deutlich, dass dies wohl eine eher theoretische Forderung sei. Was Patienten in der Praxis mit dem QR Code machten, sei schlicht nicht zu kontrollieren. Kammerpräsident Hoffmann will dies nicht abstreiten, betonte aber, dass es bei dem Antrag nicht darum gehe, Patienten Vorschriften zu machen. Es müsse aber klar sein, dass Drittanbieter solche Fotografien nicht einfordern dürften. Am Ende stimmte eine sehr deutliche Mehrheit für den Antrag.

Mit dem Thema „Verordnung und Distribution von Arzneimitteln im digitalen Raum“ befasst sich zudem ein Antrag der Landesapothekerkammer Hessen, den die Hauptversammlung ebenfalls annahm. Mit ihm fordert die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker den Gesetzgeber/Verordnungsgeber auf, „die automatisierte und verknüpfte Verordnung und Distribution von Arzneimitteln im digitalen Raum zu regeln, um Missbrauch, unnötigen Fehlgebrauch sowie Schaden für die Patientinnen und Patienten zu verhindern“. Hintergrund des Antrags sind im EU-Ausland ansässige Arzt-Apotheken-Plattformen, über die nach Ausfüllen eines Fragebogens ohne persönlichen virtuellen Arztkontakt Rezepte geordert und direkt an eine Versandapotheke weitergeleitet werden können.

Wie Hoffmann die Ergebnisse der Antragsberatung bewertet, sehen und hören Sie im folgenden Videostatement des Kammerpräsidenten:



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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